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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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aus: das Proletariat fühlt sich nicht nur als besondere Klasse, sondern auch als Führer des Volkes.
    Die allrussische Konferenz der Fabrikkomitees, in der zweiten Oktoberhälfte, bringt die Frage der Arbeiterkontrolle auf die Höhe einer allnationalen Aufgabe. "Die Arbeiter sind an der geordneten und ununterbrochenen Arbeit der Unternehmen interessierter als die Besitzer." Die Arbeiterkontrolle "liegt im Interesse des gesamten Landes und muß unterstützt werden von der revolutionären Bauernschaft und der revolutionären Armee". Die Resolution, die einer neuen ökonomischen Ordnung die Pforte öffnet, wird angenommen von den Vertretern sämtlicher Industrieunternehmen Rußlands gegen fünf Stimmen bei neun Stimmenthaltungen. Die wenigen, die sich der Abstimmung enthalten, sind jene alten Menschewiki, die ihrer Partei nicht mehr folgen können, aber sich noch nicht entschließen, offen die Hand für die bolschewistische Umwälzung zu erheben. Morgen werden sie es tun.
    Die erst ganz vor kurzem entstandenen demokratischen Munizipalitäten sterben ab, parallel mit den Organen der Regierungsgewalt. Die wichtigsten Aufgaben, wie Versorgung der Städte mit Wasser, Licht, Heizung, Lebensmitteln, fallen immer mehr den Sowjets und anderen Arbeiterorganisationen zu. Das Fabrikkomitee der Beleuchtungszentrale in Petrograd lief in der Stadt und Umgebung umher auf der Suche bald nach Kohle, bald nach Öl für die Turbinen, verschaffte dies wie jenes durch die Komitees anderer Betriebe, im Kampfe gegen Besitzer und Administration.
    Nein, die Macht der Sowjets war keine Schimäre, keine von Parteitheoretikern erklügelte, willkürliche Konstruktion. Sie wuchs unaufhaltsam von unten auf, aus Wirtschaftszerfall, Ohnmacht der Besitzenden, aus den Nöten der Massen; die Sowjets wurden in der Tat zur Macht - für Arbeiter, Soldaten, Bauern blieb kein anderer Weg übrig. Es war nicht mehr an der Zeit, über die Sowjetmacht zu Hügeln und zu streiten: es hieß sie verwirklichen.
    Auf dem ersten Sowjetkongreß, im Juni. war beschlossen worden, Kongresse alle drei Monate zu veranstalten. Das Zentral-Exekutivkomitee rief den zweiten Kongreß nicht nur nicht zur festgelegten Zeit ein, sondern bekundete die Absicht, ihn überhaupt nicht einzuberufen, um nicht einer feindlichen Mehrheit gegenübergestellt zu werden. Die Demokratische Beratung hatte zu ihrer Hauptaufgabe gehabt, die Sowjets zu verdrängen und sie durch Organe der "Demokratie" zu ersetzen. Doch erwies sich das als nicht so einfach. Die Sowjets waren nicht gewillt, den Platz, wem immer, zu räumen.
    Am 21. September, gegen Ende der Demokratischen Beratung, erhob der Petrograder Sowjet die Stimme für schnellste Einberufung eines Sowjetkongresses. In diesem Sinne wurde nach den Referaten von Trotzki und dem Moskauer Gast Bucharin eine Resolution angenommen, die formell von der Notwendigkeit ausging, sich "auf die neue Welle der Konterrevolution" vorzubereiten. Das Programm der Defensive, das der künftigen Offensive den Weg bahnen sollte, stützte sich auf die Sowjets als die einzigen zu einem Kampfe fähigen Organisationen. Die Resolution forderte, daß die Sowjets ihre Positionen in den Massen festigen sollten. Wo die faktische Macht in ihren Händen sei, dürften sie sie keinesfalls entgleiten lassen. Die in den Kornilowtagen geschaffenen revolutionären Komitees müßten in Bereitschaft bleiben. "Für Zusammenschluß und einmütiges Vorgehen sämtlicher Sowjets in ihrem Kampfe gegen die heranrückende Gefahr und für die Entscheidung der Fragen über Organisierung der revolutionären Macht ist die unverzügliche Einberufung des Sowjetkongresses notwendig." So mündet die Verteidigungsresolution in den Sturz der Regierung. Nach dieser politischen Stimmgabel wird von nun an die Agitation bis zum Moment des Aufstandes verlaufen.
    Die zur Beratung zusammengekommenen Sowjetdelegierten stellten am nächsten Tage die Kongreßfrage vor dem Zentral-Exekutivkomitee. Die Bolschewiki forderten Einberufung des Kongresses in zweiwöchiger Frist und beantragten oder richtiger drohten zu diesem Zwecke ein auf den Petrograder und den Moskauer Sowjet sich stützendes Sonderorgan zu schaffen. In Wirklichkeit zogen sie vor, den Kongreß durch das alte Zentral-Exekutivkomitee einberufen zu lassen: das beseitigte von vornherein den Streit über die Rechtsgültigkeit des Kongresses und gestattete, die Versöhnler mit ihrer eigenen Hilfe zu stürzen. Die halbverschleierte Drohung der Bolschewiki

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