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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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verfehlte ihre Wirkung nicht: da sie es noch nicht wagten, mit der Sowjetlegalität zu brechen, erklärten die Führer des ZentralExekutivkomitees, sie würden niemand die Ausübung ihrer Pflichten anvertrauen. Der Kongreß wurde für den 20. Oktober, in weniger als einem Monat, angesetzt. Kaum aber waren die Provinzdelegierten auseinandergefahren, als den Führern des Zentral-Exekutivkomitees plötzlich die Augen aufgingen: der Kongreß sei unzeitgemäß, er würde die örtlichen Arbeiter von der Wahlkampagne ablenken und der Konstituierenden Versammlung schaden. Die wirkliche Befürchtung bestand darin, der Kongreß könnte ein kraftvoller Prätendent auf die Macht werden; doch darüber schwieg man diplomatisch. Schon am 26. September stellte Dan, ohne sich um die notwendige Vorbereitung bemüht zu haben, beim Büro des Zentral-Exekutivkomitees einen Antrag auf Verschiebung des Kongresses.
    Mit den elementaren Prinzipien der Demokratie machten diese patentierten Demokraten am allerwenigsten Umstände. Soeben hatten sie den Beschluß der von ihnen einberufenen Demokratischen Beratung umgestoßen, der eine Koalition mit den Kadetten verwarf Jetzt bekundeten sie ihre souveräne Geringschätzung für die Sowjets, beginnend mit dem Petrograder, auf dessen Schultern sie zur Macht emporgestiegen waren. Aber konnten sie denn in der Tat, ohne ihr Bündnis mit der Bourgeoisie zu zerreißen, den Hoffnungen und Forderungen von Dutzend Millionen Arbeiter, Soldaten und Bauern, die hinter den Sowjets standen, Rechnung tragen?
    Trotzki beantwortete den Vorschlag Dans dahingehend, der Kongreß würde in jedem Falle einberufen werden, wenn nicht auf konstitutionellem, so auf revolutionärem Wege. Das im allgemeinen so gefügige Büro lehnte es diesmal ab; dem Weg des sowjetischen Coup d'État zu folgen. Doch die kleine Niederlage veranlaßte die Verschwörer keinesfalls, die Waffen zu strecken, im Gegenteil, stachelte sie gleichsam auf. Dan fand eine einflußreiche Stütze in der Militärischen Sektion des Zentral-Exekutivkomitees, die dahin entschied, die Frontorganisationen zu "befragen", ob der Kongreß einzuberufen, das heißt ob eine vom höchsten Sowjetorgan zweimal getroffene Entscheidung auszuführen sei. In der Zwischenzeit begann die Versöhnlerpresse eine Kampagne gegen den Kongreß. Besonders wüteten die Sozialrevolutionäre. "Ob der Kongreß einberufen wird oder nicht", schrieb Djelo Naroda - "für die Lösung der Machtfrage kann es nicht die geringste Bedeutung haben ... Kerenskis Regierung wird sich jedenfalls nicht unterwerfen." Wem nicht unterwerfen? fragte Lenin. "Der Macht der Sowjets", erläuterte er, "der Macht der Arbeiter und Bauern, welche Djelo Naroda, um nicht hinter den Pogromisten und Antisemiten, Monarchisten und Kadetten zurückzubleiben, die Macht Trotzkis und Lenins nennt."
    Das Bauern-Exekutivkomitee seinerseits erklärte die Einberufung des Kongresses als "gefährlich und unerwünscht". Auf den Sowjetgipfeln entstand bösartiger Wirrwarr. Im Lande herumreisende Delegierte der Versöhnlerparteien mobilisierten die lokalen Organisationen gegen den Kongreß, den offiziell das höchste Sowjetorgan einberief. Der Offizio-sus des Zentral-Exekutivkomitees druckte tagein tagaus von der führenden Versöhnlerclique bestellte Resolutionen gagen den Kongreß, durchweg ausgehend von den März-Gespenstern, die allerdings imposante Benennungen hatten. Die Iswestja, trugen die Sowjets in Leitartikeln zu Grabe, erklärten sie für provisorische Baracken, die abgetragen werden müßten, sobald die Konstituierende Versammlung "das Gebäude des neuen Regimes" krönen würde.
    Die Agitation gegen den Kongreß vermochte am allerwenigsten die Bolschewiki zu überraschen. Schon am 24. September hatte das Zentralkomitee der Partei, ohne auf die Entscheidung des Zentral-Exekutivkomitees zu bauen, beschlossen, für den Kongreß eine Kampagne von unten, durch Lokalsowjets und Frontorganisationen einzuleiten. In die offizielle Kommission des Zentral-Exekutivkomitees zur Einberufung oder richtiger zur Sabotage des Kongresses ward von den Bolschewiki Swerdlow delegiert. Unter seiner Leitung wurden die örtlichen Parteiorganisationen und durch diese auch die Sowjets mobilisiert. Am 27. verlangten sämtliche revolutionäre Institutionen Revals die sofortige Auflösung des Vorparlaments und die Einberufung des Sowjetkongresses zwecks Schaffung einer Regierungsmacht, wobei sie sich feierlich verpflichteten, ihn "mit allen in der

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