Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution
Aufstandes ablehnte. Im Zentralkomitee selbst fand Lenins Plan absolut keine Unterstützung. Vier Jahre später, auf einem den Erinnerungen gewidmeten Abend, erzählte Bucha-rin mit den ihm eigenen Übertreibungen und Anekdötchen, im Grunde aber richtig über diese Episode. "Der Brief (Lenins) war außerordentlich entschieden gehalten und drohte uns mit allerhand Strafen [?]. Wir alle waren paff. Niemand hatte bis dahin die Frage so schroff gestellt ... Alle waren fassungslos. Dann beriet man sich und faßte einen Beschluß. Vielleicht war das der einzige Fall in der Geschichte unserer Partei, wo das Zentralkomitee einstimmig beschloß, Lenins Brief zu verbrennen ... Wir glaubten zwar, daß es uns unbedingt gelingen würde, in Petrograd und Moskau die Macht in unsere Hände zu nehmen, meinten aber, daß wir uns in der Provinz noch nicht würden halten können und nach Übernahme der Macht und Auseinanderjagen der Demokratischen Beratung außerstande wären, im ganzen übrigen Rußland Fuß zu fassen."
Das von Erwägungen der Konspiration hervorgerufene Verbrennen einiger Kopien des gefährlichen Briefes wurde in Wirklichkeit nicht einstimmig beschlossen, sondern mit sechs Stimmen gegen vier bei sechs Stimmenthaltungen. Ein Exemplar wurde für die Geschichte zum Glück aufbewahrt. Doch richtig in Bucharins Erzählung ist, daß sämtliche
Mitglieder des Zentralkomitees, wenn auch aus verschiedenen Motiven, Lenins Vorschlag ablehnten: die einen widersetzten sich dem Aufstande überhaupt, andere glaubten, der Augenblick der Beratung sei der ungeeignetste; die dritten schwankten und warteten einfach ab.
Auf offenen Widerstand stoßend, tritt Lenin in eine Art Verschwörung mit Smilga, der sich ebenfalls in Finnland befindet und als Vorsitzender des Distriktkomitees der Sowjets zu jener Zeit beträchtliche reale Macht in seinen Händen konzentriert. Smilga stand 1917 auf dem äußersten linken Flügel der Partei und hatte bereits im Juli dazu geneigt, den Kampf zur Entscheidung zu bringen: bei Wendungen in der Politik fand Lenin stets, auf wen sich zu stützen. Am 27. September schreibt Lenin an Smilga einen umfangreichen Brief: "... Was tun wir? Wir nehmen Resolutionen an? Wir verlieren Zeit, setzen "Termine" fest (am 20. Oktober - Sowjetkongreß - ist es nicht lächerlich, so hinauszuschieben? Ist es nicht lächerlich, sich darauf zu verlassen?). Systematische Arbeit, um ihre militärischen Kräfte für Kerenskis Sturz vorzubereiten, wird von den Bolschewiki nicht getan ... Man muß in der Partei agitieren für ein ernstes Verhalten zum bewaffneten Aufstand ... Weit über Ihre Rolle ... Ein Geheimkomitee aus zuverlässigen Militärpersonen schaffen, mit ihnen allseitig beraten, sammeln (und selbst nachprüfen) genaueste Informationen über Zusammensetzung und Aufstellung der Truppen bei Petrograd und in Petrograd, über den Transport finnländischer Truppen nach Petrograd, über Flottenbewegungen und so weiter." Lenin fordert "systematische Propaganda unter den Kosaken, die sich hier, in Finnland, befinden ... Man muß alle Informationen über die Aufstellung der Kosaken studieren und die Hinsendung von Agitatorentrupps aus den besten Kräften der Matrosen und Soldaten Finnlands organisieren". Schließlich: "Zur richtigen Vorbereitung der Köpfe muß man sofort folgende Losung in Umlauf bringen: "Die Macht muß unverzüglich in die Hände des Petrograder Sowjets übergehen, der sie dem Sowjetkongreß übertragen wird. Denn wozu noch weitere drei Wochen Krieg und kornilowsche Vorbereitungen seitens Kerenskis dulden?""
Wir haben einen neuen Aufstandsplan vor uns: "ein Geheimkomitee aus den wichtigsten Militärpersonen" in Helsingfors als Kampfstab; die in Finnland liegenden russischen Truppen als Kampfmacht: "wohl das einzige, was wir völlig in unseren Händen haben können und was eine ernste militärische Rolle spielen wird, sind die finnländischen Truppen und die Baltische Flotte". Lenin rechnet somit, den Hauptschlag gegen die Regierung außerhalb Petrograds zu führen. Gleichzeitig ist erforderlich "eine richtige Vorbereitung der Köpfe", damit der Sturz der Regierung durch die militärischen Kräfte Finnlands über den Petrograder Sowjet nicht als Überraschung hineinbricht: bis zum Sowjetkongreß wird er der Nachfolger der Regierung sein müssen.
Der neue Entwurf des Planes ist wie der vorangegangene nicht verwirklicht worden. Doch ist er nicht ohne Spur g3-blieben. Die Agitation unter den Kosakendivisionen
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