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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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die Kommandos der Panzerschiffe.
    An der Spitze des Zentrobalts standen Menschen von keinesfalls hamletischer Veranlagung: gemeinsam mit den Mitgliedern der Schiffkomitees nahmen sie ohne Zeitverlust den Beschluß an: das Schwadronen-Torpedoboot "Orpheus", zur Versenkung der Kronstädter bestimmt, eiligst nach Petrograd zu schicken, erstens um darüber Nachrichten zu erhalten, was dort vor sich gehe, zweitens "zur Verhaftung des Gehilfen des Marineministers Dudarew". So verblüffend dieser Beschluß scheinen mag, legt er mit besonderem Nachdruck Zeugnis ab dafür, wie sehr noch die Baltischen g3-neigt waren, die Versöhnler als die internen Gegner zu betrachten, zum Unterschied von irgendeinem Dudarew, den sie für einen gemeinsamen Feind hielten. Orpheus kam in die Newamündung hinein vierundzwanzig Stunden, nachdem hier zehntausend bewaffnete Kronstädter gelandet waren. Aber "das Kräfteverhältnis hatte sich geändert". Einen ganzen Tag lang erlaubte man dem Kommando nicht zu landen. Erst abends wurde eine Delegation von siebenundsechzig Seeleuten des Zentrobalts und des Schiffskommandos zur vereinigten Sitzung der Exekutivkomitees zugelassen, die das erste Fazit aus den Julitagen zu ziehen im Begriffe war. Die Sieger badeten in ihrem frischen Sieg. Der Berichterstatter Wojtinsky schilderte nicht ohne Behagen die Stunden der Schwäche und der Erniedrigung, um den darauffolgenden Triumph noch greller darzustellen. "Der erste Truppenteil, der uns zu Hilfe kam", sagt er, "waren die Panzerautos. Wir waren fest entschlossen, im Falle der Gewalt seitens der bewaffneten Banden Feuer zu eröffnen ... In Anbetracht der ganzen Gefahr, die der Revolution drohte, erließen wir an einige Truppenteile (an der Front) den Befehl, sich zu verladen und hierherzukommen ..." Die Mehrheit der hohen Versammlung atmete Haß gegen die Bolschewiki, besonders gegen die Matrosen. In diese Atmosphäre gerieten die baltischen Delegierten, ausgerüstet mit dem Befehl, Dudarew zu verhaften. Mit wildem Geheul, Faustgehämmer auf die Tische und Fußgetrampel nahmen die Sieger das Verlesen der Resolution der Baltischen Flotte auf. Dudarew verhaften? Aber der heldenmütige Kapitän ersten Ranges hat nur seine heilige Pflicht für die Revolution erfüllt, der sie, die Matrosen, diese Meuterer, diese Konterrevolutionäre, einen Dolchstoß in den Rücken versetzen wollen. Durch einen besonderen Beschluß solidarisierte sich die vereinigte Sitzung feierlichst mit Dudarew. Die Matrosen blickten auf die Redner und aufeinander mit weit aufgerissenen Augen. Erst jetzt begannen sie zu begreifen, was da vor ihnen geschah. Die gesamte Delegation wurde am nächsten Tage verhaftet und vollendete ihre Politische Erziehung im Gefängnis. Hinterher wurde auch der ihnen nachgeeilte Vorsitzende des Zen-trobalts, Unteroffizier zur See Dybenko, verhaftet und später dann der Admiral Werderewski, den man zwecks Aufklärung in die Hauptstadt befohlen hatte.
    Am Morgen des 6. nehmen die Arbeiter die Arbeit wieder auf. In den Straßen demonstrieren nur die von der Front herbeigeschafften Truppen. Agenten der Konterspionage kontrollieren die Pässe und nehmen nach rechts und links Verhaftungen vor. Der junge Arbeiter Woinow, der das an Stelle der am Vorabend demolierten bolschewistischen Zeitung erschienene Blatt Listok Prawdy verbreitet, wird auf der Straße von einer Bande ermordet, vielleicht von den gleichen Agenten der Konterspionage. Die Schwarzhundert-Elemente gewinnen Geschmack an der Niederschlagung des Aufstandes. Plünderungen, Gewaltakte und hie und da auch Schießereien dauern in verschiedenen Stadtteilen an. Während des Tages kommen Staffel auf Staffel an, das Donkosakenregiment, eine Kavalleriedivision, eine Ulanendivision, das Isborsker-, Malorossijsker-, das Dragonerregiment und andere. "Die in großer Zahl eingetroffenen Kosakentruppenteile", schreibt Gorkis Zeitung, "sind in sehr aggressiver Verfassung". Das soeben angekommene Isborsker Regiment wird an zwei Stellen der Stadt mit Maschinengewehren beschossen. In beiden Fällen werden die Standorte der Maschinengewehre auf einem Dach festgestellt, die Täter nicht ermittelt. Man beschoß die angekommenen Truppenteile auch in anderen Gegenden. Der berechnete Wahnwitz dieser Schießerei erregte die Arbeiter tief. Es war klar, daß erfahrene Provokateure die Soldaten mit Blei empfingen, zwecks antibolschewistischer Impfung. Die Arbeiter boten alles auf, dies den ankommenden Soldaten zu erklären, doch man

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