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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Aktion zu treffen. Zusammen mit dem Menschewik Bogdanow überredeten sie ohne besondere Mühe die Matrosen, das gestrige Ultimatum Libers anzunehmen. Als die Panzerwagen der Regierung vor der Festung erschienen, trat eine Deputation aus dem Tor mit der Erklärung, die Garnison unterwerfe sich dem Exekutivkomitee. Die von den Matrosen und Soldaten abgelieferten Waffen wurden auf Lastautos weggeschafft. Die waffenlosen Matrosen wurden zur Rückbeförderung nach Kronstadt auf Schlepper gebracht. Die Übergabe der Festung darf man als Schlußperiode der Julibewegung betrachten. Von der Front angekommene Radfahrer bezogen die von den Bolschewiki verlassene Villa Kschessinskaja und die Peter-Paul-Festung, um am Vorabend der Oktoberrevolution ihrerseits auf die Seite der Bolschewiki überzugehen.

Kapitel 3: Konnten die Bolschewiki im Juli die Macht ergreifen?
    Die von Regierung und Exekutivkomitee verbotene Demonstration trug grandiosen Charakter; am zweiten Tage nahmen an ihr nicht weniger als fünfhunderttausend Menschen teil. Suchanow, der nicht genug starke Worte zur Verurteilung "des Blutes und Schmutzes" der Julitage findet, schreibt immerhin: "Unabhängig von den politischen Folgen konnte man nicht anders als mit Entzücken diese erstaunliche Bewegung der Volksmassen betrachten. Hielt man sie auch für verhängnisvoll, mußte man doch ihren gigantischen, elementaren Schwung bewundern." Nach den Feststellungen der Untersuchungskommission hat es insgesamt 29 Tote und 114 Verwundete gegeben, die Opfer waren auf beiden Seiten etwa gleich groß.
    Daß die Bewegung von unten begann, unabhängig von den Bolschewiki, in gewissem Grade gegen sie, wurde in den ersten Stunden auch von den Versöhnlern eingestanden. Aber schon in der Nacht zum 3. Juli, hauptsächlich jedoch am folgenden Tag, ändert sich die offizielle Beurteilung, Die Bewegung wird als Aufstand erklärt, die Bolschewiki als seine Organisatoren. "Unter der Parole "Alle Macht den Sowjets"", schrieb der später Kerenski nahestehende Stankewitsch, "entwickelte sich in aller Form ein Aufstand der Bolschewiki gegen die damalige Sowjetmehrheit, die aus Parteien der Landesverteidigung bestand." Die Beschuldigung, einen Aufstand angestiftet zu haben, war nicht nur ein Kniff des politischen Kampfes: diese Menschen hatten während des Juni sich allzu gut von der Macht des Einflusses der Bolschewi-ki auf die Massen überzeugen können und weigerten sich jetzt einfach, zu glauben, die Bewegung der Arbeiter und Soldaten könnte über die Köpfe der Bolschewiki hinweggegangen sein. Trotzki versuchte im Exekutivkomitee auseinanderzusetzen: "Man beschuldigt uns, daß wir die Stimmung der Massen erzeugen; das ist eine Unwahrheit, wir versuchen nur, sie zu formulieren." In den nach der Oktoberumwälzung erschienenen Büchern der Gegner, insbesondere bei Suchanow, kann man die Behauptung finden, die Bolschewiki hätten angeblich nur infolge der Niederlage des Juliaufstandes ihr wahres Ziel verheimlicht und sich hinter dem Elementaren der Massenbewegung versteckt. Aber kann man einem Schatz gleich den Plan eines bewaffneten Aufstandes verbergen, der in seinen Wirbel hunderttausende Menschen hineinzieht? Waren denn die Bolschewiki vor dem Oktober nicht gezwungen, ganz offen zum Aufstand aufzurufen und sich vor aller Augen auf ihn vorzubereiten? Wenn niemand im Juli diesen Plan entdeckt hat, so deshalb, weil es ihn nicht gab. Der Einzug von Maschinengewehrschützen und Kronstädtern in die Peter-Paul-Festung mit Zustimmung ihrer ständigen Garnison auf diese Besetzung pochten die Versöhnler ganz besonders! - war keinesfalls ein Akt des bewaffneten Aufstandes. Das auf der kleinen Insel liegende Gebäude - eher Gefängnis als militärischer Stützpunkt -konnte noch allenfalls den Zurückweichenden als Zufluchtsort dienen, bot aber nichts den Angreifern. Zum Taurischen Palais marschierend, gingen die Demonstranten gleichgültig an den wichtigsten Regierungsgebäuden vorbei, für deren Besetzung eine Putilowabteilung der Roten Garde genügt haben würde. Die Peter-Paul-Festung besetzten sie ebenso, wie sie Straßen, Posten und Plätze besetzten. Einen Grund mehr dafür bildete die Nachbarschaft der Villa Kschessinskaja, der man, im Falle der Gefahr, von der Festung aus zu Hilfe kommen konnte.
    Die Bolschewiki taten alles, um die Julibewegung in eine Demonstration auslaufen zu lassen. Aber ging sie nicht trotzdem, kraft der Logik der Dinge, über diese Grenze hinaus? Auf diese

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