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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Politik vor der Umwälzung nur mit seinen persönlichen Eigenschaften erklären zu wollen, heißt an der Oberfläche gleiten. Kerenski stand nicht allein. In der Regierung saßen Menschen wie Paltschinski, denen es an Energie nicht mangelte. Die Führer des Exekutivkomitees wußten sehr wohl, daß der Sieg der Bolschewiki ihren politischen Tod bedeuten würde. Doch waren sie alle, einzeln und zusammen, paralysiert, verharrten, wie Kerenski, in irgendeinem schweren Halbschlaf, wo der Mensch, trotz der über seinem Haupte sich zusammenziehenden Gefahr, ohnmächtig ist, die Hand zur eigenen Rettung zu rühren.
    Die Verbrüderung der Arbeiter mit den Soldaten im Oktober erwuchs nicht, wie im Februar, aus einem offenen Straßenzusammenstoß, sondern ging dem Aufstande voraus. Wenn die Bolschewiki diesmal zum Generalstreik nicht aufriefen, so nicht deshalb, weil ihnen die Möglichkeit dazu fehlte, sondern weil sie keine Notwendigkeit dafür sahen. Das
    Militärische Revolutionskomitee fühlte sich bereits vor der Umwälzung als Herr der Lage: es kannte jeden Truppenteil in der Garnison, dessen Stimmung, innere Gruppierung; es erhielt täglich Informationen, keine aufgemachten, sondern solche, die aussprachen, was ist; es konnte zu jeder Zeit in jedes Regiment einen bevollmächtigten Kommissar, einen Radler mit einem Befehl schicken, konnte sich telephonisch mit dem Komitee eines Truppenteils verbinden oder der wachhabenden Kompanie eine Order erteilen. Das Militärische Revolutionskomitee nahm den Truppen gegenüber die Stellung eines Regierungsstabes, nicht aber eines Verschwörerstabes ein.
    Gewiß, die Kommandohöhen des Staates blieben noch in Händen der Regierung. Doch die materielle Basis war ihnen entrissen. Ministerien und Stäbe thronten über einer Leere. Telephon und Telegraph waren, wie die Staatsbank, noch im Dienste der Regierung. Doch die militärische Macht, um diese Institutionen in der Hand zu behalten, besaß die Regierung bereits nicht mehr. Winterpalais und Smolny hatten gleichsam die Plätze gewechselt. Das Militärische Revolutionskomitee brachte die gespenstische Regierung in eine Lage, in der sie, ohne die Garnison niedergerungen zu haben, nichts unternehmen konnte. Und jeder Versuch Kerenskis, einen Schlag zu führen gegen die Garnison, beschleunigte nur die Lösung.
    Doch die Aufgabe der Umwälzung war noch immer ungelöst. Feder und Gesamtmechanismus der Uhr lagen in der Hand des Militärischen Revolutionskomitees. Diesem aber fehlten Zifferblatt und Zeiger. Und ohne diese Details kann eine Uhr ihre Bestimmung nicht erfüllen. Ohne Telegraph, Telephon, Bank und ohne Stab konnte das Militärische Revolutionskomitee nicht regieren. Es verfügte fast über sämtliche realen Voraussetzungen und Elemente der Macht, aber nicht über die Macht selbst.
    Im Februar dachten die Arbeiter nicht an die Besetzung der Bank und des Winterpalais, sondern daran, wie der Widerstand der Armee zu brechen wäre. Sie kämpften nicht um einzelne Kommandohöhen, sondern um die Seele des Soldaten. Als auf diesem Felde der Sieg errungen war, lösten sich alle übrigen Aufgaben von selbst: nachdem sie ihre Gardebataillone abgegeben hatte, versuchte die Monarchie nicht weiter, ihre Schlösser und ihre Stäbe zu verteidigen.
    Im Oktober klammerte sich Kerenskis Regierung, als sie die Seele des Soldaten unwiderruflich verloren hatte, noch an die Kommandohöhen. In ihren Händen bildeten Stäbe, Banken, Telephone nur die Fassade der Macht. In die Hände der Sowjets gelegt, mußten sie den Besitz der vollen Macht garantieren. Das war die Lage am Vorabend des Aufstandes: sie bestimmte auch das Handeln in den letzten vierundzwanzig Stunden.
    Demonstrationen, Straßenkämpfe, Barrikaden, alles, was in den gewohnten Begriff des Aufstandes fällt, gab es fast nicht: die Revolution hatte nicht nötig, die bereits gelöste Aufgabe zu lösen. Die Eroberung des Regierungsapparates ließ sich planmäßig durchführen, mit Hilfe verhältnismäßig weniger, von einem Zentrum aus geleiteter bewaffneter Abteilungen. Kasernen, Festung, Lager, alle jene Einrichtungen, in denen Arbeiter und Soldaten ihre Tätigkeit ausübten, konnte man mit deren eigenen inneren Kräften erobern. Aber weder Winterpalais, noch Vorparlament, Kreisstab, Ministerien, Junkerschulen waren von innen her zu nehmen. Das galt auch für Telephon, Telegraph, Post, Staatsbank die Angestellten dieser Anstalten, von kleinem Gewicht in der Gesamtkombination der Kräfte,

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