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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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1 zu Band 2:
    Legenden der Bürokratie
    Die in diesem Buch entwickelte Konzeption der Oktoberumwälzung hat der Autor wiederholt, allerdings nur in allgemeinen Zügen, bereits in den ersten Jahren des Sowjetregimes dargestellt. Um seinen Gedanken greller zu beleuchten, gab er ihm mitunter quantitativen Ausdruck: die Aufgabe der Umwälzung, schrieb er, "war zu drei Viertel, wenn nicht zu neun Zehntel" bereits vor dem 25. Oktober gelöst durch die Methode des "stillen" oder "trockenen" Aufstandes. Verleiht man Zahlen keine größere Bedeutung als jene, auf die sie in diesem Falle Anspruch erheben dürfen, bleibt der Gedanke an sich unbestreitbar. Seit der Zeit jedoch, wo die Umwertung der Werte begann, wurde unsere Konzeption auch in diesem ihrem Teil einer erbitterten Kritik ausgesetzt.
    "... War am 9. Oktober der "siegreiche" Aufstand zu neun Zehntel bereits vollzogene Tatsache", schrieb Kamenjew, "wie soll man dann die geistigen Fähigkeiten jener einschätzen, die im Zentralkomitee der Bolschewiki saßen und am 10. Oktober leidenschaftlich darüber stritten, ob man den Aufstand beginnen und wann man ihn beginnen solle? Was kann man von Menschen sagen, die sich am 16. Oktober versammelten ... und wieder und wieder die Chancen des Aufstandes berieten? ... Es stellt sich ja heraus, er war bereits am 9. "still" und "legal" durchgeführt, und zwar so still, daß weder die Partei noch das Zentralkomitee es erfahren hatten." Dieses äußerlich so effektvolle Argument, das von der Literatur des Epigonentums kanonisiert wurde und seinen Autor politisch überlebt hat, ist in Wahrheit eine bestechende Anhäufung von Irrtümern.
    Am 9. Oktober konnte der Aufstand noch keinesfalls "zu neun Zehntel vollzogene Tatsache gewesen sein, denn erst an diesem Tage wurde die Frage der Versetzung der Garnison im Sowjet gestellt, und man konnte nicht wissen, welche Entwicklung sie in der Folge nehmen würde. Gerade deshalb hatte Trotzki am nächsten Tage, dem 10., als er die Wichtigkeit der Frage der Truppenversetzung betonte, noch keine genügenden Gründe für die Forderung, den Konflikt der Garnison mit dem Kommando zur Grundlage des gesamten Planes zu machen. Erst nach zwei Wochen hartnäckiger täglicher Arbeit war die Hauptaufgabe des Aufstandes - die feste Gewinnung der Regierungstruppen für die Sache des Volkes - "zu drei Viertel, wenn nicht zu neun Zehntel" gelöst. Dies war noch nicht der Fall am 10., auch nicht am 16. Oktober, als das Zentralkomitee zum zweiten Male die Frage des Aufstandes beriet und Krylenko bereits mit voller Bestimmtheit die Frage der Garnison in den Mittelpunkt stellte.
    Aber selbst wenn die Umwälzung schon am 9. zu neun Zehntel gesiegt hätte, wie Kamenjew unseren Gedanken irrtümlich wiedergibt, dies mit Sicherheit festzustellen, wäre nicht durch Vermutungen möglich gewesen, sondern einzig durch die Tat, das heißt durch den Aufstand: die "geistigen Fähigkeiten" der Zentralkomiteemitglieder sind auch in diesem rein hypothetischen Falle durch die Teilnahme an den leidenschaftlichen Debatten vom 10. und 16. Oktober nicht im mindesten kompromittiert. Aber auch wenn die Mitglieder des Zentralkomitees schon am 10. durch apriorische Einschätzungen vermocht hätten, unerschütterlich festzustellen, der Sieg sei tatsächlich zu neun Zehntel errungen, wäre noch nötig geblieben, das letzte Zehntel zu vollbringen; und dies hätte die gleiche Aufmerksamkeit erfordert, als wenn es sich um alle zehn Zehntel handelte. Wieviel solcher "fast" gewonnenen Schlachten und Aufstände zeigt die Geschichte, die Niederlagen brachten nur deshalb, weil sie nicht rechtzeitig bis zur völligen Zerschmetterung des Gegners durchgeführt wurden! Schließlich - Kamenjew gelingt es, auch dies zu vergessen - war der Wirkungskreis des Militärischen Revolutionskomitees auf Petrograd beschränkt. So groß auch die Bedeutung der Hauptstadt ist, es exekutiert außer ihr immerhin noch das Land. Und unter diesem Gesichtspunkte hatte das Zentralkomitee Grund genug, die Chancen des Aufstandes sorgfältigst zu erwägen, nicht nur am 10. und 16., sondern auch noch am 26., das heißt nach dem Siege in Petrograd.
    In der untersuchten Abhandlung nimmt Kamenjew Lenin in Schutz - alle Epigonen verteidigen sich unter diesem wirkungsvollen Pseudonym -: wie hätte denn Lenin so leidenschaftlich für den Aufstand kämpfen können, wenn dieser bereits zu neun Zehntel vollzogen gewesen wäre! Doch schrieb Lenin selbst Anfang Oktober: "Es ist sehr

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