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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Massen eine andere Verwendung zu finden, als die liberale Bourgeoisie ans Steuer zu berufen, welche ihrerseits nichts anderes vermochte, als die ihr von den Versöhnlern unterschobene Macht in den Dienst der Entente-Interessen zu stellen.
    In den Apriltagen treten empörte Regimenter und Betriebe - wiederum ohne Aufforderung seitens irgendeiner Partei -auf die Straßen Petrograds, um der imperialistischen Politik einer ihnen von den Versöhnlern aufgezwungenen Regierung Widerstand zu leisten. Die bewaffnete Demonstration erringt den Schein eines Erfolges. Miljukow, das Haupt des russischen Imperialismus, wird von der Macht entfernt. Die Versöhnler treten in die Regierung ein, nach außen hin als Bevollmächtigte des Volkes, in Wirklichkeit als Kommis der Bourgeoisie.
    Ohne auch nur eine einzige der Aufgaben, die die Revolution erzeugt hatten, zu lösen, bricht im Juni die Koalitionsregierung den faktisch entstandenen Waffenstillstand an der Front, indem sie die Truppen in eine Offensive wirft. Mit diesem Akt fügt sich das Februarregime, das ohnehin gekennzeichnet ist durch schwindendes Vertrauen der Massen zu den Versöhnlern, einen fatalen Schlag zu. Es beginnt die Periode der unmittelbaren Vorbereitung der zweiten Revolution.
    Anfang Juli verfolgte die Regierung, die hinter sich alle besitzenden und gebildeten Klassen hatte, jegliche revolutionäre Äußerung als Vaterlandsverrat und Hilfe für den Feind. Die offiziellen Massenorganisationen - Sowjets und sozialpatriotische Parteien - kämpften mit den letzten Kräften gegen jede revolutionäre Aktion. Die Bolschewiki hielten aus taktischen Erwägungen die Arbeiter und Soldaten davor zurück, auf die Straße zugehen. Dennoch traten die Massen hervor. Die Bewegung erwies sich als unaufhaltsam und allgemein. Die Regierung war nicht zu sehen. Die Versöhnler hielten sich versteckt. Die Arbeiter und Soldaten waren in der Hauptstadt die Herren der Lage. Der Vorstoß zerschellte jedoch an der unzureichenden Vorbereitung der Provinz und der Front.
    Ende August waren sämtliche Organe und Institutionen der besitzenden Klassen für eine konterrevolutionäre Umwälzung: Ententediplomatie, Banken, Verbände der Gutsbesitzer und industriellen, Kadettenpartei, Stäbe, Offizierkorps, große Presse. Als Organisator der Umwälzung trat kein Geringerer hervor als der Höchstkommandierende, gestützt auf den Kommandoapparat der Vielmillionenarmee. Besondere, an allen Fronten ausgewählte Truppenteile wurden nach einer Geheimverständigung mit dem Regierungsoberhaupt unter dem Schein strategischer Notwendigkeiten auf Petrograd geworfen.
    In der Hauptstadt schien alles für den Erfolg des Unternehmens vorbereitet: die Arbeiter von den Behörden unter Mitwirkung der Versöhnler entwaffnet; die Bolschewiki unter dauernden Schlägen gehalten; die revolutionärsten Truppenteile aus der Stadt entfernt; Hunderte ausgesuchter Offiziere zu einer Stoßfaust konzentriert; zusammen mit den Junkerschulen und Kosakenabteilungen sollten sie eine imposante Macht darstellen. Und was geschah? Die Verschwörung, die, wie es schien, die Götter selbst begünstigten, zerfiel, kaum auf das revolutionäre Volk gestoßen, sofort zu Staub.
    Diese beiden Bewegungen, vom Anfang Juli und Ende August, verhielten sich zueinander wie ein. direktes und ein umgekehrtes Theorem. Die Julitage zeigten die Macht der spontanen Massenbewegung. Die Augusttage enthüllten die völlige Ohnmacht der Regierenden. Dieses Verhältnis kündete die Unvermeidlichkeit eines neuen Zusammenstoßes. Provinz und Front schlossen sich unterdessen enger der Hauptstadt an. Dies war vorbestimmend für den Oktobersieg.
    "Die Leichtigkeit, mit der es Lenin und Trotzki gelang, die letzte Koalitionsregierung Kerenskis zu stürzen", schrieb der Kadett Nabokow, "enthüllte die innere Ohnmacht dieser Regierung. Der Grad dieser Ohnmacht verblüffte damals sogar gut informierte Menschen." Nabokow kommt offenbar gar nicht darauf, daß es um seine eigene Ohnmacht ging, um die Ohnmacht seiner Klasse, seiner Gesellschaftsordnung.
    Wie von der bewaffneten Julidemonstration die Kurve zum Oktoberaufstand führt, so läßt sich in der Kornilow-Bewegung eine Probe des in den letzten Oktobertagen von Kerenski unternommenen konterrevolutionären Feldzuges erkennen. Die einzige militärische Kraft, die der unter Deckung eines amerikanischen Fähnchens flüchtige demokratische Höchstkommandierende an der Front gegen die Bolschewiki fand, war das gleiche 3.

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