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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Arbeiter und Soldaten um die Bolschewiki zusammenschlossen, um so entschiedener mußten die Versöhnler die Bourgeoisie unterstützen. Im April hatten die Führer des Exekutivkomitees, um ihren Einfluß besorgt, den Massen noch einen Schritt entgegenkommen und Miljukow, allerdings mit einem soliden Rettungsgürtel versehen, über Bord werfen können. Im Juli schlugen die Versöhnler gemeinsam mit Bourgeoisie und Offizierskorps auf die Bolschewiki ein. Die Veränderung im Kräfteverhältnis war folglich auch diesmal hervorgerufen worden durch die Schwenkung der politisch am wenigsten widerstandsfähigen Kraft, der kleinbürgerlichen Demokratie, durch deren schroffe Wendung in die Richtung zur bürgerlichen Konterrevolution.
    Doch wenn dem so ist, handelten dann die Bolschewiki richtig, als sie sich der Demonstration anschlossen und die Verantwortung für sie übernahmen? Am 3. Juli hatte Tomski Lenins Gedanken kommentiert: "Jetzt von bewaffneter Demonstration zu sprechen, ohne eine neue Revolution zu wollen, ist unzulässig." Wie konnte dann die Partei schon wenige Stunden später sich an die Spitze der bewaffneten Demonstration stellen, wobei sie keineswegs zu einer neuen Revolution aufrief? Der Doktrinär wird darin Inkonsequenz, oder noch schlimmer, politischen Leichtsinn erblicken. So betrachtete die Sache zum Beispiel Suchanow, dessen Aufzeichnungen nicht wenige ironische Zeilen über die Schwankungen der bolschewistischen Leitung enthalten. Doch die Massen greifen in die Ereignisse nicht nach doktrinärer Vorschrift ein, sondern dann, wenn es sich aus ihrer eigenen politischen Entwicklung ergibt. Die bolschewistische Leitung hatte klar erkannt, daß die politische Situation zu ändern nur eine neue Revolution vermochte. Die Arbeiter und Soldaten jedoch hatten das noch nicht erkannt. Die bolschewistische Leitung sah klar, daß man den schweren Reserven Zeit lassen müsse, ihre Schlußfolgerungen aus dem Abenteuer der Offensive zu ziehen. Doch die fortgeschrittenen Schichten drängten auf die Straße gerade unter dem Einfluß dieses Abenteuers. Tiefster Radikalismus der Aufgaben vermischte sich da bei ihnen mit Illusionen über die Methoden. Die Warnungen der Bolschewiki fruchteten nichts. Die Petrograder Arbeiter und Soldaten konnten die Lage nur mittels eigener Erfahrung überprüfen. Die bewaffnete Demonstration wurde zu einer solchen Überprüfung. Doch gegen den Willen der Massen konnte die Überprüfung sich leicht in eine Entscheidungsschlacht verwandeln und damit in eine entscheidende Niederlage. Unter diesen Umständen durfte die Partei nicht abseits bleiben. Die Hände im Wässerchen strategischer Moralpredigten zu waschen, hätte bedeutet, die Arbeiter und Soldaten einfach ihren Feinden auszuliefern. Die Partei der Massen mußte sich auf den Boden stellen, auf den sich die Massen gestellt hatten, um, ohne irgendwie deren Illusionen zu teilen, ihnen zu helfen, mit den kleinsten Verlusten die notwendigen Lehren zu ziehen. Trotzki antwortete in der Presse den zahllosen Kritikern jener Tage: "Wir erachten es nicht als notwendig, uns vor wem immer deshalb zu verantworten, daß wir nicht abwartend beiseite traten und es General Polowzew überließen, sich mit den Demonstranten zu "unterhalten". Jedenfalls konnte unsere Einmischung in keiner Weise die Zahl der Opfer vergrößern oder die chaotische bewaffnete Kundgebung in einen politischen Aufstand verwandeln."
    Dem Vorbild der "Julitage" begegnen wir in allen alten Revolutionen, mit verschiedenem, aber in der Regel ungünstigem, häufig katastrophalem Ausgang. Eine derartige Etappe ist in der inneren Mechanik der bürgerlichen Revolution begründet, insofern die Klasse, die am meisten für ihren Erfolg opfert und die meisten Hoffnungen auf sie setzt, von ihr am wenigsten empfängt. Die Gesetzmäßigkeit des Prozesses ist durchaus klar. Die besitzende Klasse, die, durch die Umwälzung der Macht teilhaftig geworden, zu der Ansicht neigt, die Revolution habe damit bereits ihre Mission erfüllt, ist vor allem darum besorgt, den Kräften der Reaktion ihre Zuverlässigkeit zu beweisen. Die "revolutionäre" Bourgeoisie ruft die Empörung der Volksmassen durch die gleichen Maßnahmen hervor, durch die sie sich das Wohlgefallen der gestürzten Klasse zu gewinnen bestrebt ist. Die Enttäuschung der Massen tritt sehr schnell ein, noch ehe die Avantgarde Zeit findet, von den Revolutionskämpfen abzukühlen. Das Volk glaubt, es könne durch einen neuen Schlag das

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