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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Volkes".
    Die Gutsbesitzer beunruhigte nicht der Umstand, daß sie ihre Erbgüter verlieren könnten, sondern daß die Versöhnler "bestrebt sind, die Konstituierende Versammlung vor die Tatsache der bereits gelösten Frage zu stellen". Sämtliche Säulen der monarchistischen Reaktion wurden nun flammende Anhänger der reinen Demokratie! Die Regierung beschloß, Kerenski den Posten des Ministerpräsidenten zu übertragen bei Belassung seiner Kriegs- und Marineportefeuilles. Zeretelli, der neue Innenminister, mußte dem Exekutivkomitee Rede stehen wegen der Verhaftungen der Bol-schewiki. Die protestierende Anfrage ging von Martow aus, und Zeretelli antwortete ohne Zeremonie seinem älteren Parteigenossen, er ziehe vor, mit Lenin und nicht mit Martow zu tun zu haben: bei dem einen wisse er, wie zu verfahren, während der andere ihm die Hände binde ... "Ich nehme die Verantwortung für diese Verhaftungen auf mich", warf der Minister herausfordernd in den gespannt lauernden Saal.
    Die Schläge nach links austeilend, decken sich die Versöhnler mit der Gefahr von rechts. "Rußland steht vor einer Militärdiktatur", berichtet Dan in der Sitzung vom 9. Juli. "Wir müssen der Militärdiktatur das Bajonett aus den Händen winden. Und dies können wir nur, indem wir die Provisorische Regierung als ein Komitee zur öffentlichen Rettung anerkennen. Wir müssen ihr uneingeschränkte Vollmachten erteilen, damit sie die Anarchie von links und die Konterrevolution von rechts an der Wurzel untergrabe ... " Als hätte in den Händen der gegen Arbeiter, Soldaten und Bauern kämpfenden Regierung ein anderes Bajonett sein können als das Bajonett der Konterrevolution! Mit 252 Stimmen bei 47 Stimmenthaltungen beschloß die vereinigte Versammlung: "1. Land und Revolution sind in Gefahr. 2. Die Provisorische Regierung wird als Regierung zur Rettung der Revolution proklamiert. 3. Sie erhält uneingeschränkte Vollmachten." Der Beschluß klang dröhnend wie ein leeres Faß. Die in der Sitzung anwesenden Bolschewiki enthielten sich der Abstimmung, was unzweifelhaft von der Verwirrung bei den Parteispitzen in jenen Tagen zeugt.
    Massenbewegungen, auch geschlagene, gehen niemals spurlos vorüber. Den Platz des hochbetitelten Herrn nahm an der Spitze der Regierung der radikale Advokat ein, das Innenministerium repräsentierte ein ehemaliger Katorgasträfling. Die plebejische Erneuerung der Macht war offenkundig. Kerenski, Zeretelli, Tschernow, Skobeljew, die Führer des Exekutivkomitees, bestimmten nun die Physiognomie der Regierung. War das nicht die Verwirklichung des Lösungswortes der Junitage: "Nieder mit den zehn Minister-Kapitalisten"? Nein, das war nur die Enthüllung seiner Unzulänglichkeit. Die Minister-Demokraten übernahmen die Macht nur, um sie den Minister-Kapitalisten zurückzugeben. La coalition est morte, vive la coalition!
    Es entwickelt sich die feierlich-schändliche Komödie der Entwaffnung der Maschinengewehrschützen auf dem Schloßplatz. Eine Reihe Regimenter wird aufgelöst. Die Soldaten werden in kleinen Abteilungen zur Nachfüllung der Front abtransportiert. Vierzigjährige werden zum Gehorsam gezwungen und in Schützengräben getrieben. Das alles sind Agitatoren gegen das Regime der Kerenskiade. Ihrer sind Zehntausende, und sie werden bis zum Herbst große Arbeit leisten. Parallel werden Arbeiter entwaffnet, wenn auch mit kleinerem Erfolg. Unter dem Druck der Generale - wir werden bald sehen, welche Formen er annahm - wird an der Front die Todesstrafe eingeführt. Aber am gleichen Tage, dem 12. Juli, wird ein Dekret erlassen, das den Abschluß von Bodentransaktionen einschränkt. Diese verspätete Halbmaßnahme, angenommen unter der Axt des Muschiks, rief links Hohn, rechts Zähneknirschen hervor. Wehrend er alle Straßenumzüge verbot - eine Drohung nach links erhob Zeretelli die Hand gegen eigenmächtige Verhaftungen Versuch einer Zurechtweisung nach rechts. Die Absetzung des Oberbefehlshabers des Militärbezirks erläuterte Kerenski nach links: wegen der Zertrümmerung von Arbeiterorganisationen, nach rechts: wegen mangelnder Entschlossenheit.
    Die Kosaken wurden die wahren Helden des bürgerlichen Petrograd. "Es kamen Fälle vor", erzählt der Kosakenoffizier Grekow, "daß, wenn jemand einen öffentlichen Ort, etwa ein Restaurant, wo viele Menschen waren, in Kosakenuniform betrat, sich alle erhoben und den Eintretenden mit Händeklatschen begrüßten." Theater, Kinos, öffentliche Gärten veranstalteten

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