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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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Kerenski, beabsichtigt jedenfalls, bis zum Siege zu kämpfen. Angesichts der Gefahr eines Friedens auf Kosten der russischen Interessen - diesen Weg wies das Friedensangebot des Papstes vom 4. August - preist Kerenski die vornehme Treue der Alliierten. "Und ich kann im Namen des großen russischen Volkes nur das eine sagen: anderes haben wir nicht erwartet und nicht erwarten können." Die Ovation an die Adresse der Loge der alliierten Diplomaten stellt alle auf die Beine, außer einigen Internationalisten und jenen vereinzelten Bolschewiki, die als Vertreter der Gewerkschaften anwesend sind. Aus einer Offiziersloge erschallt der
    Ruf: "Martow aufstehen!" Martow, zu seiner Ehre sei's gesagt, blieb fest genug, vor der Selbstlosigkeit der Entente nicht in die Knie zu sinken.
    An die Adresse der unterdrückten Völker Rußlands, die ihr Schicksal auf eine neue Weise einzurichten strebten, richtete Kerenski mit Drohungen gespickte Moralpredigten. "Schmachtend und zugrunde gehend in den Ketten des zaristischen Selbstherrschertums", prahlte er mit fremden Ketten, "haben wir nicht mit unserem Blut gegeizt für das Wohl aller Völker." Den unterdrückten Nationalitäten wurde anempfohlen, aus Dankbarkeitsgefühl das Regime der Rechtlosigkeit zu erdulden.
    Wo der Ausweg? "... Fühlt ihr das große Brennen in euch ... fühlt ihr Kraft und Willen zu Ordnung, zu Opfern und Arbeit? werdet ihr hier den Anblick einer geschlossenen großen nationalen Kraft bieten? ... " Diese Worte wurden gesprochen am Tage des Moskauer Proteststreiks und in den Stunden der geheimnisvollen Verschiebung von Kornilows Reiterei. "Wir werden unsere Seele töten, aber den Staat retten." Mehr vermochte dem Volke die Regierung der Revolution nicht zu bieten.
    "Viele Provinzler in diesem Saale", schreibt Miljukow, "sahen Kerenski zum erstenmal, - und sie gingen teils enttäuscht, teils empört fort. Vor ihnen stand ein junger Mensch mit zerquältern, blassem Gesicht in einer angelernten Schauspielerpose ... Dieser Mensch wollte gleichsam jemand einschüchtern und bei allen den Eindruck von Kraft und Macht im alten Stile erwecken. In Wirklichkeit erregte er nur Mitleid."
    Das Auftreten der übrigen Regierungsmitglieder offenbarte weniger deren persönliche Unzulänglichkeit als den Bankrott des Versöhnlersystems. Die große Idee, die Innenminister Awksentjew vor das Forum des Landes stellte, war die Institution umherfahrender Kommissare. Der Minister für Industrie redete den Unternehmern zu, sich auf bescheidene Gewinne zu beschränken. Der Finanzminister versprach Herabsetzung der direkten Besteuerung der besitzenden Klassen bei Erhöhung der indirekten Abgaben. Der rechte Flügel hatte die Unvorsichtigkeit, diese Worte mit stürmischem Applaus zu bedenken, den Zeretelli nicht ohne Verlegenheit als Mangel an Opfersinn enthüllte. Dem Ackerbauminister Tschernow war befohlen worden, überhaupt zu schweigen, um die Verbündeten von rechts nicht mit dem Gespenst der Bodenenteignung zu reizen. Im Interesse der nationalen Einheit hatte man beschlossen, zu tun, als existiere keine Agrarfrage. Die Versöhnler störten nicht. Die wahre Stimme des Muschiks wurde von der Tribüne herab nicht laut. Indes kam gerade in diesen Augustwochen die Agrarbewegung im ganzen Lande in Schwung, um sich im Herbst in einen unüberwindlichen Bauernkrieg zu verwandeln.
    Nach eintägiger Pause, die von beiden Seiten mit Auskundschaftung und Mobilisierung der Kräfte ausgefüllt war, wurde die Sitzung vom 14. in einer Atmosphäre äußerster Spannung eröffnet. Beim Erscheinen Kornilows in einer Loge bereitet ihm der rechte Teil der Beratung stürmischen Empfang. Der linke Teil bleibt fast vollzählig sitzen. Rufe "Aufstehen" werden durch rohe Schimpfworte aus der Offiziersloge ergänzt. Beim Erscheinen der Regierung bereitet die Linke Kerenski eine lange Ovation, an der sich, wie Miljukow bezeugt, "diesmal die Rechte, die sitzenblieb, demonstrativ nicht beteiligt". In diesen feindlich zusammenstoßenden Beifallswellen konnte man die nahen Zusammenstöße des Bürgerkrieges vernehmen. Auf der Bühne aber saßen auch weiterhin unter dem Namen Regierung Vertreter beider Hälften des gespaltenen Saales, indes der Vorsitzende, der insgeheim Kriegsmaßnahmen gegen den Höchstkommandierenden traf, nicht für einen Augenblick vergaß, in seiner Figur "die Einheit des russischen Volkes" zu verkörpern. Im Stil dieser Rolle verkündete Kerenski: "Ich schlage allen vor, in der Person des hier

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