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Geschichte des Kapitalismus

Geschichte des Kapitalismus

Titel: Geschichte des Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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ununterbrochene Erschütterung der gesellschaftlichen Zustände, die ewige Unsicherheit und Bewegung zeichnet die Bourgeois-Epoche vor allen anderen aus.»[ 67 ] Dies trug zur Unpopularität, ja zur immer erneuerten Delegitimierung des Kapitalismus bei, besonders deutlich in seinen großen, immer wiederkehrenden Krisen, wie sie etwa 1873, 1929 und 2008 ausbrachen.
    (4) Diese Krisen entstanden zumeist aus übermäßiger Spekulation und aus Fehlentwicklungen im Finanzsektor, jedoch wirkten sie auch auf die «Realwirtschaft» ein. Sie bedrohten nicht nur einige Spekulanten, sondern die Lebenschancen breiter Bevölkerungsschichten und konnten zu tiefen gesellschaftlichen und politischen Erschütterungen führen. Damit wurde an den Krisen deutlich, was den Kapitalismus im Zeitalter der Industrialisierung von früheren Varianten auch unterschied: dass er zum dominierenden wirtschaftlichen Regulierungsmechanismus geworden war und gleichzeitig Gesellschaft, Kultur und Politik intensiv beeinflusste, während er in früheren Jahrhundertenein Inseldasein geführt hatte und in nicht-kapitalistische Strukturen und Mentalitäten eingebettet gewesen war.[ 68 ]
    War er bis zur Epochenscheide von 1800 in seiner ausgeprägten Form auf wenige Regionen im Nordwesten Europas beschränkt gewesen, erreichte der durch die Industrialisierung dynamisierte Kapitalismus in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts weltweite Dimensionen. Das zeigt sich nicht nur, wie erwähnt, an der kapitalistischen Durchdringung immer neuer Länder und Regionen vor allem Ostasiens. Es zeigt sich auch an der weiter zunehmenden Interdependenz kapitalistischer Austauschprozesse über die Länder- und Kontinentgrenzen hinweg, also an der Globalisierung des Kapitalismus. Diese ist an sich kein neues Phänomen, sondern in Ansätzen seit Jahrhunderten zu beobachten, wie im vorangehenden Kapitel gezeigt wurde. Doch von den 1860er Jahren bis 1914 und erneut seit etwa 1960, besonders aber seit 1990 kam es zu Phasen erheblich beschleunigter Globalisierung, ablesbar an der Expansion des Welthandels, einer gewissen Konvergenz der Warenpreise in verschiedenen Weltregionen, dem rasant steigenden Volumen weltweiter Finanztransaktionen, dem Aufstieg multinationaler Unternehmen in breiter Front, zunehmender grenzüberschreitender Arbeitsmigration und der weltweiten Erstreckung von Krisen. Globalisierung ist zwar nicht nur ein wirtschaftliches Phänomen, vielmehr ereignet sie sich auch als grenzüberschreitende Verknüpfung in den Bereichen Kommunikation, Politik und Kultur. Doch ist der Kapitalismus nicht nur eine wichtige Triebkraft der Globalisierung, sondern zugleich ein Feld, auf dem Globalisierung stattfindet, wenngleich weiterhin nicht flächendeckend, und ohne dass die Nationalstaaten durch sie an Bedeutung verloren hätten.[ 69 ]
2. Vom Eigentümer- zum Managerkapitalismus
    Analytisch ist das Kapital-Arbeits-Verhältnis für alle Varianten des Industriekapitalismus zentral (s.S. 21). Historisch variierte es sehr. Dafür war der tiefgreifende Gestaltwandel mitentscheidend, der sich in der Struktur und den Strategien der Unternehmen in den letzten 200 Jahren abgespielt hat.
    Begrifflich ist zwischen Kapitalisten und Unternehmern zu unterscheiden. Der Kapitalist stellt Kapital bereit und entscheidet damit grundsätzlich über den Ort und das Ziel von dessen Verwendung, er trägt das damit verbundene Risiko und streicht gegebenenfalls die daraus sich ergebenden Gewinne ein. Die zentrale Aufgabe des Unternehmers ist es, das Unternehmen zu leiten. Dazu trifft er Entscheidungen über dessen Ziele im Einzelnen, seine Position auf dem Markt und seine Struktur im Innern, auch über den Einsatz der Arbeitskräfte.[ 70 ]
    Für den typischen Leiter eines Unternehmens in der ersten Industrialisierungsphase, die auch manchmal Industrielle Revolution genannt wird, galt, dass er die Rollen des Kapitalisten und des Unternehmers in seiner Person verband. Er war Eigentümer seines Unternehmens und leitete es. Er brachte das Kapital in der Regel aus eigenen Ersparnissen, durch persönliche Anleihen, seltener über einen Bankkredit auf, vielleicht auch durch Kooperation mit einem Partner, und er haftete mit seinem gesamten Vermögen. Auch wenn es sich um eine ausgewachsene Fabrik, z.B. eine Mechanische Spinnerei und Weberei mit 100 oder 200 Arbeitern handelte, blieb das meist als

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