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Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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beiden Kontinente (Nord- und Südamerika, H.A.W.) erstrecken, «ohne unseren Frieden und unser Glück zu gefährden; noch kann irgend jemand glauben, daß unsere südlichen Brüder (our southern brethren), wenn sie sich selbst überlassen wären, ein derartiges Verhalten aus eigenem Antrieb hinnehmen würden. Es ist deshalb gleichermaßen unmöglich, daß wir ein solches Eingreifen in irgendeiner Form mit Gleichgültigkeit betrachten würden (that we should behold such interposition in any form with indifference). Wenn wir auf die vergleichsweise Stärke und die Ressourcen Spaniens und dieser neuen Regierungen und ihre Entfernungen voneinander blicken, so muß es offensichtlich sein, daß Spanien sie nie unterwerfen kann. Es ist immer noch die ehrliche Politik der Vereinigten Staaten, die Parteien sich selbst zu überlassen, in der Hoffnung, daß andere Mächte denselben Kurs einschlagen werden.»
    Monroe war, nach George Washington, John Adams, Thomas Jefferson und James Madison, der fünfte Präsident der USA und der dritte «Republikaner» unter ihnen (wobei daran zu erinnern ist, daß die damaligen «Republikaner» die Vorläufer der heutigen «Demokraten» und die seinerzeitigen «Föderalisten» die Ahnen der späteren «Republikaner» waren). Der erste Präsident, der Föderalist George Washington, hatte am 17. September 1796, dem letzten Tag seiner achtjährigen Amtszeit, in einer Botschaft an die junge Nation vor einer Verwicklung Amerikas in europäische Streitigkeiten gewarnt, deren Ursachen den Interessen der Union völlig fremd seien. Durch ihre «abseitige und entfernte Lage» (our detached and distant situation) seien die Amerikaner gehalten, einen anderen Kurs zu verfolgen als die Mächte des alten Kontinents. «Wenn wir unter einer tatkräftigen Regierung (under an efficient government) ein einiges Volk bleiben, dann ist die Zeit nicht fern, in der wir auch wesentlichen Gefahren durch fremde Belästigung die Stirn bieten können … Warum sollten wir auf die Vorteile einer so einzigartigen Lage verzichten? Warum sollten wir unseren eigenen Grund und Boden verlassen, um auf fremdem zu stehen? Warum sollten wir unseren Frieden und unsere Prosperität in die Netze von Europas Ehrgeiz, Rivalitäten, Interessen, Stimmungen und Launen verstricken, indem wir unser Geschick mit dem irgendeines Teiles von Europa verbinden? Die richtige Lehre besteht für uns darin, uns aus langfristigen Bündnissen mit irgendeinem Teil des Auslands herauszuhalten … Eintracht und freier Verkehr mit allen Nationen werden durch Politik, Humanität und Interesse geboten.»
    Was Monroe 1823 sagte, bedeutete keinen Bruch mit der Tradition, die Washington über ein Vierteljahrhundert zuvor gestiftet hatte. Die Vereinigten Staaten hatten jetzt eine «tatkräftige Regierung», die entschlossen war, jeder Bedrohung von außen zu trotzen. Neu an der Monroe-Doktrin war die Einbeziehung des gesamten Kontinents in die Interessensphäre der USA. Die Vereinigten Staaten erhoben den Anspruch, Beschützer der neuen, unabhängigen Staaten südlich ihrer eigenen Grenzen zu sein. Dieser Anspruch wurde erleichtert durch die äußere Ähnlichkeit der politischen Systeme in den USA und den ehemaligen spanischen Kolonien. Offenkundig war aber auch das Interesse an den wirtschaftlichen Vorteilen, die mit der Loslösung Lateinamerikas von europäischer Kolonialherrschaft verbunden waren: Die neuen Staaten waren für die Union interessant als Absatzmärkte ihrer Industrieprodukte, als Lieferanten von Rohstoffen und als Gebiete, in denen amerikanisches Kapital gewinnbringend investiert werden konnte.
    Da Großbritannien sich von denselben Erwartungen leiten ließ, zeichneten sich von Anfang an Konkurrenzkämpfe zwischen den beiden angelsächsischen Ländern ab. Wann immer europäische Mächte das erweiterte, von Monroe definierte «national interest» der USA mißachteten, drohte eine amerikanisch-europäische Verwicklung bis hin zu einer kriegerischen Auseinandersetzung. Die panamerikanische Ausweitung der amerikanischen Interessensphäre enthielt aber auch eine unausgesprochene, den Vätern der Monroe-Doktrin vielleicht noch nicht einmal bewußte Drohung gegenüber den Staaten, die durch sie geschützt werden sollten: Wenn lateinamerikanische Staaten einen politischen Weg einschlugen, der den Interessen der USA zuwiderlief, wenn sie sich gar mit europäischen Staaten gegen die Union verbünden sollten, dann würden die Vereinigten Staaten das nicht

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