Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)
Kongreß die Zulassung von Kansas als freier Staat. Präsident Pierce stellte sich jedoch voll und ganz auf die Seite der Sklavereifreunde, was zu einer Radikalisierung auf der Seite der Gegner führte.
Einer von ihnen war der fanatische John Brown aus Connecticut, der 1855 seinen Söhnen nach Kansas gefolgt war und dort sogleich für einen freien Staat zu kämpfen begann. Im Mai 1856 beantwortete eine von ihm geführte Gruppe Gewalttaten von Anhängern der Sklaverei mit einem Massaker am Pottawatomie Creek: Fünf Siedler, die für die Sklaverei eintraten, wurden auf bestialische Weise ermordet. Damit begann ein blutiger regionaler Bürgerkrieg («Bleeding Kansas»), der erst im Januar 1861, im Gefolge eines Volksentscheids, mit der Aufnahme von Kansas als freier Staat in die Union endete. John Brown erlebte das nicht mehr: Nach einem gescheiterten Versuch, bei Harpers Ferry in Virginia einen allgemeinen Sklavenaufstand zu entfesseln, wurde er wegen Hochverrats angeklagt, zum Tode verurteilt und am 2. Dezember 1859 gehängt.
Zu den wichtigsten Stationen auf dem Weg in den amerikanischen Bürgerkrieg gehörte eine Entscheidung des Supreme Court am 6. März 1857: das Urteil im Verfahren Scott versus Sanford. Dred Scott war ein Sklave aus Missouri, der mit seinem Besitzer nach Illinois, einem freien Staat, und Wisconsin, einem freien Territorium, gezogen war. Nach dem Tod seines Besitzers von dessen Witwe wieder nach Missouri verbracht, klagte er auf seine Freilassung, was sich mit dem Aufenthalt in sklavenfreien Gebieten gut begründen ließ. In letzter Instanz hatte der Oberste Gerichtshof zu entscheiden. Der Vorsitzende Richter Roger Taney verneinte mit der Mehrheit seiner Kollegen ein Recht Scotts, den Obersten Gerichtshof anzurufen, weil er kein Bürger, sondern Eigentum sei und nach dem fünften Amendment von 1791 Eigentum einem Bürger nicht ohne vorheriges ordentliches Gerichtsverfahren (without due process of law) aberkannt werden durfte. In einem «obiter dictum» (Nebenbemerkung) bestritt der Supreme Court das Recht des Kongresses, Sklaverei in irgendeinem Territorium zu verbieten, womit der Missouri-Kompromiß von 1820 nachträglich für von Anfang an verfassungswidrig erklärt wurde. Indirekt aber war durch das Urteil auch das Prinzip der «popular sovereignty», das Recht der Legislative eines Territoriums, über Verbot oder Zulassung der Sklaverei zu entscheiden, in Frage gestellt.
Das Urteil gegen Dred Scott löste bei den Weißen im Süden begeisterte Zustimmung, im Norden empörten Widerspruch aus. Die neue Republikanische Partei versuchte den Protest in ihre Bahnen zu lenken, indem sie versprach, nach einem Sieg bei den Präsidentenwahlen von 1860 durch Berufung neuer Richter für eine andere, sklavereifeindliche Mehrheit im Supreme Court zu sorgen. Aber schon bei den «midterm elections» von 1858 spielte der Streit um das Urteil gegen Scott eine wichtige Rolle. Das galt auch für die öffentlichen Debatten, die im August, September und Oktober 1860 in mehreren Orten von Illinois zwischen den Bewerbern um einen der beiden Senatssitze, dem Amtsinhaber Stephen Douglas von den Demokraten und seinem republikanischen Herausforderer, dem Rechtsanwalt Abraham Lincoln, geführt wurden. Lincoln, 1809 als Sohn einer armen Grenzerfamilie in Kentucky geboren, von 1847 bis 1849 Mitglied des amerikanischen Repräsentantenhauses, verlor. Aber die Rededuelle mit Douglas, dem Verteidiger der «popular sovereignty» und Zerstörer des Missouri-Kompromisses, machten ihn einer breiten Öffentlichkeit bekannt – und zu einem aussichtsreichen Bewerber um die Nominierung als republikanischer Kandidat für die Präsidentenwahl von 1860.
Sein politisches Credo hatte Lincoln besonders eindringlich am 16. Juni 1858 bei der State Convention der Republikaner von Illinois in Springfield vorgetragen. Er zitierte das Wort Jesu «Ein Haus, so es mit sich selbst uneins wird, kann nicht bestehen» (A House, divided against itself, cannot stand) und fügte hinzu: «Ich glaube, daß dieses Regierungssystem keinen dauerhaften Bestand haben wird, wenn es halb versklavt und halb frei (half slave and half free) ist. Ich erwarte nicht, daß die Union aufgelöst wird; ich erwarte nicht, daß das Haus einstürzt; aber ich erwarte, daß es aufhören wird, geteilt zu sein. Es wird alles das eine werden oder das andere. Entweder die Gegner der Sklaverei werden die weitere Ausdehnung derselben aufhalten und so mit ihr umgehen, daß sich im
Weitere Kostenlose Bücher