Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)

Titel: Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
Vom Netzwerk:
der russischen Bolschewiki.
    Die Bedrohung von links, in Form der «Verschwörung der Gleichen», war bereits beseitigt, als sich die gemäßigten Republikaner im Direktorium genötigt sahen, gegen ein Komplott der Rechten vorzugehen, die sich seit den Wahlen vom Frühjahr 1797 eines starken Rückhalts in den Kammern erfreute. An der Verschwörung beteiligt waren Royalisten wie der General Charles Pichegru, der zu dieser Zeit bereits im Sold des britischen Premierministers Pitt und der Bourbonen stand, und nach rechts gerückte Republikaner wie Carnot und Barthélemy, die beide dem Direktorium angehörten. Mit der Rückendeckung des Militärs erzwang die Mehrheit des Direktoriums am 4. September 1797, dem Fructidor-Staatsstreich, eine Säuberung der beiden Kammern: Die Wahlen in 49 Departements wurden für ungültig erklärt, 172 Abgeordneten das Mandat aberkannt, 65 Personen nach Guayana, der sogenannten «trockenen Guillotine», deportiert; mehrere Parlamentarier legten ihr Mandat «freiwillig» nieder. Es folgten scharfe Maßnahmen gegen die oppositionelle Presse, die zurückgekehrten Emigranten und die katholische Kirche: 1800 Priester wurden nach Guayana deportiert und alle Adligen zu Ausländern erklärt.
    Der Fructidor-Staatsstreich war der erste von insgesamt drei Staatsstreichen der Direktorialzeit. Der zweite war der vom Floréal des Jahres VI, dem 15. Februar 1798: Da aus neuerlichen Kammerwahlen viele Jakobiner als Sieger hervorgegangen waren, ließ das Direktorium durch einen Ausschuß die Wahl von über hundert Abgeordneten annullieren und über 50 von ihnen durch Bewerber ersetzen, die weniger Stimmen erhalten hatten.
    Der dritte Staatsstreich war der vom 30. Prairial des Jahres VII, dem 18. Juni 1799. Diesmal putschten die Kammern gegen die Diktatur des Direktoriums, wie sie aus dem Fructidor-Staatsstreich hervorgegangen war. Dem neuen Direktorium gehörten der ehemalige Abbé Sieyès und drei Jakobiner, darunter einer der Hauptakteure des 9. Thermidor, Paul Barras, an. Unter den ersten Maßnahmen der Prairial-Regierung waren eine Zwangsanleihe, die nur die Reichen belastete, und ein Gesetz, das den Behörden das Recht einräumte, die Verwandten von emigrierten Adligen und alle irgendwie Verdächtigten als Geiseln zu behandeln und gefangenzusetzen. Die Furcht vor einer neuen Schreckensherrschaft war weitverbreitet und begründet. Sie veranlaßte die gemäßigten Kräfte, sich verstärkt um einen Machtfaktor zu bemühen, von dem man wußte, daß er der ständigen innenpolitischen Krisen ebenfalls überdrüssig war: das Militär.
    Seiner Armee verdankte das revolutionäre Frankreich die spektakulärsten Erfolge der Direktorialzeit: Im Herbst 1794 wurde das Rheinland, im Januar 1795 Holland erobert. Kurz darauf schied Preußen aus dem Ersten Koalitionskrieg aus, um seine Kräfte ganz auf die bevorstehende Teilung Polens konzentrieren zu können. Im Sonderfrieden von Basel, der Immanuel Kant den Anstoß zu seiner Schrift «Zum ewigen Frieden» gab, verzichtete Preußen am 5. April 1795 faktisch auf seine linksrheinischen Besitzungen; Frankreichs Gegenleistung bestand in der Zustimmung zur Neutralisierung Norddeutschlands, das damit preußischer Führung unterstellt wurde. Außerdem sollte der Hohenzollernstaat rechts des Rheins entschädigt werden, wenn es Frankreich gelang, sich in einem Friedensvertrag mit dem Reich den Besitz des linken Rheinufers bestätigen zu lassen. Ebenfalls in Basel wurde ein Vierteljahr später, am 23. Juli 1795, ein Sonderfriede mit Spanien abgeschlossen. Frankreich zog seine Truppen aus dem von ihm eroberten Teil Spaniens ab und erhielt dafür Santo Domingo, den spanischen Teil der ansonsten französischen Insel Haiti.
    Der Baseler Friede versetzte Frankreich in die Lage, Österreich sowohl in Süddeutschland als auch in Oberitalien anzugreifen. Aus dem Süden Deutschlands konnten die habsburgischen Truppen die Franzosen 1796 zeitweilig vertreiben. Südlich der Alpen aber errang Napoleon Bonaparte im gleichen Jahr eine Reihe von strahlenden Siegen, die zunächst den König von Sardinien und Papst Pius VI., im Jahr darauf auch Österreich zu Friedensschlüssen nötigten. Zur französischen Kriegsbeute gehörten Nizza und Savoyen. Im Frieden von Campoformio stimmte Österreich im Oktober 1797 der Abtretung des linken Rheinufers an Frankreich zu, das damit den Anspruch auf seine «natürlichen Grenzen» durchsetzen konnte; Wien verzichtete zudem auf Belgien und die Lombardei,

Weitere Kostenlose Bücher