Geschichte des Westens: Von den Anfängen in der Antike bis zum 20. Jahrhundert (German Edition)
wofür es mit Venedig entschädigt wurde. Große Teile der von Frankreich eroberten italienischen Gebiete wurden in der Cisalpinischen und Ligurischen Republik zusammengefaßt. Anfang 1798 folgten nach der Besetzung Roms die Gründung einer Römischen (oder Tiberinischen) Republik und nach einer Invasion in der Schweiz die Proklamation der Helvetischen Republik: französischer Protektorate, die ebenso wie die direkten Annexionen Frankreichs das Gleichgewicht in Europa zugunsten der neuen revolutionären Großmacht veränderten.
Der Friede von Campoformio bedeutete das Ende des Ersten Koalitionskrieges. Doch der Krieg zwischen England und Frankreich ging weiter. Eine Landung auf der anderen Seite des Ärmelkanals hielt Bonaparte, seit Oktober 1797 Oberkommandierender der Englandarmee, angesichts der Überlegenheit Großbritanniens zur See für allzu riskant. Erfolgversprechend erschien ihm dagegen eine Alternative, für die er das Direktorium gewann: eine Expedition nach Ägypten, das nominell einen Teil des Osmanischen Reiches bildete. Das Pariser Kalkül war klar: Wenn Frankreich erst den Landweg nach Indien kontrollierte, würde der Zusammenbruch des britischen Empires nicht lange auf sich warten lassen. Tatsächlich konnte der General den Truppen der in Ägypten herrschenden Mamelucken in der Schlacht bei den Pyramiden eine Niederlage bereiten und Ende 1798 in Kairo einziehen. Wenige Tage später aber vernichteten englische Seestreitkräfte unter Admiral Nelson die französische Flotte bei Abukir. Die Truppen Bonapartes waren damit von der Heimat abgeschnitten, und was auf lange Sicht noch wichtiger war: England hatte den Grund für seine Vorherrschaft im Mittelmeer gelegt.
In den Monaten nach Abukir bildete sich auf Betreiben Pitts die Zweite Koalition gegen Frankreich, getragen von England, Rußland, Österreich, Spanien, Portugal, Neapel und der Türkei, heraus. Seit März 1799 befand sich Europa wieder im Krieg. Österreicher und Russen brachten den Franzosen in Süddeutschland, der Schweiz und Italien schwere Niederlagen bei; die von Frankreich ins Leben gerufenen Republiken, unter ihnen auch die erst im Januar 1799 proklamierte Napolitanische oder Parthenopëische Republik, brachen zusammen. Doch schon im September wendete sich das Blatt. Die Revolutionstruppen errangen wieder Erfolge über die Verbündeten, wobei der Sieg bei Zürich am 27. September 1799 entscheidend war. Im Monat darauf kündigte Zar Paul I., erbittert über das eigenmächtige Vorgehen der Österreicher in Italien, das Bündnis auf und befahl seinen Truppen die Rückkehr nach Rußland.
Napoleon Bonaparte hatte zu diesem Zeitpunkt bereits Ägypten und die eigene Armee in Richtung Frankreich verlassen. Am 9. Oktober 1799 landete er in Fréjus. Als er eine Woche später in Paris eintraf, konnte er sich seiner Beliebtheit sicher sein: Auf allen Stationen seines Weges war er mit Jubel empfangen und als Held gefeiert worden. Für antijakobinisch gesinnte Politiker wie die Mitglieder des Direktoriums Emmanuel Joseph Sieyès und den aus dem amerikanischen Exil zurückgekehrten Charles Maurice de Talleyrand, die von der Notwendigkeit eines Regimewechsels seit längerem überzeugt waren, kam Bonaparte wie gerufen. Da er das Militär hinter sich hatte, erschien der populäre General geradezu vom Schicksal berufen, das krisengeschüttelte Direktorialsystem zu beseitigen. Wenn der Staatsstreich gelingen sollte, dann nur mit ihm an der Spitze: So sah es bald auch Napoleon Bonaparte selbst.
Als Begründung für den Coup diente den Verschwörern um Sieyès die Behauptung von einem unmittelbar bevorstehenden Umsturzversuch der Jakobiner. Das Direktorium sollte von einer provisorischen Regierung von drei Konsuln, nämlich Bonaparte, Sieyès und Roger Ducos, abgelöst werden, das Parlament seinen Sitz vorübergehend nach Saint-Cloud vor den Toren von Paris verlegen. Am 18. Brumaire des Jahres VIII, dem 9. November 1799, war es soweit. Drei der fünf Direktoren stimmten der Auflösung des Direktoriums zu; die beiden widerstrebenden Mitglieder wurden unter Hausarrest gestellt, die beiden Kammern spielten zunächst ebenfalls mit, wurden aber am folgenden Tag angesichts der in Saint-Cloud zusammengezogenen Truppen mißtrauisch. Eine überaus ungeschickte, provozierend und teilweise wirr wirkende Rede, die Napoleon Bonaparte im Rat der 500 hielt, bestärkte viele Abgeordnete in ihrem Argwohn. Ein Tumult brach aus; zahlreiche Mitglieder der Versammlung riefen
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