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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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galten.»
    Militärisch waren um diese Zeit die Mittelmächte in Europa erfolgreicher als die Entente. Anfang 1917 waren deutsche Truppen in Riga eingezogen; im Oktober nahmen sie mit Hilfe der Hochseeflotte die baltischen Inseln Ösel, Moon und Dagö ein. Wenige Tage später, am 24. Oktober, brachten die beiden Mittelmächte den Italienern bei Caporetto, auf deutsch Karfreit, am oberen Isonzo eine verheerende Niederlage bei; sie war begleitet von Massendesertionen und der Gefangennahme von etwa 275.000 Soldaten des italienischen Heeres. Im Nahen Osten hingegen konnten die Briten Siege an ihre Fahnen heften. Im März 1917 hatten sie Bagdad eingenommen; im Oktober stießen sie vom Suezkanal aus nach Palästina vor; Anfang Dezember räumten die Türken Jerusalem.
    Einen politischen Gewinn konnte die Entente auch auf dem Balkan verbuchen. Im Juni erzwangen Frankreich und Großbritannien die Abdankung König Konstantins I. von Griechenland, eines entschiedenen Verteidigers der Neutralität seines Landes. Unter seinem Sohn Alexander bildete der frühere, 1915 von Konstantin entlassene Ministerpräsident Venizelos, der 1916 nach regionalen Aufständen an die Spitze einer «Vorläufigen Regierung» in Thessaloniki getreten war, eine neue Regierung. Sie brach Ende Juni 1917 die diplomatischen Beziehungen mit den Mittelmächten ab. Die Entente hatte einen neuen Bundesgenossen gewonnen.[ 7 ]
    Das wichtigste Ereignis der zweiten Hälfte des Jahres 1917 war ein Vorgang von weltgeschichtlicher Tragweite: die russische Oktoberrevolution, die nach dem westlichen, dem gregorianischen Kalender eine Novemberrevolution war. Am 23. Oktober fand in Petrograd einestreng geheime Sitzung des Zentralkomitees der Bolschewiki statt, an der auch der kurz zuvor aus seinem finnischen Versteck zurückgekehrte Lenin teilnahm. Er schlug seinen Genossen vor, unverzüglich mit dem bewaffneten Aufstand zu beginnen. Gegen den Widerspruch von zwei der prominentesten Bolschewiki, Gregorij Sinowjew und Leonid Kamenew, wurde Lenins Resolution nach stürmischer Debatte angenommen. Nach der Sitzung tauchte Lenin wieder unter. Die organisatorische Vorbereitung des Aufstands lag in den Händen von Leo Trotzki, der am 5. Oktober (wie schon einmal, in der Revolution von 1905) zum Vorsitzenden des Petrograder Sowjets gewählt worden war und seit dem 22. Oktober auch an der Spitze des neugebildeten Militärrevolutionären Komitees des hauptstädtischen Sowjets stand.
    Am 4. November übernahm das Komitee den Befehl über die Petrograder Garnison. Das war für die Bolschewiki der entscheidende Durchbruch zur Macht. Das Signal für den Umsturz gab die Regierung am 6. November mit der Besetzung der Newa-Brücken und der Schließung der Druckerei der bolschewistischen Zeitung «Arbeiterweg». Am Abend des folgenden Tages war Petrograd weitgehend in der Hand der Roten Garden, einer von den Bolschewiki bewaffneten Arbeitermiliz, und revolutionärer Truppen. Auf dem Zweiten Allrussischen Sowjetkongreß, der am 7. November zusammentrat, hatten die Bolschewiki zusammen mit den ihnen nahestehenden linken Sozialrevolutionären eine sichere Mehrheit. Die Delegierten sollten nach dem Willen der Bolschewiki den Staatsstreich nicht beschließen, sondern die vollendete Tatsache billigen, was nach dem Auszug der Menschewiki und der Mehrheit der Sozialrevolutionäre am 8. November geschah. Die von Lenin namens des neugebildeten Rats der Volkskommissare, der Revolutionsregierung, vorgelegten Dekrete über den Frieden und die Bodenfrage werden einstimmig beschlossen. Das erste Dekret sah die sofortige Aufnahme von Verhandlungen über einen Waffenstillstand und danach über einen Frieden ohne Annexionen und Kontributionen vor, das zweite die entschädigungslose Enteignung der Gutsbesitzer und die Übertragung von Grund und Boden an die Bezirksbodenkomitees und die Kreissowjets der Bauerndeputierten, wobei die endgültige Regelung der Eigentumsverhältnisse auf dem Lande der Konstituante vorbehalten blieb.
    Am gleichen Tag, dem 8. November, stürmten probolschewistische Truppen, unterstützt von den Kronstädter Matrosen auf dem Kreuzer«Aurora», die mehrere Kanonenschüsse abgaben, das Winterpalais. Die dort tagenden Mitglieder der Provisorischen Regierung wurden verhaftet – allerdings ohne Ministerpräsident und Kriegsminister Kerenskij, der inzwischen geflohen war und Unterstützung bei Generälen regierungsloyaler Truppen außerhalb der Hauptstadt suchte. Bei dem

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