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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Verbündeten etwas unternehmen, so haben wir keinerlei Mittel, einzuschreiten, um die Katastrophe aufzuhalten, der ihr Land sicherlich verfallen ist. Rußland kann nur durch sein eigenes Volk gerettet werden.»
    Es folgten ein Bekenntnis zu einem unabhängigen Polen, das alle wahrhaft polnischen Elemente umfasse, die Forderung nach einer internationalen Regelung für die deutschen Kolonien, die den Wünschen und Interessen ihrer Bewohner Rechnung tragen müsse, die Ankündigung, daß Großbritannien auf Gutmachung des Schadens bestehen werde, den Deutschland in Vergewaltigung des internationalen Rechts verübt habe, und schließlich ein Plädoyer für eine internationale Organisation, die Kriege durch Schlichtung internationaler Streitigkeiten verhindere, Rüstungen begrenze und so einen gerechten und dauerhaften Frieden ermögliche. Für diese Ziele kämpfe das britische Empire, und um die Bedingungen eines solchen Friedens sicherzustellen, seien seine Völker bereit, noch größere Opfer als bisher zu bringen.
    Lloyd George warb mit seiner Rede nicht nur um die weitere Unterstützung durch die britische Arbeiterbewegung (und das, wie das freundliche Echo bei den Trade Unions und der Labour Party zeigte, mit Erfolg). Er versuchte auch, eine Brücke über den Atlantik zu schlagen, indem er sich Forderungen des amerikanischen Präsidenten Woodrow Wilson wie die nach dem Recht der Völker auf Selbstregierung und einem Völkerbund mehr oder minder deutlich zu eigen machte. Wilsons engste Berater, an ihrer Spitze Oberst Edward M. House, rieten dem Präsidenten bereits seit Dezember 1917 zu einer Grundsatzerklärung über die Kriegsziele der Vereinigten Staaten. Eine solche Erklärung erschien House um so dringender, als es ihm im November auf einer interalliierten Konferenz in Paris auf Grund französischen und italienischen Widerstands nicht gelungen war, eine sehr allgemein gehaltene gemeinsame Verlautbarung der Verbündeten durchzusetzen. Der Beginn der Friedensverhandlungen in Brest-Litowsk gab einen weiteren Anstoß, mit einer offiziellen amerikanischen Stellungnahme nicht länger zu warten. Am 8. Januar 1918 trug Wilson vor dem amerikanischenKongreß seine berühmten «Vierzehn Punkte» vor, die bewußt so formuliert waren, daß sie und nicht die Rede von Lloyd George als die autoritative Antwort des Westens auf die Friedensappelle der Bolschewiki in die Geschichte eingingen und Wilson zum wahren Widerpart Lenins wurde.
    Von der Rede des britischen Premierministers unterschied sich die Ansprache des amerikanischen Präsidenten unter anderem dadurch, daß sie die Bolschewiki mit überaus schmeichelhaften Worten umwarb. Die Überzeugung des russischen Volkes von dem, was recht, menschlich und ehrenhaft sei, sei mit «Offenheit, Weitsicht, Großzügigkeit des Geistes und auf eine derart allgemein menschliche Weise sympathisch» vorgetragen worden, daß dies die Bewunderung eines jeden Freundes der Menschheit erregen müsse. Ob die gegenwärtigen Führer Rußlands dies glaubten oder nicht, es sei das von Herzen kommende Bedürfnis und die Hoffnung Amerikas, daß sich eines Tages ein Weg öffnen werde, «der uns das Vorrecht einräumt, dem russischen Volk bei der Erfüllung seiner kühnsten Hoffnungen auf Freiheit und einen gesicherten Frieden zu helfen».
    In seinen Vierzehn Punkten forderte Wilson öffentliche Friedensverhandlungen und Friedensverträge ohne irgendwelche Geheimklauseln, die Freiheit der Schiffahrt auf den Meeren, eine möglichst weitgehende Beseitigung von Handelsgeheimnissen, allgemeine Abrüstung, einen freien, offenen, absolut unparteiischen Ausgleich aller Kolonialforderungen, wobei die Interessen der betroffenen Bevölkerung ebenso berücksichtigt werden müßten wie die der Kolonialmächte, die vollständige Räumung russischen Territoriums von fremden Truppen und eine Regelung aller Rußland betreffenden Fragen dergestalt, daß dieses Land über seine eigene Entwicklung frei entscheiden und sich mit seinen selbstgewählten Vertretungsorganen in der Gesellschaft der freien Nationen willkommen fühlen könne. Belgien müsse geräumt und seine Souveränität wiederhergestellt werden, besetztes französisches Gebiet ebenso. Das Unrecht, das Preußen Frankreich 1871 angetan habe, müsse gutgemacht werden (should be righted). Die Grenzen Italiens gelte es entlang klar erkennbarer Nationalitätslinien (along clearly recognizable lines of nationality) neu zu ziehen. Die Völker Österreich-Ungarns

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