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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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Krieg zu meistern.
    Zu dem Zeitpunkt, als Hitler und Himmler ihre Geheimreden hielten, waren die nächsten Etappen der gewaltsamen Machterweiterung Deutschlands bereits festgelegt: Am 21. Oktober hatte Hitler die Weisung zur «Erledigung der Rest-Tschechei» sowie zur Inbesitznahme des (1923 von Litauen annektierten, seit 1924 autonomen) Memellandes gegeben. Am 24. November ergänzte er diese Instruktionen um den Befehl, die Besetzung der Freien Stadt Danzig vorzubereiten, die auf Grund des Vertrages von Versailles seit 1920 unter dem Schutz des Völkerbunds stand.
    Mit der Danzigfrage rückte Polen ins Visier der expansiven deutschen Machtpolitik. Am 24. Oktober schlug Außenminister von Ribbentrop dem polnischen Botschafter Lipski ein Arrangement vor. Seine wichtigsten Punkte waren die Rückkehr Danzigs zum Deutschen Reich, exterritoriale Verkehrsverbindungen zwischen Ostpreußen und dem übrigen Reich, ein polnischer Freihafen auf Danziger Gebiet mit ebenfalls exterritorialer Verbindung dorthin, Verlängerung des Nichtangriffpaktes um 25 Jahre, Beitritt Polens zum Antikominternpakt. Wäre Polen auf die deutschen Vorschläge eingegangen, hätte es allenfallsnoch als deutscher Juniorpartner beim sicherlich wenig später beginnenden Krieg gegen die Sowjetunion eine ungewisse Zukunft gehabt: eine Aussicht, die von einer Selbstpreisgabe Polens kaum noch zu unterscheiden war.
    Als Hitler am 5. Januar 1939 dem polnischen Außenminister Józef Beck in Berchtesgaden dieselben Vorstellungen in leicht abgewandelter Form nahezubringen versuchte, sagte dieser zwar noch nicht definitiv Nein, ließ aber keinen Zweifel daran, daß ein Verschwinden des Freistaates Danzig der öffentlichen Meinung Polens nicht zuzumuten sei. Die endgültige Zurückweisung erfolgte drei Wochen später anläßlich eines Besuches von Ribbentrop in Warschau zwischen dem 25. und 27. Januar. Die Kompensationen, die der deutsche Außenminister in der gemeinsam zu erobernden Sowjetukraine in Aussicht stellte, waren nicht geeignet, die polnische Staatsführung unter Präsident Moscicki, Marschall Rydz-Smigly und Beck zu einer Änderung ihrer Position zu bewegen. «Wir sind doch keine Tschechen», beschied der polnische Außenminister seinen deutschen Kollegen.
    Am 10. Februar 1939 legte Hitler vor Truppenkommandeuren dar, was ihn antrieb, auf Krieg und nur auf Krieg zu setzen. Die Erfolge von 1938 waren demnach lediglich Zwischenstationen auf dem Weg zu einem viel ehrgeizigeren Ziel. «Als im Jahre 1918 der Zusammenbruch erfolgte, hat das ziffernmäßig stärkste Volk Europas seine machtpolitische Stellung verloren und damit die Möglichkeit einer Durchsetzung seiner wichtigsten und natürlichsten Lebensinteressen mit allen Mitteln und unter allen Umständen. Es handelt sich wirklich um das stärkste Volk nicht nur Europas, sondern … praktisch der Welt.» Es gehe darum, «die Interessen unseres Volkes zu vertreten, als ob das Schicksal unserer Rasse in kommenden Jahrhunderten ausschließlich heute in unsere Hand gelegt wäre … Wir können uns nicht freisprechen von der Verpflichtung, so zu handeln, als ob tatsächlich durch unser Handeln jetzt die ganze deutsche Zukunft gestaltet würde … Wir haben wiedergutzumachen, was drei Jahrhunderte versäumten … Seit dem Westfälischen Frieden ist unser Volk einen Weg gegangen, der uns von der Weltmacht immer mehr zur Verelendung und zur politischen Ohnmacht führte.» Deutschland stehe mit seiner Erneuerung, die 1933 begonnen habe, nicht am Ende seines Weges, sondern erst am Beginn. Und auch darin war sich Hitler sicher: «Der nächste Krieg wird ein Weltanschauungskrieg, d.h. bewußt ein Volks- und ein Rassenkrieg sein.»
    Die Rede vom 10. Februar 1939 machte klar, was Hitlers Programm von dem der wilhelminisch geprägten alten Eliten unterschied: Sie wollten hinter den Ersten Weltkrieg, er wollte hinter den Dreißigjährigen Krieg zurück; sie meinten, deutsche Interessen zu vertreten, er wußte sich im Besitz der einzig richtigen, der nationalsozialistischen Weltanschauung. Wenn Hitler von «Weltmacht» sprach, benutzte er einen Begriff, der seinen Zuhörern geläufig war. Aber für den Mann, der an der Spitze des angeblich stärksten Volkes der Welt stand, genügte es nicht, eine Weltmacht unter anderen zu führen; das Reich mußte zum stärksten Weltreich werden, was auf Weltherrschaft hinauslief. In diesen Zusammenhang paßte es, daß Hitler Ende Januar 1939 den Bau einer großen

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