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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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die letzteren seit 1935 ein «Commonwealth» mit innenpolitischer Autonomie, aber unteramerikanische Kontrolle von Verteidigung und Außenpolitik, sein würden als das Territorium der USA. Hinweise, daß ein Angriff auf den Kriegshafen von Pearl Harbor auf Hawaii bevorstand, wo ein Großteil der pazifischen Flotte vor Anker lag, gab es durchaus, unter anderem aus der amerikanischen Botschaft in Peru. Sie gingen aber in der Flut der eingegangenen Meldungen unter oder wurden nicht ernst genommen. Tatsächlich stand Pearl Harbor seit geraumer Zeit auf dem ersten Platz der japanischen Zielplanung. Am 26. November lief von den Kurilen aus eine Expeditionsflotte mit Kurs auf Hawaii aus. Zu ihr gehörten auch sechs Flugzeugträger.
    Am 7. Dezember 1941 und 7.55 Uhr Ortszeit, 14 Uhr 25 Washingtoner Zeit, griffen die ersten japanischen Bomber Pearl Harbor an; eine Stunde später folgte eine zweite Angriffswelle. Dabei wurden drei Kreuzer, acht Schlachtschiffe und vier weitere Schiffe versenkt oder schwer beschädigt. 188 Flugzeuge wurden zerstört, 159 waren nicht mehr einsatzfähig. Über 2400 Angehörige der amerikanischen Streitkräfte kamen ums Leben, fast 1200 wurden verwundet. Flugzeugträger wurden nicht getroffen, weil sie sich auf See befanden. Verschont blieben auch die Bunker der amerikanischen U-Boote. Um dieselbe Zeit begannen japanische Angriffe auf die malaiische Halbinsel, auf Singapur und bald darauf auf die Philippinen und Hongkong. Am 10. Dezember wurde die amerikanische Insel Guam erobert.
    Pearl Harbor war der «Zwischenfall», der den Kriegseintritt der USA zur Folge hatte – auch wenn der Präsident einen solchen Vorfall eher im Atlantik als im Pazifik erwartet hatte. Daß Roosevelt über Zeit und Ort des japanischen Angriffs informiert gewesen sei, aber bewußt nichts gegen den Schlag unternommen habe, um den Krieg zur vollendeten Tatsache zu machen, gehört in den Bereich der Verschwörungslegenden. Die für die militärische Sicherheit zuständigen Organe hatten kläglich versagt, aber nachdem der japanische Überfall stattgefunden hatte, ging der Präsident kein Risiko mehr ein, als er am 8. Dezember den Kongreß um die Zustimmung zur Kriegserklärung an Japan bat. Der Senat billigte den Antrag einstimmig, das Repräsentantenhaus mit nur einer Gegenstimme.
    Ein Krieg mit Deutschland folgte daraus keineswegs zwangsläufig. Aber Hitler wollte den Krieg mit den USA, weil er nur so Japan fest an sich binden, den angelsächsischen mit dem asiatischen Krieg verschmelzen und so aus zwei getrennten Kriegen einen Weltkrieg machenkonnte. Am 11. Dezember informierte er den Großdeutschen Reichstag über das soeben zwischen Deutschland, Italien und Japan geschlossene Abkommen, wonach die drei Mächte den «ihnen von den Vereinigten Staaten von Amerika und England aufgezwungenen Krieg» mit allen ihnen zu Gebote stehenden Mitteln bis zum siegreichen Ende führen wollten und sich verpflichteten, weder mit den USA noch mit Großbritannien ohne volles gegenseitiges Einvernehmen einen Waffenstillstand oder Frieden zu schließen.
    Doch möglicherweise waren es nicht nur militärstrategische Gründe, die Hitler zur Kriegserklärung an Amerika und damit zur Globalisierung des Krieges veranlaßten. Seit dem 1. September hatte er immer wieder mit der Vernichtung der jüdischen Rasse in Europa für den Fall gedroht, daß es dem «internationalen Finanzjudentum» gelingen sollte, die Völker noch einmal in einen Weltkrieg zu stürzen. Jetzt war der Weltkrieg eine Tatsache, und Hitler konnte mit dem beginnen, was er seit langem tun wollte, aber bisher noch nicht angeordnet hatte: mit der systematischen Ausrottung des Judentums in
ganz
Europa.[ 10 ]

Genesis eines Völkermords:
Die «Endlösung der Judenfrage» (I)
    Bis in den Sommer 1941 hinein hatte es in der nationalsozialistischen Führung noch keine letzte Klarheit darüber gegeben, was in den von der Wehrmacht besetzten Gebieten mit den Juden geschehen sollte. Nach der Besetzung und Teilung Polens war in Berlin zunächst über eine «territoriale» Lösung
in
Polen, und zwar im östlichen Distrikt des Generalgouvernements, Lublin, nachgedacht worden. Dort sollte nach den Vorstellungen Hitlers und Himmlers ein besonderer Judenbezirk entstehen. Doch bereits die ersten Deportationen von Oktober bis Dezember 1939, von denen fast 90.000 Menschen betroffen waren, verliefen so chaotisch, daß Generalgouverneur Hans Frank sich massiv gegen weitere Transporte dieser

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