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Geschichte des Westens

Geschichte des Westens

Titel: Geschichte des Westens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich August Winkler
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jugoslawischen Exilregierung, die in London residierten, betonte Nedic sogar, daß er sich nur als ihr Platzhalter verstehe. Mit dem konservativen Widerstand um Oberst Draza Mihajlovic insgeheim liiert war auch die von Nedic gebildete und von den Deutschen tolerierte, etwa 18.000 Mann starke, bewaffnete Gendarmerie, die Serbische Staatswache, wohingegen das kleinere, von Dimitrije Ljotic, dem Gründer der christlich-nationalistischen Zbor-Bewegung, geführte Serbische Freiwilligenkorps mit 3600 Mann eindeutig im Lager der Kollaboration stand.
    Die kommunistischen Partisanen unter Josip Broz Tito, einem gebürtigen Kroaten, erhielten, nachdem die Komintern im Juli 1941 zum Befreiungskampf gegen die deutschen Unterjocher aufgerufen hatte, in vielen Teilen Jugoslawiens starken Zulauf. Im Frühherbst zählten sie bereits 15.000 Mann. Die Zahl der Sabotageakte und Anschläge auf Angehörige und Einrichtungen der Wehrmacht und der serbischen Gendarmerie stieg von 97 im Juli auf 892 im September 1941. Die deutsche Reaktion waren exzessive «Sühnemaßnahmen» nach der von dem Kommandierenden General Franz Böhme ausgegebenen Devise, wonach auf einen getöteten deutschen Soldaten hundert serbische Geiseln zu erschießen waren. Zwischen April 1941 und Februar 1942 wurden über 20.000 Zivilisten, darunter Tausende von Juden, erschossen. Darunter waren 2300 Bewohner der Stadt Kragujevac, darunter Schüler und Lehrer des örtlichen Gymnasiums und Juden, die am 21. Oktober 1941 von Truppen der Wehrmacht (und nicht etwa von der SS) exekutiert wurden.
    Der Terror der Deutschen und der kroatischen Ustascha trieb der kommunistischen Partisanenbewegung neue Anhänger zu, darunter auch Nichtkommunisten, die von der abwartenden Haltung der Tschetniks enttäuscht waren. Aus Serbien freilich mußten Titos Kampfeinheiten sich, nachdem ihre Hochburg, die zur «Republik» erklärtewestserbische Stadt Uzice, im November 1941 von den Deutschen erobert worden war, zunächst zurückziehen und den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten in das italienische Protektorat Montenegro sowie ins westliche Bosnien und die Herzegowina verlagern, die zur italienischen Besatzungs- und Einflußzone des «Unabhängigen Staates Kroatien» gehörten. Versuche, zu einer Verständigung zwischen Tito und Mihajlovic zu gelangen, scheiterten an der Unvereinbarkeit ihrer Positionen. Schon im November 1941 kam es zu ersten blutigen Zusammenstößen zwischen den Tschetniks und kommunistischen Partisanen, wobei sich beide Seiten an Grausamkeit gegenüber dem Gegner in nichts nachstanden.
    Aus Hitlers Sicht waren die beiden verfeindeten Partisanenlager gleichermaßen gefährlich, und das umso mehr, als er seit dem Fall von El-Alamein im Oktober 1942 mit einer alliierten Invasion auf dem Balkan rechnete. Im Januar 1943 gelang es deutschen, italienischen und kroatischen Verbänden, das Gros von Titos Nationaler Befreiungsarmee in Südkroatien und Westbosnien zu vernichten. Die kommunistischen Kräfte waren aber immer noch stark genug, um im Februar 1943 den Tschetniks in der Schlacht an der Neretva eine schwere Niederlage beizubringen. Im Mai entkamen sie unter schweren Verlusten der Umklammerung durch Deutsche und Italiener in der Schlacht an der Sutjeska. Kurz darauf erlebten sie den Triumph, daß ein großer Teil der Tschetnik-Verbände von den Achsenmächten entwaffnet wurde.
    Im November 1943 trat im bosnischen Jajce der von Tito einberufene zweite Kongreß des Antifaschistischen Rates der Volksbefreiung Jugoslawiens zusammen. Er beschloß, das künftige Jugoslawien als Föderation aufzubauen, setzte eine provisorische Regierung unter der Präsidentschaft Titos ein, untersagte König Peter II. die Rückkehr und bestritt das Recht der Exilregierung in London, für Jugoslawien zu sprechen. Stalin, bis dahin Titos einziger Verbündeter im alliierten Lager, sah in der Einsetzung der provisorischen Regierung eine Bedrohung des breiten ost-westlichen Anti-Hitler-Bündnisses und reagierte entsprechend empört. Churchill hingegen, der bislang Mihajlovic unterstützt hatte, war Realist genug, um sich umzuorientieren. Er setzte fortan auf Tito und begann, dessen Partisanenbewegung im großen Stil mit Munition und Waffen zu versorgen.
    Was Tito ebensosehr zugute kam, war die Kapitulation Italiensim September 1943 – ein Ereignis, auf das noch ausführlich zurückzukommen sein wird. Die kommunistische Partisanenbewegung konnte infolge dieser unerwarteten Wendung ihre

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