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Geschichte Hessens

Geschichte Hessens

Titel: Geschichte Hessens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank-Lothar Kroll
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Wilhelms Sohn Wilhelm (1792–1839) fiel. Das neugeschaffene Herzogtum besaß ein relativ geschlossenes Staatsgebiet im Raum zwischen Main, Rhein, Lahn und Sieg, womit die bisher für die Region so charakteristische territoriale Zersplitterung überwunden war.
    Das Kurfürstentum Hessen-Kassel wiederum versuchte, anders als Hessen-Darmstadt und Nassau, sich in den Napoleonischen Kriegen neutral zu verhalten, wurde dann aber in den Zusammenbruch Preußens hineingezogen, als souveräner Staat aufgelöst und zum überwiegenden Teil dem 1807 neugeschaffenen Königreich Westphalen zugeschlagen. Dieser NapoleonischeModellstaat wurde aus ehemals braunschweigischen, hannoverschen, sächsischen, thüringischen, preußischen und eben hessischen Besitzungen zusammengestellt und von Napoleons Bruder Jérôme Bonaparte (1784–1860) regiert. Ebenfalls von Napoleons Gnaden entstand aus Frankfurt, Hanau, Fulda und weiteren Teilen Hessens 1806 das Großherzogtum Frankfurt unter dem letzten Mainzer Erzkanzler Carl Theodor Freiherr von Dalberg (1744–1817). Dieser war zugleich von Frankfurt aus als «Fürstprimas von Deutschland» mit der Leitung des Rheinbundes betraut. Nassau-Dillenburg schließlich ging an das 1808 von Napoleon gegründete Großherzogtum Berg.
     
    Verfassungsgebung
. Als erster Staat auf deutschem Boden erhielt das
Königreich Westphalen
(Haupt- und Residenzstadt: Kassel) 1807 eine moderne Verfassung. Sie schuf eine repräsentative Volksvertretung, beseitigte alle Standesprivilegien, verbürgte Rechtsgleichheit und garantierte Religionsfreiheit, was vor allem der jüdischen Bevölkerung (wie übrigens auch im Großherzogtum Frankfurt) zugute kam. All das waren Errungenschaften von einigem Rang und Wert. Die Zustimmung der damals von ihnen profitierenden hessischen Landeskinder fanden sie gleichwohl nur vereinzelt. Widerstand und Abneigung gegen die französische Verwaltung waren vielmehr von Anfang an weitverbreitet, besonders im Werraland, wo es mehrfach zu Aufständen kam. Dazu mochte beitragen, daß dem Königreich Westphalen – wie allen anderen hessischen Staaten von Napoleons Gnaden – auferlegt wurde, Truppenkontingente für die Kriege des französischen Kaiserreichs zur Verfügung zu stellen. Der Zusammenbruch des Napoleonischen Imperiums Ende 1813 wurde in Hessen jedenfalls als Befreiung begrüßt, die Rückkehr des abgesetzten und vertriebenen Fürstenhauses Brabant nach Kassel von der einheimischen Bevölkerung enthusiastisch gefeiert.
    Die modernisierenden Wirkungen, die den Napoleonischen Modellstaaten auf hessischem Boden innewohnten, waren in ihrem Umfang und Ausmaß begrenzt. Die Entwicklung einer verfassungsstaatlich fundamentierten Bürgergesellschaft dürfte wohl weniger aus der Übernahme weithin ungeliebter französischerReformmodelle in Verwaltung und Steuerwesen resultiert haben als vielmehr den veränderten territorialpolitischen Gegebenheiten zu verdanken gewesen sein. Nach den Bestimmungen des Wiener Kongresses konnten sich insgesamt sechs verschiedene Territorien als souveräne Mitgliedstaaten des 1815 gegründeten Deutschen Bundes auf dem Gebiet des heutigen Landes Hessen behaupten: Kurhessen, Hessen-Darmstadt, Nassau, Hessen-Homburg, Waldeck und Frankfurt am Main. Wie manchen anderen Landesherrn im süddeutschen Raum, erschien es auch den Regenten von Hessen-Darmstadt und Nassau ratsam, die heterogenen Gebietsteile ihrer neu zugeschnittenen Staaten durch den Erlaß einer Verfassung miteinander zu verklammern und ihnen mittels einer Volksvertretung, die auf Grundlage dieser Verfassung gewählt wurde, ein integratives gesamtstaatliches Landesbewußtsein zu verschaffen.
    Die 1820 für das
Großherzogtum Hessen-Darmstadt
in Kraft getretene Verfassung reihte das Land in die Riege der süddeutschen Verfassungsstaaten Bayern, Baden und Württemberg ein – in deutlichem Unterschied zu den beiden größten deutschen Ländern, Preußen und Österreich, die bis zur Revolution von 1848/49 ohne Verfassung bleiben sollten. Wie in den übrigen Konstitutionen Süddeutschlands sprach die großherzoglich-hessische Verfassung dem Monarchen zwar alle Gewalt im Staat zu. Doch sie gewährte auch der Abgeordnetenkammer, dem «Landtag», umfassende Mitwirkungsrechte bei der Gesetzgebung und der Verabschiedung des Haushalts. Gewählt wurde im Großherzogtum auf der Grundlage eines ungleichen Wahlrechts, das sich am Steueraufkommen des einzelnen Wählers orientierte. Zugleich enthielt die Verfassung

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