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Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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abschminken.« Mir graute schon, wenn ich nur daran dachte. »Echt blöd, ich weiß, aber was will man machen?«
    »Verflixt noch eins, Mikey. Einen schlechteren Zeitpunkt hättest du dir kaum aussuchen können … hey, paß doch auf!« Scott oder Todd oder wer auch immer sprang aus dem Weg, als der kleine Traktor an uns vorbeijuckelte. Ich hattenicht den Eindruck, um Haaresbreite einem Unfall entgangen zu sein, aber er war stocksauer. »He,
du da!
« brüllte er.
    Der Fahrer hielt den Trecker an und sah sich ängstlich nach Todd/Scott/Ronnie um. »Meinen Sie mich, Sir?«
    »Wen denn sonst, Bursche? Was fällt dir ein, uns hier fast über den Haufen zu fahren?«
    »Es tut mir leid, Sir. Ich dachte, es wäre genug Platz.«
    »Das nächste Mal machst du gefälligst deine Negeraugen auf, Bursche, haben wir uns verstanden?«
    »Jawohl, Sir. Bitte entschuldigen Sie, Sir.«
    Ich war vor Schreck wie gelähmt. Jetzt wußte ich plötzlich, was hier die ganze Zeit gefehlt hatte. Ich kam mir blöd vor und schämte mich, weil es mir nicht früher aufgefallen war.
    Ich hatte nur weiße Studenten gesehen. Durch die Bank. Jeder einzelne war blütenweiß.
    Der Traktor fuhr weiter.
    »Bimbos!« Scott/Ronnie/Todd spuckte aus. »Die haben einfach keinen Respekt.«
    »Während du voll davon bist«, sagte ich.
    »Bitte?«
    »Respekt«, sagte ich. »Du weißt noch, was Respekt ist.«
    »Ja, sicher«, er nickte. »Das versteht sich doch von selbst. Sag an, Mikey, was hast du heute so vor?«
    »Ach, ich muß einiges aufarbeiten«, sagte ich mit trockenem Mund. »Vielleicht sehen wir uns später noch.«
    »Na logo. Bis dann, Bud.«
    »Äh, wart mal«, rief ich ihm nach, weil ich merkte, daß ich Steve jetzt erst recht sehen mußte, ob er wollte oder nicht. »Ich hab völlig vergessen, wo Steve wohnt.«
    »Burns? In Dickinson.«
    »Dickinson, klar. Danke.«
    »Aber sieh dich bei ihm vor, Mikey. Du kennst seinen Ruf.« Scott/Todd/Ronnie warf sich in die Pose der schmachtenden Schwuchtel.
    »Dummes Zeug, da ist gar nichts dran«, sagte ich. »Der steht auf Jo-Beth. Weißt du, die Kellnerin bei PJ?«
    »Echt wahr? Ei verpucht, dieser süße Pfirsich. Ja, ist es denn die Möglichkeit, altes Haus?«
    Es dauerte lange, bis jemand bei mir unten durch war. Aber Ronnie/Todd/Scott, wurde mir klar, war ein formidables Arschloch.
    Aber vielleicht, dachte ich, während ich drei verschiedenen Wegbeschreibungen nach Dickinson Hall zu folgen versuchte, vielleicht war ich auch das Arschloch. Hätte Amerika nicht seit Jahrzehnten mit Europa im Clinch gelegen, dann wäre Todd/Ronnie/Scott vielleicht ein ganz anderer Mensch geworden. Ich hatte ihm das angetan.
    Ach i wo, das war alles genetisch bedingt. Gene, Gene, nichts als Gene. Man brauchte sich doch bloß Dietrich Bauer anzusehen, Leos Vater. In der einen Welt ein Hurensohn, der nach Auschwitz ging und Juden ausrottete, und in einer anderen Welt ein Hurensohn, der nach Auschwitz ging und Juden ausrottete. Und sein Sohn war in beiden Welten ein guter Mensch geworden, wenn auch mit einem etwas übertriebenen Schuldkomplex.
    Aber es war immer vorherbestimmt, egal von welcher Seite man es betrachtete. Der Wille der Geschichte oder der Wille der DNS. Was war aus unserem freien Willen geworden? Vielleicht stieß ich in meinem Zimmer in Henry Hall auf philosophische Unterlagen, die mir in diesem Wirrwarr weiterhalfen. Aber jetzt war erst einmal Dickinson Hall angesagt.
    Ein rothaariger Student mit einem Bücherstapel auf den Armen lief mir über den Weg.
    »Burns? Gleich den Flur da runter. 105. Vorne dann links.«
    »Wow, muchas gracias, Alter.«
    »Häh?«
    »Ach, nichts«, sagte ich, »eine Dankesformel aus längst vergangnen Zeiten.«
    »Ach so. Gern geschehen.«
    Steve öffnete die Tür und rieb sich den Schlaf aus den Augen.
    »Was ist?« fragte ich. »Willst du mich nicht reinbitten?«
    »Mist«, sagte er und ließ mich vorbei. »Ich hatte gehofft, ich hätte alles bloß geträumt.«
    Steves Wände waren über und über mit Postern bedeckt. Ein Porträt von Duke Ellington – so,
der
hatte die Kontamination der Geschichte also unbeschadet überstanden, freute ich mich, das war doch wenigstens etwas – und haufenweise Mädchenbilder. Große, vollbusige, blonde Pamela-Anderson-Typen mit kalten, halb geschlossenen Augen und genug Rouge, um das Weiße Haus ziegelrot zu streichen.
    »Hm«, sagte ich, als ich sie mir näher ansah. »Die Dame, wie mich dünkt, gelobt zuviel.«
    »Jetzt paß mal auf, Mike«, sagte

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