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Geschichte machen: Roman (German Edition)

Geschichte machen: Roman (German Edition)

Titel: Geschichte machen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
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was gemerkt hast. Ich hasse Baseball, aber wenn du der Pitcher warst, hab ich mir das ganze Spiel angeschaut. Vorgestern hab ich zufällig mitbekommen, wie du jemandem erzählt hast, du würdest dir abends bei der Clio die Diskussion anhören, deswegen bin ich auch hingegangen. Hab hinterdir gesessen. Dann habt ihr, also du, Todd, Scott und deine Sportkameraden, euch gelangweilt und seid ins A & B gezogen, und ich bin wieder hinterher. Ich saß ganz in der Nähe, als ihr euch betrunken habt, und gehörte plötzlich zur Gruppe.«
    Die Kaffeemaschine zischte und spuckte. Ich ging rüber und goß uns zwei Becher voll. Die Maschine war von Krups, fiel mir auf. Manches ändert sich eben nie.
    »Dann warst du plötzlich weggetreten«, sagte Steve. »Deine feinen Freunde hatten die Hosen voll, und ich durfte dich nach Hause bringen und dafür sorgen, daß dir nichts passiert. Als ich dich dann gestern morgen gesehen habe, hast du schon anders gewirkt. Es lag an deinen Augen. Die hatten sich irgendwie verändert.«
    Er trat an seinen Schreibtisch, zog eine Schublade auf und holte ein Photoalbum heraus. Er reichte es mir und setzte sich mit seinem Kaffee in einen Sessel.
    »Ich kenne dein Gesicht ziemlich gut«, sagte er, während ich die Photos durchsah. »Wenn dir irgend jemand eine Veränderung anmerkt, dann bin ich es.«
    Es waren Hunderte. Ich allein beim Spaziergang über den Campus. Ich bei irgendwelchen Faxen mit Todd, Scott und Ronnie. Ich in Baseballklamotten beim Pitchen, Batten, Triumphieren und Wüten mit in die Hüften gestemmten Händen vor einem Batter. Ich im Wintermantel und vor Kälte hochgezogenen Schultern. Ich beim Rudern auf einem Teich. Ich beim Sonnenbaden. Ich beim Lesen auf dem Rasen. Ich mit einem Mädchen im Arm. Ich beim Küssen. Ich auf einer Teleobjektivaufnahme, wo ich haarscharf an der Kamera vorbeisah, als ahnte ich, daß ich beobachtet werde. Ich schloß das Album.
    »Wow«, sagte ich.
    »Jetzt weißt du Bescheid.«
    »Steve, es tut mir ja so leid.«
    »Leid? Wieso soll dir das leid tun?«
    »Du mußt so unglücklich gewesen sein. So einsam.«
    Er sah in seinen Kaffee. »Na ja, ich werde mich an meine Gesellschaft gewöhnen müssen, oder? Bin schließlich für den Rest meines Lebens darauf angewiesen. Also warum groß lamentieren?«
    »Ich weiß nicht, ob es ein Trost ist«, sagte ich, »aber nach dem wenigen, was ich von Scott, Todd und Ronnie mitbekommen habe, sind das drei absolute Arschlöcher.«
    Steve grinste. »Ach nein, sag bloß?«
    »Und so, wie ich mich kenne, kann ich mir nicht vorstellen, daß ich hier besonders glücklich gewesen sein soll.«
    »Nein? Das hab ich auch manchmal gedacht. Ich hab mir dann gedacht, daß dir irgendwas fehlte. Und natürlich hatte ich gehofft …« Er verstummte.
    Ich schlürfte meinen Kaffee, empfand sowohl Mitleid als auch Eitelkeit, aber eigentlich war ich schon wieder beim Pläneschmieden.
    »Wie war das in England?« fragte Steve. »Warst du in deiner Welt so richtig rundrum glücklich?«
    »Das weiß ich nicht genau. Ich glaube schon. Ich nehme an … also wahrscheinlich hat mich genau wie dich die Aussicht angekotzt, einen Beruf zu ergreifen, zu heiraten, eine Familie zu gründen, ein Haus zu bauen, die ganze Spießerkacke. Das Wichtigste hatte ich aus den Augen verloren.«
    »Und jetzt hast du’s wieder im Blick?«
    »Das Wichtigste ist, daß es nichts Wichtiges gibt. Das ist das Wichtigste.«
    »Sonst noch Lebensweisheiten auf Lager? Da merkt man doch gleich, daß du Philosophie studierst.«
    Ich setzte mich auf den Schreibtisch. »Was hast du denn erwartet? Ich habe dir diese Suppe eingebrockt, aber glaubst du vielleicht, ich könnte jetzt die Patentlösung aus dem Hut zaubern?«
    »Das Leben geht also einfach so weiter, ja? Und was wird aus deiner Welt der Karnevalsfeste, der Gleichberechtigungund der Hochzeiten auf Hawaii? Muß ich nur wie im
Wizard of Oz
zweimal die Hacken meiner roten Pantoffeln zusammenschlagen, es mir ganz doll wünschen, und schwupps bin ich drüben? Muß ich einen mysteriösen Ort finden, wo ich einfach die Hand durch die Wand stecke und in dein Paralleluniversum rüberdackel? Oder willst du mir vielleicht weismachen, meine Bestimmung sei es, für eine schöne neue Welt der brüderlichen Liebe zu kämpfen, und ich würde ein Rebellenführer werden, der Begründer eines neuen Amerika, der seine Kinder ins Gelobte Land führt? Und danach verschwindest du in einem Rauchwölkchen? Ist das der Deal?«
    »Nein, Steve«,

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