Geschichten aus dem Ringwelt-Universum
Leuten aufstellen, mit denen er übereinstimmt, oder?«
»Ich…schätze, ich mag einfach keine Leute, die keine Meinung haben.« Mrs. Hawthorne stand auf. Sie hatte seit ein paar Stunden im Schneidersitz gesessen. »Weiß jemand, ob es hier einen Getränkeautomaten gibt?«
Es gab natürlich keinen. Kein privates Unternehmen würde das Risiko eingehen, daß ihre Maschinen ein bis zweimal am Tag eingeschlagen würden. Aber sie hatte uns andere daran erinnert, daß wir durstig waren. Schließlich machten wir uns alle auf und marschierten in Richtung des Trinkbrunnens.
Alle bis auf den Mann mit dem Schild.
Mir hatte die Idee mit dem leeren Schild gefallen. Wie seltsam, wie bedenklich, daß ein so grundlegendes Recht wie die Redefreiheit von einem so kleinen Ding wie einem schwebenden Monitor abhängen konnte.
Ich hatte Durst.
Der Park war hell erleuchtet von den Lichtern der Stadt, die scharfkantige Schatten warfen. In einem solchen Licht scheint es einem, daß man mehr sehen kann, als wirklich der Fall ist. Ich konnte in jeden Schatten hineinsehen; aber obwohl ringsum Unruhe herrschte, konnte ich niemanden sehen, bis er sich tatsächlich bewegte. Wir vier, die wir unter einer Eiche saßen, mit dem Rücken gegen den mächtigen Stamm gelehnt, mußten von jeder Entfernung aus unsichtbar sein.
Wir redeten wenig. Der Park war ruhig, abgesehen von gelegentlichem Gelächter vom Trinkbrunnen her.
Ich konnte meinen Durst nicht vergessen. Ich konnte fühlen, daß andere um mich auch durstig waren. Der Trinkbrunnen stand direkt vor uns im Freien, ein massiver Block aus Beton umgeben von fünf Männern.
Sie trugen alle dieselbe Kleidung, Papiershorts mit aufgesetzten Taschen. Sie sahen alle genauso aus: wie durchtrainierte Athleten. Vielleicht gehörten sie demselben Klub, einer Studentenverbindung oder einer Wehrsportgruppe an.
Sie hatten den Trinkbrunnen besetzt.
Wenn jemand kam und einen Schluck Wasser haben wollte, trat der große Blonde vor und hielt ihm den ausgestreckten Arm entgegen, mit der Handfläche nach außen. Er hatte einen breiten Mund und ein Grinsen, das anderweitig hätte ansteckend sein können, und eine tiefe, hallende Stimme. Er rief: »Zurück! Keiner darf vorbei außer dem unsterblichen Cthulhu…«, oder etwas gleich Albernes.
Das Dumme war, es war kein Ulk. Oder besser: Es war ein Ulk, aber sie ließen trotzdem niemand an den Brunnen.
Als* wir die Szene betraten, hatte ein Mädchen, das nur mit einem Handtuch bekleidet war, soeben versucht, sie zur Vernunft zu bringen. Es war ihr nicht gelungen. Es mochte sogar ihre Egos noch aufgebläht haben: ein hübsches, halbnacktes Mädchen, das sie um Wasser anbettelte. Schließlich hatte sie es aufgegeben und war weggegangen.
In jenem Licht könnte ihr Haar rot gewesen sein. Ich hoffte, daß es das Mädchen mit dem Mantel war.
Und ein fleischiger Mann in einem gelben Geschäftsoverall hatte den Fehler gemacht, auf seinen Rechten zu bestehen. Es war keine gute Nacht für Rechte. Der blonde Typ hatte ihn solange gereizt, bis er sich in wüsten Beschimpfungen erging und schließlich versuchte, den Burschen zu schlagen. Dann waren drei von ihnen auf ihn losgegangen.
Der Mann war schließlich auf Händen und Füßen weggekrochen, wobei er etwas von Polizei und Gerichtsverfahren stöhnte.
Warum hatte niemand etwas unternommen?
Ich hatte alles von meiner sitzenden Position aus mit angesehen. Ich konnte meine eigenen Gründe aufzählen. Erstens: es war schwer, sich vorzustellen, daß kein Monitor kommen und sie außer Gefecht setzen würde. Zweitens: ich mochte den kreischenden fetten Mann nicht besonders. Er brauchte schmutzige Ausdrücke. Drittens: ich hatte darauf gewartet, daß jemand anders eingreifen würde.
Mrs. Hawthorne sagte: »Ronald, wie spät ist es?«
Ron war womöglich der einzige Mensch im King’s Freipark, der die genaue Uhrzeit wußte. Gewöhnlich ließen die Leute ihre Wertsachen in Schließfächern am Eingang zurück. Aber vor Jahren, als Ron durch den Verkauf der gravierten Bierflaschen gerade gut bei Kasse war, hatte er sich eine Implantat-Uhr gekauft. Er konnte die Uhrzeit an einer roten Markierung und zwei roten Linien ablesen, die unter der Haut seines Handgelenks aufleuchteten.
Wir hatten die Frauen in die Mitte genommen, aber ich sah die Bewegung, als er auf sein Handgelenk blickte. »Viertel vor zwölf.«
»Ob sie sich nicht mit der Zeit langweilen und von selber weggehen? Es ist zwanzig Minuten her, seit jemand versucht
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