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Geschichten aus der Murkelei

Titel: Geschichten aus der Murkelei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Fallada
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das Dorf. Die Fenster guckten aus den Leuten und lachten, die Schweine nahmen ihre Mützen ab, und
     der alte Akazienbaum beim Gemeindevorsteher stand vor Vergnügen kopf, daß sich all seine Wurzeln sträubten.
    Als sie nun aus dem Dorf waren, sahen sie bei der alten Weide mitten auf dem Weg eine große Pfütze. »Hüh!« rief |42| der Schimmel und rüttelte die Zügel. Aber es war zu spät: Pappa hatte sich schon der Länge nach in die Pfütze gelegt und wollte
     nicht wieder aufstehen. »Da hilft alles nichts«, sprach der Schimmel. »Da müssen wir eben einmal verkehrte Welt spielen. Wir
     setzen den Pappa in den Wagen und ziehen.«
    Alle waren damit einverstanden, und rasch kamen sie so nach Feldberg. Frau Wendel stand schon vor der Tür vom »Deutschen Haus«
     und rief: »Was denkt ihr Rasselfamilie denn –?! Fix her und die Teller abgewaschen! Es wird höchste Zeit!«
    Sie wollten alle ins Haus, da kam Wachtmeister Heuer gegangen. »Wo ist denn das Katzenauge an euerm Wagen?« fragte er.
    »Erlauben Sie mal, Herr Wachtmeister«, sagte der Schimmel, »ich habe selbst die Tante Palitzsch als Katzenauge angemacht.«
    »Ich sehe keins«, sagte Wachtmeister Heuer. »Seht ihr eins?« Sie sahen auch keins.
    »Wo ist es nur?« fragte der Schimmel ängstlich. »Ob die Tante abgefallen ist –?«
    Aber sie wachte grade auf. »Entschuldigt bloß«, sagte sie und gähnte, »es war so heiß, und der Wagen stuckerte so, da habe
     ich schnell die Augen zugemacht.«
    »Ja, wenn Sie die Augen zumachen, kann man freilich kein Katzenauge sehen«, sagte der Wachtmeister streng. »Ihr habt kein
     Katzenauge gehabt – da hilft nun nichts: Ihr müßt alle ins Gefängnis.«
    »Zu Befehl, Herr Wachtmeister!« riefen sie alle. Aber Frau Wendel sagte: »Lassen Sie doch erst die Teller abwaschen, Heuer!«
    »Natürlich«, sagte der Wachtmeister. »Abwaschen muß man erst, ehe man ins Gefängnis darf. Ich helfe gleich selber mit.«
    Da gingen sie in die Küche. In der Küche standen alle Tische |43| und Stühle und der Herd und der Fußboden voller Geschirr. »Oje!« rief Mummi. »Das ist ja ein ziemlich langweiliger Tüterkram,
     wenn wir das alles abwaschen sollen. Und ich wollte so gerne auf Ihrem Klavier Radio spielen!«
    »Nein, das geht ganz schnell«, sagte der Pappa und nahm einen Teller. »Das Geschirr ist ja aus Gummi und nicht aus Porzellan.«
     Und damit warf er den Teller durch das offene Küchenfenster in den Haussee. Richtig, schwamm der Teller auf dem See. »Wir
     werfen einfach das ganze Geschirr in den See. Da wäscht es sich von selbst ab, und nachher fahren wir mit dem Motorboot herum
     und sammeln es sauber wieder ein«, sagte der Pappa.
    So taten sie, und die Teller und die Tassen und die Schüsseln und die Aufschnittplatten flogen immer schneller aus dem Fenster,
     und im See klatschte und spritzte es immerzu, und die Schwäne schwammen ärgerlich zischend fort, denn einen Teller auf den
     Kopf zu bekommen, auch wenn er bloß aus Gummi ist, ist nicht angenehm.
    Plötzlich aber griff Uli-Knulli nach einer ungeheuer großen Suppenterrine. »Nicht die, Uli!« schrie Frau Wendel. »Die ist
     bestimmt aus Porzellan und geht kaputt.«
    Aber Uli hatte schon geworfen, und er hatte der Terrine solchen Schwung gegeben, daß sie weit über den See fortflog. Sie stieg
     noch immer höher und höher und hörte nicht eher auf mit Steigen, bis sie als lieber Mond am Himmel leuchtete.
    »O Gott, o Gott!« rief Frau Wendel. »Ich sage es ja, immer diese ollen Jungens! Meine schöne Terrine! In was soll ich denn
     nun meine Suppe tun?!«
    »Da hast du aber was angerichtet, Junge«, sagte der Wachtmeister. »Gleich holst du die Terrine wieder!«
    Und Uli besann sich auch nicht lange, sondern er trat vorsichtig auf die glänzende Strahlenbahn, die vom Mond übern See bis
     ans Küchenfenster lag. Als er aber merkte, sie hielt, ging er immer kecker und schneller weiter und höher. Als |44| das die andern sahen, besannen sie sich nicht lange, sondern stiegen hintennach. Zuerst das Schwesterchen und dann die Miezi
     und Mummi und der Pappa und Wachtmeister Heuer und Frau Wendel, und ganz zuletzt ging der Schimmel. Der aber hatte sich Tante
     Palitzsch als Katzenauge an die Hinterbacken gemacht. »Denn mich soll keiner anfahren!«
    So stiegen sie immer höher und höher, und zuerst lag das Hotel Deutsches Haus ganz klein unter ihnen, und dann das ganze Städtel
     Feldberg mit seinem roten, spitzen Kirchturm, und dann die große, liebe,

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