Geschichten von der Bibel
sensationell wie die Art seiner Übergabe.«
»Ich weiß nicht«, sagte Moses nachdenklich, »er war, wenn man das so sagen kann, er war irgendwie aufgeregt.«
»Gut«, sagte Mirjam. »Wenn Gott irgendwie aufgeregt war, dann sei du morgen auch irgendwie aufgeregt, wenn du mit dem Pharao sprichst.«
Und sie hatte noch in der Nacht folgenden Vorschlag gemacht: »Du wirst Aaron mitnehmen, der soll aufpassen, was du sagst. Und du wirst auch mich mitnehmen, und ich werde darauf achten, wie du es sagst.«
Damit war Moses einverstanden.
Sie trafen Pharao Adikos unten am Nil, als er gerade sein Morgenbad nehmen wollte – genau, wie es Gott dem Moses vorausgesagt hatte.
»Laß unser Volk ziehen«, sagte Mirjam ohne Umschweife.
»Israel will für drei Tage in die Wüste, damit es seinem Gott ein Schlachtopfer darbringen kann«, ging der gewissenhafte Aaron ins Detail.
Moses holte lediglich tief Luft, pumpte seinen mächtigen Brustkorb auf und funkelte mit den Augen und bemühte sich, so aufgeregt wie möglich zu wirken.
Der Pharao ließ sich nicht beeindrucken, weder von Mirjams Flehen noch von der Sachlichkeit des Aaron und schon gar nicht von der Körperlichkeit des Moses.
»Nein!« sagte er. »Nein!«
»Und wenn ich dir sage, daß mir Gott die Macht gegeben hat, das Wasser des Nil in Blut zu verwandeln, was sagst du dann?«
»Nein«, sagte Adikos.
Da reichte Moses dem Aaron seinen Stab, und Aaron hielt den Stab über das Wasser des Nil, und aus dem Wasser des Nil wurde Blut.
Der Pharao aber blieb immer noch gelassen.
»Das will ich prüfen«, sagte er.
Er schickte seine Diener aus, die sollten die Versammlung der Magier zum Ufer des Nil rufen.
Die Zauberer kamen, und Bileam ben Beor führte sie an. Sie untersuchten das Blut aus dem Nil und nickten schließlich befriedigt.
»Das ist zwar ein guter Trick«, sagte Bileam ben Beor. »Aber es ist nur ein Trick. Mehr ist es nicht. Ich kann das auch.«
Bileam ben Beor schickte einen Diener mit einem Eimer zum nächsten Brunnen. Das Wasser des Brunnens war rein. Bileam ben Beor schleuderte das Wasser in die Luft, und als es auf den Boden fiel, war es rot wie Blut.
»So geht das«, sagte er.
»Wir werden Brunnen graben«, sagte Pharao Adikos zu Moses, Mirjam und Aaron. »Meinetwegen soll euer Gott den Nil in Blut verwandeln. Richtet ihm aus, der Pharao kann ihn nicht achten, solange er nicht mehr kann als meine Zauberer.«
Mirjam und Aaron waren niedergeschlagen, als sie neben Moses nach Gossem zurückgingen.
»Wir müssen dieses Mißgeschick unbedingt vor unseren Leuten verschweigen«, sagte Aaron. »Die Leute werden sonst an der Macht unseres Gottes zweifeln.«
»Die Leute werden auch an deiner Führerschaft zweifeln«, sagte Mirjam zu Moses.
»Erstens war es kein Mißgeschick«, sagte Moses, »zweitens ist die Macht Gottes unendlich, drittens wird an meiner Führerschaft niemand zweifeln. Im Gegenteil. Ein Kämpfer wird um so glaubwürdiger, je länger der Kampf dauert. Was soll das für ein Sieg sein, der sich im Handumdrehen einstellt?«
Und dann, nach wenigen Tagen bereits, erschien Gott dem Moses abermals, und wieder erschien er ihm in der Hütte, und diesmal war er von Anfang an ein kaltes, rauchloses, dunkles Feuer.
»Geh morgen noch einmal zum Pharao«, sprach die Stimme Gottes zu Moses. »Übergib ihm diesmal diese Botschaft: Mein Gott Jahwe, sage zu ihm, ist sehr zornig, er drängt darauf, daß ihm sein Volk ein Brandopfer darbringe. Gib Israel drei Tage, laß Israel in die Wüste ziehen!«
»Und der Pharao wird wieder nein sagen?«
»Der Pharao wird wieder nein sagen.«
»Und womit soll ich ihm diesmal drohen?«
»Was, glaubst du, ist das Schlimmste, was einem Herrscher wie dem Pharao zustoßen kann?« fragte Gott. »Wovor, denkst du, fürchtet er sich am meisten?«
Moses sagte: »Ich weiß nicht, er wird sich vor dem Tod am meisten fürchten wie jeder andere Mensch auch.«
Gott sagte: »Nein, Moses, der Pharao ist nicht wie jeder andere Mensch. Er fürchtet sich nicht vor dem Tod. Ich kenne ihn. Es gibt nichts Schlimmeres für ihn als der Ekel. Und weißt du, wovor er sich am meisten ekelt? Vor Fröschen. Sag ihm: Wenn er mein Volk nicht ziehen läßt, werde ich eine ekelhafte Froschplage über Ägypten schicken.«
Wieder lief Moses noch in derselben Nacht zu Aaron und Mirjam und erzählte.
Mirjam fragte: »Wie war er heute?«
»Irgendwie eifrig«, sagte Moses.
»Gut«, sagte Mirjam, »dann sei du ebenfalls irgendwie eifrig, wenn
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