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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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Vertreibung aus dem Paradies bevorstand, nämlich daß er »im Schweiß seines Angesichts sein Brot essen« wird, er nahm alles in Kauf, sogar den Tod, nur damit er dieses harte Stück Brot selber machen konnte. Diese Gier nach Selbständigkeit nennt Augustinus Hochmut. Und dieser Hochmut sammelte sich noch einmal, um ein Symbol menschlicher Selbständigkeit zu errichten, eben den Turm zu Babel.
    Gott zerstörte den Turm nicht. Er verwirrte die Sprachen der Arbeiter. Die Verwirrung der Sprachen machte, daß der Bau nicht zu Ende geführt wurde und der Turm schließlich zerfiel. Die Arbeiter verstanden einander nicht mehr, anstatt in einer Sprache wurde von nun an in siebenundsiebzig verschiedenen Sprachen gesprochen. So wurden die Menschen über die Erde zerstreut, und sie wurden einander fremd. Und sie haben sich verloren.
    Mit dem Turmbau zu Babel endet die biblische Urgeschichte.

ABRAM UND SARAI
    Von der Macht des Nimrod – Vom Haushalt des Terach – Vom Turm der Geburt – Vom Nichteinschreiten Gottes – Vom Finger des Erzengels – Von Abrams Jugend – Von Sarai – Von Lot – Von Eli ë ser – Von langen zwölf Jahren – Von Abrams Flucht nach Ägypten – Vom Pharao – Vom großen Kummer
     
    In der Stadt Ur lebte einst ein König, der hieß Nimrod. Die Forschung ist sich nicht sicher, ob es sich bei diesem Nimrod um denselben handelt, der den Turm zu Babel erbauen ließ, oder ob es dessen Nachfahre ist. Wie auch immer – für die Geschichte, die wir erzählen wollen, spielt Korrektheit in der Genealogie keine große Rolle.
    Nimrod war mächtig. Er war unbesiegbar. Seine Stärke rührte von der Wunderkraft her, die von den Gewändern der ersten Menschen ausging. Nimrod hatte sich die Felle von Adam und Eva angeeignet. Die einen sagen, er habe die Felle geerbt. Glaubwürdiger sind jene, die sagen, er habe die Kleider in einem Raubzug erbeutet.
    Nimrod war kein frommer Mann. Er bediente sich zwar des Zaubers, der den Kleidern Adams und Evas innewohnte, aber er betete nicht zu dem Gott von Adam und Eva. Im Gegenteil, er verhöhnte Gott.
    »Angenommen, es gibt ihn«, sagte er, »dann ist er einer, der sich von einem Menschen wie mir seine Zaubermittel stehlen läßt. Entweder, er ist schwach. Dann will ich ihn nicht anbeten. Oder aber, ich bin gar kein Mensch, sondern selbst ein Gott, und zwar ein stärkerer Gott als er, denn er wagt es nicht, mir seine Zaubermittel wegzunehmen.«
    »Letzteres! Letzteres!« riefen ihm seine Minister zu.
    »Das heißt, ihr meint, ich sei ein Gott?«
    Für die Minister war es günstig, das zu meinen. Also meinten sie es.
    »Ja, dann«, sagte Nimrod. »Dann werde ich Götzenbilder aufstellen lassen!«
    Diese Sache nahm Nimrod sehr ernst.
    Er rief die Weisesten des Landes zu sich und stellte ihnen die Frage: »Wie muß ein Gott sein?«
    Die Weisen berieten sich, und sie kamen zu dem Schluß: »Ein Gott muß Teil von allem sein, nur dann kann er als allmächtig gelten.«
    Also wollte Nimrod, daß die Menschen glaubten, er könne sich allem anverwandeln. Er wollte, daß die Menschen fürchten müssen, er habe die Macht, in ihre Herzen zu schauen.
    Deshalb verfügte er: »Fertigt so viele Götzenbilder an, wie Menschen in meinem Reich leben. Jeder soll in seinem Haus mein Bild haben. Die Bilder sollen meine Züge tragen, aber sie sollen auch die Züge der Besitzer tragen. So daß jeder Mann und jede Frau in meinem Bild auch sich selbst erkennen.«
    Die Malerei und Bildhauerei waren in dieser Zeit die lukrativsten Berufsstände.
    »Dreimal am Tag sollen sich meine Untertanen vor den Bildern niederknien!« befahl Nimrod. »Und wer an einem Bild vorbeigeht, muß den Hut vom Kopf nehmen. Und wer das nicht tut, weil er vielleicht Sorge hat, er könnte seinen Hut verlieren, dessen Sorge soll ernst genommen werden. Dem wird der Hut auf den Kopf genagelt!«
    Man tuschelte im Volk: »Nimrod hat ein Herz für alle.«
    Und man meinte damit: Er hat kein Herz.
    Nimrod hatte einen Kanzler, der war zugleich sein erster General, der hieß Terach. Terach kniete dreimal am Tag vor den Götzenbildern und zog den Hut, wenn er an einem Bild vorüberging. Aber er tat all das nur in der Öffentlichkeit. Zu Hause betete er zum alten Gott, zum Gott des Noah, zum Gott des Henoch, zum Gott des Adam.
    »Gott möge mir vergeben, daß ich kein Held bin«, sagte er zu sich.
    Terach war mit zwei Frauen verheiratet, Amitlai und Edna, und er hatte eine erwachsene Tochter, die lebte mit ihrem Mann im Haus ihres

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