Geschichten von der Bibel
Vaters. Eines Nachts lag Terach seinen beiden Frauen bei, zuerst war er bei Amitlai und dann bei Edna.
Amitlai sagte zu ihm: »Ich spüre es, ich habe empfangen, und ich weiß, es wird ein Knabe werden.«
Und auch Edna sagte zu Terach: »Ich spüre es, ich habe empfangen, und ich weiß, es wird ein Mädchen werden.«
Am nächsten Tag beim Frühstück stellte sich heraus, daß auch die Tochter des Terach in der Nacht ihrem Mann beigelegen hatte, und auch sie hatte gespürt, daß sie schwanger war, daß sie einen Knaben zur Welt bringen wird.
»Gott hat uns ein Zeichen gegeben«, sagte Terach »Und was hat dieses Zeichen zu bedeuten?« fragten die Frauen.
»Vielleicht, daß er mir verzeiht, daß ich kein Held bin«, sagte Terach.
»Und was bedeutet das Zeichen für uns?« fragten die Frauen.
»Keine Ahnung«, sagte Terach.
»Aber wir bringen die Kinder doch zur Welt«, sagten sie. »Werden es besondere Kinder sein?«
»Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen«, sagte Terach.
Es war eine bemerkenswerte Nacht, in der im Hause Terach drei Frauen schwanger wurden. In dieser Nacht sei ein Komet am Himmel erschienen, dieser Komet habe dicht über dem Horizont den Himmel umkreist und auf seiner Bahn vier große Sterne verschlungen.
Die Astrologen des Nimrod haben diesen Kometen beobachtet. Sie waren beunruhigt und haben in ihren Büchern nachgesehen und haben die richtigen Stellen gefunden, und sie gingen zu Nimrod.
»Hör zu, Nimrod, König und Gott, dieser Komet ist ein böses Vorzeichen für dich, denn in dieser Nacht ist ein Knabe gezeugt worden, und dieser Knabe wird deine Macht ruinieren. Und wenn nicht er, dann ein Nachfahre von ihm.«
Inzwischen glaubte Nimrod selbst, daß er ein Gott war. Und für einen Gott gibt es immer einen Ausweg. Für einen Gott gilt nur bedingt, was in den Sternen steht.
»Na gut«, sagte Nimrod, »dann werde ich dem vorbeugen. Ein Gott kann dem Schicksal vorbeugen. Menschen können das nicht. Gut, daß ich kein Mensch bin.«
Er befahl, einen Turm zu bauen. Noch einen Turm? Ja, aber nicht so hoch, wie der in Babel war. Es war gar nicht nötig, ihn so hoch zu bauen. Er sollte ja kein Wahrzeichen sein. Ein Turm der Geburt sollte es sein, und so wurde das Gebäude auch genannt.
Nach neun Monaten mußten alle schwangeren Frauen des Reiches nach Ur kommen und im Turm der Geburt gebären. Wenn eine Frau ein Mädchen zur Welt brachte, bekam sie Gold geschenkt. Wenn sie einen Knaben zur Welt brachte, so wurde dieser Knabe vom Turm geworfen, und er landete auf einem Lanzenfeld.
Terach, Kanzler und erster General, sollte die Operation organisieren und ihre Durchführung leiten. Er hatte niemandem verraten, daß seine Frau und seine Tochter ebenfalls ein Kind erwarteten und daß sie gespürt hatten, daß es Knaben werden würden. Terach ist einer, der in alles hineinschlittert. Er will nicht und tut es dann doch.
Erst hatte er zu seinen Frauen Amitlai und Edna gesagt: »Nein, unter gar keinen Umständen! Ich werde vor Nimrod hintreten und sagen, ich will diese Grausamkeit nicht organisieren, er muß sich einen anderen suchen.«
Und er war auch vor Nimrod hingetreten, aber als ihn der Blick des Herrschers traf, war aller Mut geschmolzen.
»Was ist?« hatte Nimrod gefragt.
»Ich wollte mich nur noch einmal persönlich dafür bedanken, daß du mir diese wunderbare Aufgabe übertragen hast«, hatte Terach gestammelt.
Zu Hause hatte er zu seinen Frauen gesagt: »Es ging nicht. Ich hatte eine furchtbare Auseinandersetzung mit ihm. Furchtbar! Ich habe geschrien! Ich habe ihm sogar gedroht! Ihr hättet mich sehen sollen! Angst und bang wäre euch geworden! Am Schluß hat er gesagt, er werde uns alle, euch, mich, unsere Kinder und Kindeskinder, alle werde er umbringen, wenn ich mich weigere, diese Sache zu organisieren.«
»Aber wir haben doch noch gar keine Kindeskinder«, sagten die Frauen.
»Aber wenn wir welche haben, wird er sie umbringen«, sagte Terach.
»Aber wie sollen wir je Kindeskinder haben, wenn wir vorher alle umgebracht werden«, sagten die Frauen.
Da blieb Terach nur noch das Machtwort. Terach war ein Opportunist, er hatte Angst, aber er war kein böser Mann. Er litt. Er litt entsetzlich. Er betete zu Gott. Flehte ihn an, er möge ihn, seine Frauen und deren Leibesfrucht retten. Für die anderen Frauen betete er nicht. Jeder muß für sich selber beten, hätte er gesagt, wenn man ihn darauf angesprochen hätte.
Als die Niederkünfte seiner Tochter und seiner Frauen
Weitere Kostenlose Bücher