Geschichten von der Bibel
bringt.
Eliëser war ja auch schon über hundert Jahre alt, und es war ein unendlich weiter Weg bis nach Ur, und Eliëser war auf den Füßen nicht mehr so gut. Da half der Himmel etwas nach, Gott schickte einen Engel, der ging hinter Eliëser her und blies Luft aus vollen Backen, und es war Eliëser, als käme ihm die Straße entgegengehüpft. Mir nichts, dir nichts war er am Ziel. Als Eliëser auf die Stadt Ur zuging, sah er große Herden auf den Weiden.
Da hielt er ein Zwiegespräch mit Gott und sagte: »Wenn ich jetzt gleich ein paar jungen Frauen begegnen sollte, woran kann ich die Beste erkennen?«
»Denk dir eine Geschichte aus«, sagte Gott.
»Na gut«, sagte Eliëser, »ich werde zum Brunnen gehen. Angenommen, es kommt eine junge Frau, und angenommen, die junge Frau grüßt mich freundlich, und sie sagt zu mir: Schöpfe Wasser aus dem Brunnen, derweil werde ich mich um deine Tiere sorgen. Und angenommen, sie sagt weiter: Komm in das Zelt meines Vaters, und sei unser Gast. Wenn all das geschieht«, sagte Eliëser zu Gott, »darf ich dann davon ausgehen, daß diese Frau die Richtige für unseren armen Isaak ist?«
»Dann darfst du davon ausgehen«, sagte Gott.
Eliëser wartete bei dem Brunnen. Und da kam eine junge Frau.
Sie stellte sich ihm vor: »Ich bin Rebekka«, sagte sie. »Ich bin Rebekka, die Tochter des Bethuel, die Schwester des Laban.« Und sie sprach weiter zu Eliëser: »Hier, schöpfe Wasser aus dem Brunnen, derweil gebe ich deinen Tieren zu trinken.«
Und als Eliëser getrunken hatte und die Tiere versorgt waren, sagte sie: »Komm doch mit in das Zelt meines Vaters, und sei unser Gast!«
Da wußte Eliëser, Gott hatte ihm die Richtige für den armen Isaak geschickt. Eliëser verhandelte mit Laban, dem Bruder der Rebekka, er hatte wunderbare Brautgeschenke mitgebracht, Abraham war ja sehr reich. Laban war ein geldgieriger Mann. Er nahm alle Geschenke und ließ sich obendrein das Versprechen geben, daß er in einem Jahr, falls Isaak mit Rebekka zufrieden sei, noch einmal soviel bekomme. Eliëser war einverstanden.
Da sagte Laban zu seiner Schwester: »Mögest du die Mutter von ungezählten Tausenden werden, und mögen all deine Kinder die Stadttore all jener besetzen, die sie hassen.«
So zog Rebekka zusammen mit Eliëser zurück zum Lager des Abraham. Von weitem sahen sie einen Mann, der auf den Händen dahergelaufen kam.
Rebekka fragte: »Wer ist das?«
Eliëser sagte: »Das wird dein Mann sein, das ist unser armer Isaak!«
Da zog Rebekka den Schleier über ihr Gesicht. Aber Isaak wurde gesund. Ob ihn Rebekka geliebt hat, wer kann es wissen? Sie hat die Seele dieses bedauernswerten Mannes gesund gemacht. So viel steht fest.
Doch der Schock, den Isaak erlitten hatte, als sein Vater mit dem Messer in der Faust über ihm stand, dieser Schock saß sehr tief in seinem Herzen.
Für Isaak war von da an alles voller Bedeutung, das heißt: Er kannte sich nicht mehr aus. Wenn er ein Stück Brot in der Hand hielt, dann nickte er lange vor sich hin und sagte bedeutungsvoll: »Ja, ja, das Brot!« Und wenn er mit der Hand in den Sand der Wüste griff, sagte er im selben Tonfall: »Ja, ja, der Sand!« Die Menschen hielten ihn deshalb für einen besonders weisen Mann. Aber er war nicht weise, der Isaak, er war einfach nur verwirrt.
Rebekka hatte ein ähnliches Schicksal wie Sara. Zwanzig Jahre lang war sie unfruchtbar, sie bekam keine Kinder, und sie wußte nicht, woran das lag. Sie betete zu Gott, und sie flehte, aber sie bekam keine Kinder. Da sehnte sie den Tod herbei und wünschte, lieber tot zu sein, als eine alte, kinderlose Frau zu werden.
Eines Tages sprach Gott zu Rebekka: »Sei ruhig, Rebekka«, sagte er, »zwei Kinder sind in deinem Leib, und zwei Stämme aus deinem Schoß werden sich scheiden. Ein Stamm wird mächtiger als der andere, und der ältere wird dienen dem jüngeren.«
Da wußte Rebekka, daß sie schwanger war, und wußte, daß sie Zwillinge trug. Sie brachte Zwillinge zur Welt. Der Erstgeborene kam drei Atemzüge vor dem Zweitgeborenen. Er hatte am ganzen Körper Haare, rote Haare. Rebekka nannte ihn Esau.
Der Zweitgeborene hielt die Ferse seines Bruders fest, ihn nannte Rebekka Jakob. Er hatte eine helle Haut und keine Haare. Ihm küßte sie die Augen auf. Rebekka liebte vom ersten Augenblick an nur den Jakob, den Zweitgeborenen.
Sie fragte spitzfindig: »Was ist ein Zweitgeborener?«
Man gab ihr zur Antwort: »Der Zweitgeborene ist der, der als zweiter zur Welt
Weitere Kostenlose Bücher