Geschichten von der Bibel
gestehen.
»Aber wie soll ich ihr, der Prinzessin, gegenübertreten?« fragte Troilos.
»Als Mann«, sagte Zephu. »Ihr seid nicht Prinzessin und Sohn des Kanzlers, ihr seid ein Mann und eine Frau.«
»Aber was soll ich anziehen? Wie soll ich mich schmücken?«
»Einfache Kleidung, kein Schmuck. Und deinen Dolch, den laß da. Frauen mögen das Militärische nicht. Gib mir deinen Dolch, ich werde ihn verwahren.«
Und dann lockte Zephu Prinzessin Jania in der Nacht unter einem Vorwand zu dem vereinbarten Ort.
Und Troilos und Jania standen sich gegenüber.
»Was willst du von mir?« fragte sie.
Als Troilos ihr seine Liebe gestand, lachte sie und nannte ihn ebenfalls einen Esel, aber diesmal hörte das Troilos nicht gerne, und sie sagte, sie habe ihn in ihrem Zelt gar nicht bemerkt, nicht einen Gedanken habe sie an ihn verwendet, und er solle verschwinden, und zwar auf der Stelle, dann werde sie so gütig sein und ihn nicht an ihren Vater verraten. Sie drehte sich um und ließ Troilos stehen.
Troilos hatte keine Gelegenheit mehr, die peinliche Situation zu erklären, Jania zu erzählen, was für ein Spiel Zephu mit ihr und mit ihm trieb. Denn plötzlich ertönte ein Geschrei aus dem Palast. Soldaten umringten Troilos, nahmen ihn fest, warfen ihn in den Kerker. Auch sein Vater wurde verhaftet und mit ihm alle Männer, die zur Karawane von König Aeneas gehörten.
König Uzi war ermordet worden. Die Tatwaffe wurde sichergestellt: der Dolch des Troilos. Das Motiv stand außer Diskussion. Jania war Kronzeugin. Sie hatte den Sohn des Kanzlers abgewiesen, der Mord an ihrem Vater war die Rache.
Troilos wußte, und auch wir wissen: Es war Zephu. Er hatte König Uzi ermordet. Dem Troilos glaubte niemand, und wir können in die Geschichte nicht eingreifen. Warum hatte Zephu das getan? War dieser Mord Teil seines Planes? Wie gesagt, Zephu hatte keinen detaillierten Plan, er hatte ein Ziel, die Vernichtung des Volkes Israel, im einzelnen aber verließ er sich auf seine Inspiration, tat, was der Haß ihm eingab, dem er vertraute wie einem Gott, den allein er als Former und Leiter seiner Talente anerkannte.
Politisch gesehen war die Situation prekär. Das Volk von Kittim war ohne Führung, und wie es immer und überall ist, im Chaos kommen die radikalsten Kräfte am schnellsten wieder zu Sinnen, und sie finden die stärksten Worte. Krieg wurde gefordert, Krieg gegen König Aeneas, der als Anstifter des Mordes bezeichnet wurde. Der Kanzler, dieser bis zur Herzlosigkeit loyale Mann, verhinderte die politische Katastrophe, indem er eine private Katastrophe anrichtete: Aus seiner Gefängniszelle heraus verhandelte er, und am Ende schlug er vor, die Tat durch den Tod seines Sohnes Troilos zu sühnen, und gab sich, weiß im Gesicht, einverstanden, als die radikalen Kräfte im Land Kittim verlangten, er selbst, der Vater, müsse die Hinrichtung vollziehen.
Zephu aber war verschwunden. Und mit ihm das Bild von Prinzessin Jania.
Allein ritt Zephu durch die Wüste, trieb sein Tier an, und bald erreichte er das Land Benevent und kehrte ein am Hof von König Turnus II. Sehr gut war ihm in Erinnerung geblieben, was jener Händler gesagt hatte, nämlich daß es nur einen gebe, der – »einfach einmal angenommen, rein theoretisch und Wirtschaftlich betrachtet« – für Ägypten eine Gefahr darstellen könnte, nämlich König Turnus II., der, weil »der Hormonspiegel bei Unverheirateten schwankend ist«, als unberechenbar galt.
Auf die altbewährte Weise schlich sich Zephu in das Herz des jungen, lebenslustigen Königs.
»Ich habe gehört, du willst heiraten«, sagte er.
»Wenn ich die Richtige finde.«
»Ich habe die Richtige für dich«, sagte Zephu und zeigte ihm Janias Bild.
Entweder Zephus Gott war wirklich sehr mächtig, oder Jania war tatsächlich die Richtige, König Turnus II. verliebte sich auf der Stelle in die schöne Prinzessin aus Kittim.
»Ich werde«, rief er aus, »noch heute werde ich aufbrechen und um ihre Hand anhalten!«
Er bat Zephu, ihn zu begleiten, er werde ihn über alle Maßen beschenken, wenn er in den Verhandlungen das Wort führe. O nein, nach Kittim wollte Zephu gewiß nicht!
»Niemand kann besser verhandeln als du«, sagte er.
Und König Turnus II. war gerührt von so viel Bescheidenheit und dachte bei sich, noch nie sei ihm ein Mann begegnet, der in solcher Harmonie mit ihm schwang, der die Welt und die Menschen ebenso sah und deutete wie er, der über dasselbe lachte, sich über dasselbe
Weitere Kostenlose Bücher