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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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werden solle, aber schließlich sei sein Herr Aeneas einer der reichsten und mächtigsten Könige, und eine Verbindung mit Kittim, das müsse König Uzi doch wohl zugestehen, könne in erster Linie für ihn als Vorteil verbucht werden, weshalb sein Herr zweifellos verlangen dürfe, daß alle Voraussetzungen dieses Geschäftes offengelegt würden.
    »Ein Geschäft?« brauste König Uzi auf. »Die Heirat meiner Tochter ist ein Geschäft?«
    »Nun ja«, sagte der Kanzler, »ein Geschäft freilich nicht für die jungen Leute, für Jania und Nibulus, die sollen und werden sich lieben, ein Geschäft aber sicher für die Väter.«
    So ging es den ganzen Abend. Schließlich machte König Uzi den Vorschlag, der Kanzler allein solle das ganze Gesicht von Jania zu sehen bekommen.
    »Das ist ein guter Vorschlag«, sagte der Kanzler.
    »Aber weißt du, mein Herr, der König Aeneas, ist ein alter Mann, und er ist mißtrauisch, womöglich wird er denken, ich sei von dir bestochen worden. Deshalb wünsche ich, daß dieser Freund« – er zeigte auf Zephu – »ebenfalls das Gesicht deiner Tochter sehen darf.«
    Auch damit war König Uzi einverstanden.
    Nun aber ergriff Zephu das Wort: »Ich bin ein junger Mann«, sagte er, »ich kann mich an Erfahrung weder mit König Uzi noch mit dem Kanzler von König Aeneas messen. In meinem Alter hat man Launen, hat man Gefühle, und Launen und Gefühle können einem den Blick trüben. Gefühle können jubeln, wo es wenig zu jubeln gibt, Launen können kritisieren, wo es wenig zu kritisieren gibt. Deshalb wünsche ich mir diesen Freund« – er zeigte auf Troilos, den Sohn des Kanzlers – »an meiner Seite. Er ist in meinem Alter, auch er hat Gefühle und Launen, so daß ein Ausgleich mit meinen Gefühlen und Launen zu erwarten ist. So sind wir zu zweit und können neben dem König und dem Kanzler als einer gelten.«
    König Uzi war auch damit einverstanden.
    Nun betraten sie zu viert das Zelt der Königstochter. Auf Befehl ihres Vaters nahm Jania den Schleier vom Gesicht. Oh, sie war sehr schön, die Augen des erfahrenen Kanzlers öffneten sich weit, und in den Gesichtern von Zephu und Troilos zeigten sich nur Gefühle und gar keine Launen, und der Vater des Mädchens war sehr stolz.
    Am selben Abend bat Zephu Troilos, mit ihm einen Spaziergang zu machen. Sie verließen die Stadt, setzten sich draußen beim Brunnen unter eine Dattelpalme.
    Lange sagte Zephu nichts. Dann seufzte er.
    »Warum seufzt du?« fragte Troilos.
    »Es wird schwer werden«, sagte Zephu.
    »Was wird schwer werden?«
    »Für Prinzessin Jania wird es schwer werden.«
    »Ich verstehe dich nicht.«
    »Hast du denn keine Augen im Kopf, Troilos? Hast du sie denn nicht angesehen? Was bist du doch für ein herzloser Mensch! Siehst nicht das Leid im Gesicht einer jungen Frau, die keine Armeslänge von dir entfernt steht!«
    »Was redest du denn da! Ich bin kein herzloser Mensch! Und warum sollte Prinzessin Jania leiden?«
    »Weil sie verliebt ist, unglücklich verliebt ist.«
    »Aber wie kann sie denn verliebt sein? Sie kennt Nibulus ja noch gar nicht, sie hat ihn nie gesehen, wir haben kein Bild von ihm mitgebracht! Und außerdem, wenn sie, angenommen, doch in ihn verliebt ist, warum sollte sie dann unglücklich sein? Sie kriegt ihn ja!«
    »Nicht in Nibulus ist sie verliebt, du Esel! Nicht seinetwegen ist sie unglücklich!«
    »In wen ist sie denn verliebt?«
    »In dich!«
    Zephu hatte im Zelt von Prinzessin Jania den Troilos sehr genau beobachtet. Und er hatte gesehen, daß sich der junge Mann in Jania verliebt hatte. Daß er sich sehr in sie verliebt hatte, so sehr, daß er es nach dem ersten Blick gar nicht mehr wagte, sie anzusehen. Und wenn Zephu zu Troilos gesagt hatte, Jania leide, dann war es in Wahrheit Troilos, der litt.
    Ach, Troilos ließ sich gern von Zephu einen Esel nennen, wenn der nur wiederholte, daß sich Jania in ihn verliebt hatte. Und Zephu wiederholte es und sagte es immer wieder, und nicht nur das sagte er.
    »Die Liebe kommt von Gott«, sagte er. »Weißt du das, Troilos, daß die Liebe von Gott kommt?«
    »Ich weiß es nicht, aber wenn du es mir sagst …«
    »Ja, ich sage es. Die Liebe ist heilig, sie ist Gottes größtes Heiligtum, und wenn Jania dich liebt und wenn du Jania liebst, dann ist es Gottes Wille, daß König Uzi und König Aeneas kein Geschäft miteinander machen!«
    Er werde, sagte Zephu, ein Treffen, geheim, diskret, mit Jania arrangieren, dann dürften sie sich gegenseitig ihre Liebe

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