Geschlossene Gesellschaft
war das wirklich keine echte Alternative. Aber ich konnte mindestens die Entscheidung hinauszögern. Ich machte im George in Stamford halt und trank einen Tee. Meine Hoffnungen auf etwas Härteres wurden durch eine Vorschrift, betreffend die Ruhetage, zerstört, und ich hatte keine Lust, darüber zu diskutieren. Zwischen eingepflanzten Palmen und sonntäglichen Familienversammlungen entschloss ich mich, nach Letchworth zu fahren. Ich schuldete meinem Vater und meiner Schwester eine Erklärung für die Geschehnisse in Venedig und vielleicht auch für meine Absichten mit Diana. Abgesehen davon konnte ich nach einer Übernachtung in Letchworth am nächsten Tag Felix einen Besuch abstatten. Wenn ich unter seinem Eindruck den Mund halten konnte, dann war klar, was ich tun würde. Ich würde den leichten Weg einschlagen.
Es war fast 21 Uhr, als ich in Gladsome Glade ankam. Meine Schwester begrüßte mich überrascht und erfreut, mein Vater mit grimmiger Gleichgültigkeit. Ich hatte ihnen kurz nach Max' Tod aus Venedig geschrieben. Der Brief war hastig hin gekritzelt und nicht sehr aufschlussreich gewesen. Doch meinem Vater reichte es. Je weniger er von meinen Aktivitäten wusste, desto besser für ihn. Und so waren Minuten nach meiner Ankunft alle Gedanken an Ehrlichkeit und Offenheit aus meinem Kopf verschwunden.
»Er versteht dich nicht, Guy«, sagte Maggie, nachdem er zu Bett gegangen war. »Das hat er noch nie getan und wird es auch nie tun.«
»Nein, ich glaube auch nicht.«
»Was für Pläne hast du - für deine nächste Zukunft?«
»Ich weiß nicht.« Jetzt hätte ich Maggie von Diana erzählen sollen. Vielleicht hätte sie mir eine Art schwesterliche Zustimmung erteilt. Doch das Knarren der Bodendielen im Schlafzimmer meines Vaters, das vertraute Muster der Tapete neben meinem Stuhl und die Spiegelungen des Kaminfeuers im Glas der Fotos auf dem Klavier brachten mich zum Schweigen. Ich gehörte hierher und gleichzeitig auch nicht. Ich wollte reden und konnte es nicht. Dort, auf dem Ehrenplatz, wo es immer gehangen hatte, war das Bild meiner Mutter, dessen Worte meinen Blick anzogen. Weit ist das Tor und breit der Weg, der zur Zerstörung führt, und viele waren da, die es durchschritten haben. »Ich hatte vor«, murmelte ich, »morgen Felix zu besuchen.«
»Gute Idee.«
»Wie geht es ihm?«
»Genauso wie immer.«
»Und wer hat daran schuld, hm?«
»Nun, niemand natürlich.« Sie runzelte die Stirn. »Du glaubst doch nicht, dass Dad dich dafür verantwortlich macht? Es war ein... Kriegsunfall.«
»Wenn man den Krieg einen Unfall nennen kann.«
Ihre Verwirrung wuchs. »Ich verstehe dich nicht. Was meinst du damit?«
»Nichts.« Ich lächelte ablenkend und zündete mir eine Zigarette an. »Wie stehen die Dinge in der Welt der Lehrer?«
»Könnte schlimmer sein. Die Regierung hat großzügigerweise zugestimmt, dass wir nur zehn statt fünfzehn Prozent von unserem Gehalt zahlen müssen. Vermutlich sollten wir dankbar sein.«
»Was erzählst du deinen jungen Schutzbefohlenen vom Krieg?« Ich bereute die Frage, kaum hatte ich sie gestellt. Meine Beschäftigung mit diesem Thema begann Maggie Sorgen zu machen. »Tut mir leid, vergiss es. Lass uns über etwas anderes sprechen.«
Aber Maggie bestand auf einer Antwort: »Ich sage ihnen, dass so etwas nie wieder passieren darf, Guy. Ich sage ihnen, dass es nicht hätte geschehen dürfen. Was kann ich sonst sagen? Sie sind noch zu jung, um die Gründe zu begreifen. Ich bin nicht einmal sicher, ob ich es kann. Tust du es?«
Ich starrte einen Augenblick in das Feuer und versuchte dann, unbeschwert zu lächeln. »Selbstverständlich nicht. Andererseits habe ich auch nie darüber nachgedacht. Außerdem, welchen Sinn hätte es? Es gibt nichts, was ich oder sonst wer jetzt noch tun könnte. Oder?«
Am nächsten Morgen war ich früh genug auf, um mit Maggie zu frühstücken. Eine Ortsveränderung würde uns beiden gut tun, und ich schlug vor, uns zum Lunch im Letchworth Hall Hotel zu treffen. Sie stimmte ohne Zögern zu. Ganz offensichtlich hatte sich ihre Hingabe an den Lehrerberuf genauso reduziert wie ihr Gehalt.
Nach einer einsilbigen Unterredung mit meinem Vater fuhr ich nach St. Albans. Im Vergleich dazu würde Felix' Gesellschaft belebend sein. Aber im Napsbury Hospital erwartete mich eine Überraschung. Im Gegensatz zu dem, was meine Schwester glaubte, war Felix nicht derselbe wie immer.
»Er hat am Wochenende eine seltsame Veränderung mitgemacht«,
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