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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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Unabhängigkeit offenbar nannte. Durch den Nieselregen, der vom Licht der Gaslaternen nur spärlich durchdrungen wurde, sah ich nur wenig vom Hafen. Wir gingen direkt von der Westland Row Station ins Shelbourne Hotel, wo wir als Miss Wood und Mr. Morton aus London Zimmer reserviert hatten. Als wir uns beim Dinner in einem spärlich besuchten Restaurant wiedertrafen, zeigte mir Diana den Brief an ihren Vater. Er war kurz und verlogen, wie es für sie typisch war. Und er war genau so formuliert, dass Charnwood aus seinem Versteck hervorkommen musste. Ich brauchte nicht die kleinste Änderung vorzuschlagen. In Sachen Betrug war ihr keiner über.
    Shelbourne Hotel St. Stephen 's Green DUBLIN
    Lieber Papa,
    ich muss Dich so schnell wie möglich treffen. Ich stecke in furchtbaren Schwierigkeiten und brauche Deinen Rat dringender als je zuvor. Mach Dir keine Sorgen. Niemand weiß, dass ich nach Dublin gekommen bin. Bitte ruf mich an oder schreib mir ohne Verzögerung an obige Adresse -dort bin ich unter dem Namen Wood angemeldet -, und teile mir mit, wann und wo wir uns treffen können. Ich komme an jeden Ort, wohin und wann Du willst. Aber
    ich muss Dich sehen.
    Deine Dich immer liebende Tochter
    Diana
    Die Stadt war grau und ruhig, als wir früh am nächsten Morgen das Hotel verließen und zum Hauptpostamt in die O'Connell Street gingen. Ich erkannte die mit Säulen verzierte Fassade von Zeitungsfotos aus der Zeit der Osteraufstände, als es den Rebellen als Hauptquartier gedient hatte. Es war höchst seltsam, jetzt statt mit Sandsäcken befestigter Maschinengewehrnester der Fenians Schlangen geduldiger Dubliner vor polierten Tresen zu sehen. Und unter dem Dach erscholl kein Gewehrfeuer, sondern das Stakkato von Datumsstempeln auf Stempelkissen oder Sparbüchern.
    »Wir möchten, dass dies hier den Postfachkunden möglichst noch heute erreicht«, sagte Diana und reichte dem Angestellten hinter einem der Fenster den Brief.
    Er schaute auf den Umschlag, der statt eines Namens die magische Nummer trug. »Es wird rechtzeitig zum Sortieramt gehen, Madam, aber ich kann natürlich nicht wissen, ob der Inhaber des Postfachs ihn heute noch abholt, nicht wahr?«
    »Wo ist das Sortieramt?« mischte ich mich ein.
    »Das Hauptbüro ist in der Sheriff Street, Sir. Aber in allen Zweigstellen sind ebenfalls Postfächer.«
    »Sicher können Sie anhand der Nummer ermitteln, in welches Postamt er geht?«
    »Das kann ich allerdings, Sir. Aber ich darf es Ihnen nicht verraten. Streng vertraulich, verstehen Sie?«
    »Warum um Himmels willen hast du ihm eine solche Frage gestellt?« zischte Diana mir zu, als wir gingen. »Willst du, dass er Verdacht schöpft?« »Natürlich nicht.«
    »Ich habe dir doch gesagt, dass Papa sein Postfach jeden Tag kontrolliert. Wir werden noch früh genug eine Antwort bekommen.«
    »Und was, wenn nicht?« Eine Antwort formte sich bereits in meinem Kopf. Der Postbeamte hatte gezwinkert, was bedeutete, dass selbst vertrauliche Informationen eingeholt werden konnten - gegen entsprechende Bezahlung.
    »Wir werden sie bekommen«, erklärte Diana. »Ich kenne meinen Vater. Er wird mich nicht im Stich lassen.« Als wir auf den Bürgersteig traten, wandte sie sich nach links und ging rasch zum Hotel.
    »Das hat er bereits«, murmelte ich so leise, dass sie es nicht hören konnte. Und dennoch teilte ich ihre Überzeugung, dass sie von Charnwood hören würde. Ob sie allerdings vorhatte, es mir mitzuteilen, stand auf einem ganz anderen Blatt.
    Während eines zweiten Frühstücks im Shelbourne gestanden wir uns gegenseitig ein, dass der Brief das entsprechende Postamt auch nicht rechtzeitig erreichen könnte. Folglich konnte Charnwood ihn vielleicht nicht noch am selben Tag abholen. Es war Samstag, und das bevorstehende Wochenende sprach ebenfalls gegen uns. Trotz unserer Schnelligkeit müssten wir dann bis Montag warten. Dann erst würden wir es genau wissen. Aber bis Montag auf seine Antwort zu warten kam uns quälend lange vor.
    »Hast du wirklich keine Ahnung, wo er ist?« fragte ich frustriert.
    »Nein«, antwortete Diana. »Er hat gesagt, er werde sich mit uns in Verbindung setzen, sobald die Zeit reif sei. Je weniger wir bis dahin wüssten, desto weniger könnten wir verraten.«
    »Was ist mit den Bankkonten, auf die er das Geld übertragen hat? Sind sie hier?« »Vermutlich, aber das kann ich nur raten. Wenn es nötig würde, sollten wir so tun, als wären sie in der Schweiz.«
    »Um die Aufmerksamkeit von Irland

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