Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
Vom Netzwerk:
der Gruppe der Trauernden auf in der Hoffnung, Faraday aus dem Weg gehen zu können. Damit hatte ich auch Erfolg, aber nur um den Preis, Schulter an Schulter mit Chefinspektor Hornby zu stehen. Seine Miene war noch undurchdringlicher als sonst, und er war genauso scharfzüngig. »Sie beobachten wohl die Grabsteine, Mr. Horton, ob sich Mr. Wingate hinter einem verbirgt.«
    »Sollte ich das Ihrer Meinung nach tun?«
    »Das müssen Sie mir sagen. Ist er immer noch in England?«
    »Woher soll ich das wissen?«
    »Der Coroner wird Sie vielleicht nach Ihrer Meinung dazu fragen. An Ihrer Stelle würde ich mir bis dahin eine weniger sarkastische Antwort ausdenken.«
    »Der Coroner?«
    »Bei der Befragung zur Feststellung der Todesursache. Wir haben noch keinen Termin festgelegt, aber wenn, dann werden Sie einer der Zeugen sein, die aufgerufen werden.«
    Mir sank der Mut. Hier drohte bald die nächste Gelegenheit, bei der ich Schwierigkeiten bekommen würde, Max nicht weiter hineinzureiten und damit in seinen Augen den Verrat an ihm noch zu steigern.
    »Betrachten Sie es einfach als eine Art Vorspeise, Sir. Das Hauptgericht kommt später.« Als ich mich zu ihm umdrehte, nickte er. »Wir werden ihn schließlich doch vor Gericht bringen. Mein Wort darauf.«
    Der Priester war fertig. Ich blickte an den gebeugten Schultern und gesenkten Köpfen vorbei und sah Diana vortreten und eine Handvoll Staub auf den Sarg werfen.
    »Keine schlechte Art und Weise, zur letzten Ruhe gebettet zu werden, nicht wahr?« murmelte Hornby fast wie zu sich selbst. »Es hat eine gewisse Würde hier und ist auch hübsch gelegen, mit den Hügeln zu beiden Seiten.« Er hielt inne, und als die Leute vor uns begannen, zum Grab zu schlurfen, fügte er hinzu: »Auf jeden Fall ein erfreulicherer Ort als das Stückchen des Gefängnishofes, auf dem man seinen Mörder beisetzen wird, soviel ist sicher.«
    Gnädigerweise war Hornby nicht bei denen, die nach dem Begräbnis zum Amber Court zu Tee, Sandwiches und respektvollem Small talk zurückkehrten. Diana und Vita waren von einer Schar aufmerksamer Mitfühlender umgeben, also schlenderte ich ans Fenster und blickte hinaus auf den Garten, durch den Charnwood Max einst führte und ihm dabei erklärte, wie unpassend er als Schwiegersohn sei. Während ich an meinem Tee nippte und über die quälende Unumkehrbarkeit der Ereignisse nachdachte, übersah ich, wie sich mir eine bekannte Gestalt näherte. Ich bemerkte in meinem Glas eine Spiegelung, und beinahe gleichzeitig ertönte seine volle, schmeichelnde Stimme in meinem Ohr.
    »Wer hätte das gedacht, was, Mr. Horton? Dass wir uns wiedersehen würden - unter solch tragischen Umständen.«
    Ich machte mir nicht die Mühe, meine angewiderte Miene zu kaschieren, und sah, nachdem ich mich umgedreht hatte, auch keine Fluchtmöglichkeit mehr. »Ich bin für die Umstände nicht verantwortlich, Mr. Faraday.«
    »Weder Sie noch sonst einer der Anwesenden, was? Wissen Sie, ich bin seit fast einem Jahr nicht mehr in diesem Haus gewesen. Wie die Zeit verfliegt.«
    »Ziemlich.«
    »Und die Veränderungen einläutet.« Er schaute sich um und senkte dann die Stimme. »Wo Barker wohl steckt, frage ich mich.«
    »Barker?«
    »Mr. Charnwoods Kammerdiener. Ich hatte erwartet, ihn hierzu sehen.«
    »Ich wusste gar nicht, dass er einen Kammerdiener hatte.«
    »Gewöhnlich hatte er einen. Aber vielleicht... Ich habe den Eindruck, dass er in den letzten Monaten einige Sparmaßnahmen durchgeführt hat. Vielleicht ist der arme Barker einer zum Opfer gefallen.« »Vielleicht.«
    »Sie gehen mit meinem Eindruck also konform?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Nein, aber...« Er lächelte und schaute sich langsam in dem Raum um. »Glauben Sie, dass es fair ist, einen Menschen nach den Leuten zu beurteilen, die an seinem Begräbnis teilnehmen, Mr. Horton? Wenn ja, dann müssen wir Mr. Charnwood einen sehr schillernden Ruf zugestehen, nicht wahr? Nehmen Sie zum Beispiel General Vasaritch, unseren redegewandten Lobredner.« Der wuchtige General stand nicht weit von uns entfernt und redete, oder vielmehr brüllte, auf einen untersetzten kleinen Mann mit Monokel und stark eingefettetem, in der Mitte gescheiteltem schwarzem Haar ein. Dieser lauschte aufmerksam jedem Wort, wobei seine Ohren ungefähr auf die Höhe des gegabelten Bartendes unseres Generals reichten. »Hinter seinem schallenden Gelächter und seinen Anekdoten verbirgt er einige Geheimnisse, möchte ich annehmen. Aber als guter Soldat

Weitere Kostenlose Bücher