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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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Zustand besser vorzustellen, wenn ich seine Schritte nachvollzöge.«
    »Und hat es das?«
    »Nein.«
    »Mir auch nicht.«
    Sie seufzte und schaute zum strahlenden Himmel hinauf. »Sie wissen selbstverständlich von dem Brief?«
    »Ja.«
    »Er glaubt, wir hätten ihn betrogen, Sie und ich. Ich vermute, ich habe es in gewissem Sinne auch getan, indem ich Papas Wünschen nachgegeben habe. Aber...« Sie schaute mich geradewegs an. »Betrug ist ein zu hartes Wort dafür, finden Sie nicht?«
    »Ich denke, das ist es, ja.«
    »Und was wirft er Ihnen vor?«
    »Ich...« Täuschungen vermehren sich, eine Lüge gebiert ein Dutzend andere und jede davon wieder ein Dutzend neue. Dianas Frage markierte eine neue Stufe in dem immer komplizierter werdenden Prozess. »Ich habe wirklich keine Ahnung. Ich dachte, ich verstünde Max. Aber anscheinend habe ich mich geirrt.«
    »Wenn Sie ihn nicht verstehen, wer soll es dann tun? Sie haben so viel mit ihm geteilt. Den größten Teil ihrer gemeinsamen Vergangenheit.«
    »Sicher. Die hier angefangen hat.«
    »Es ist ein wunderschöner Ort.« Sie schaute sich um. »Aber auch so einsam.«
    »Das dauert nur ein paar Wochen. Wenn die kurze Halbe beginnt...« Ich lächelte über ihre offensichtliche Verwirrung. »Entschuldigen Sie. So nennt man hier das Wintersemester. Lassen Sie uns ein wenig über die Auen gehen.« Ich lächelte wieder. »Den Schulhof.«
    Ein schmiedeeisernes Gittertor führte uns von der Ostseite des Kreuzganges direkt zu den Auen, die weit grüner und frischer waren, als ich sie in Erinnerung hatte. Die schlanken Bäume standen bewegungslos wie Wächter da, und Erinnerungen an weit weniger idyllische Tage drängten sich in mir hoch.
    »Ich wünschte, ich hatte mit Max herkommen können«, sagte Diana leise. »Unter glücklicheren Umständen.«
    »Das wünschte ich auch.«
    Wir gingen langsam und schweigend zum Schulhof. Nach einigen Minuten sagte Diana: »Papa wird Freitag begraben. Werden Sie kommen?«
    »Wenn Sie das wollen. Ich hatte den Eindruck... Als ich mit Ihrer Tante telefonierte...«
    »Achten Sie nicht auf das, was Tante Vita sagt. Ich würde es schätzen, wenn Sie teilnähmen - als ein Freund.«
    »Dann werde ich kommen.« »Danke...« Sie blieb stehen und hielt meine Hand kurz fest. Dabei schaute sie mich mit einer Ernsthaftigkeit an, die ich einschüchternd und, ja, ich scheue mich nicht, es auszusprechen, auch irgendwie verlockend fand. »Ich glaube, wir werden in den Zeiten, die uns bevorstehen, beide die Unterstützung eines Freundes brauchen. Max hat mir den Rücken zugewandt. Das werden Sie doch nicht auch tun, nicht wahr, Guy?«
    »Nein. Machen Sie sich keine Sorgen. Sie können sich auf mich verlassen.«
    Wir verbrachten einige Stunden in Winchester, besichtigten das College, Cathedral Close und spazierten den Fluss entlang. Beim Tee im George Hotel erinnerte sich Diana an ihren Vater. Und ich redete ganz so über Max und unsere Schulzeit, als erwartete ich, ihn genauso wenig noch einmal zu sehen oder zu sprechen wie Fabian Charnwood. Es war seltsam, verwirrend und eigenartig schmerzlos. Dianas Schönheit und ihre Zutraulichkeit schienen das Vertrauen beinah zu erzwingen. Natürlich hielt ich meine wahren Gedanken zurück, aber es lag eine Offenheit in der Luft, gegen die ich mich stählen musste. War das die Geburt einer Freundschaft? Selbstverständlich nicht. Aber hätte Diana gesagt, sie hoffe, es sei so, hätte ich keinerlei Einwände gemacht. Auf Max, das war mir klar, hätte das jedoch vollkommen anders gewirkt - und verräterisch obendrein. Zwischen einem Mann und einer Frau gibt es so etwas wie Freundschaft nicht, pflegte er oft zu sagen. Und er hatte recht.
    Wir verließen Winchester im schwächer werdenden Licht des Spätnachmittags und nahmen dieselbe Route bis Guildford, wo unsere Wege sich trennten. Irgendwo auf dem Hog's Back schaute ich ihrem Sportwagen nach, bis er zu einem Punkt in der Ferne wurde. Ich folgte ihr nicht. Aber die Erinnerung an ihr Gesicht und ihre Stimme war mit beunruhigender Klarheit in mein Gedächtnis eingebrannt. Ich redete mir natürlich ein, dass diese Begegnung nichts bedeutete. Aber sie hinterließ ihre Spur in mir. Und das bedeutete eher mehr als nichts.
    Im Eccleston lag eine Nachricht von niemand anderem als »Trojan« Doyle für mich da. Ich hoffte von ihm zu hören, dass Atkinson-White ihn mit Geld überschüttet habe und mein Anteil sofort auszahlbar sei. Also ging ich gleich am nächsten Morgen in sein

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