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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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ins Auge gefallen war. Wir genossen den Blick von der Rialto-Brücke und lunchten dann in einem nahe gelegenen Restaurant. Wir redeten über Venedig und die Venezianer, über Byron und Casanova und über Reisen und Ankünfte. Nach dem Lunch nahmen wir eine Gondel durch den Canale Grande zurück zur Riva degli Schiavoni. Diana betrachtete die pastellfarbenen Palazzi zu beiden Seiten. Ich gab vor, dasselbe zu tun, aber in Wirklichkeit betrachtete ich sie. Ungefähr unter der Accademia-Brücke wurde mir die erschreckende Wahrheit klar: An Bord eines Lastkahns auf den Binnenwasserkanälen von Manchester wäre ich bei ähnlichem Wetter genauso glücklich und sinnlich erfüllt gewesen - solange Diana bei mir war. Wir tranken Tee im Danieli, und während ich auscheckte, rief Diana in der Villa an, damit uns ein Boot abholte. Kurz darauf saßen wir nebeneinander in seinem Heck, während es durch die Gischt schoss, die die anderen Boote aufwarfen. Venedig versank hinter uns in einem goldenen Horizont. Es wurde ein wenig kühl, der Vorbote eines perfekten Abends. Ich betrachtete Diana, die ihren Hut in der Hand hielt und das Haar hinter sich im Wind wehen ließ, und wünschte mir unwillkürlich, dass Vita nicht in der Villa auf uns warten möge, sondern wir dort allein wären und die Einsamkeit nach unseren Wünschen vertreiben würden.
    Aber Vita wartete, und mit ihr wartete die Villa Primavera. Sie thronte lachsfarben und mit Kletterpflanzen bewachsen inmitten eines üppigen Gartens neben einem der Kanäle, die den Lido durchzogen. Zusammen mit dem Haus hatte man auch die aufmerksamen Angestellten gemietet. Nachdem sie mein Gepäck weggebracht hatten, wurde ich in einen großen und reich verzierten Salon geführt, wo Vita mehr zu Hause zu sein schien, als eine jüngferliche Engländerin eigentlich sollte. Diana hatte mich verlassen, um zu baden und sich umzuziehen. Meine Laune sank bei der Aussicht, eine Stunde mit ihrer Tante eingeschlossen zu sein. Aber ich hätte mir keine Sorgen zu machen brauchen. Venedig hatte auch bei ihr ein Wunder vollbracht. Sie war wieder in der geschäftigen Hochstimmung, in der ich sie schon an Bord der Empress of Britain erlebt hatte. »Ich bin sehr erfreut, dass Sie hier sind, Guy. Diana braucht Gesellschaft ihres Alters mehr als die ihrer hinfälligen Tante. Sie bleiben doch länger als nur ein paar Tage, nicht wahr?« »Nun... ich weiß nicht genau.«
    »Bleiben Sie bitte, wenn es Ihnen möglich ist. Führen Sie Diana aus. Bringen Sie sie wieder zum Lachen. Beenden Sie ihr Grübeln.«
    »Ich werde mein Bestes tun.«
    »Ich habe es geschafft, sie zum Besuch der Oper am Samstag zu überreden. Sie müssen meine Karte nehmen und sie begleiten.« »Das ist sehr freundlich, aber...«
    »Ich langweile mich in der Oper schrecklich, also tun Sie mir nur einen Gefallen. Ich habe den Abend nur arrangiert, um Diana zu unterhalten, und das gelingt Ihnen sicherlich wesentlich leichter als mir.« »In diesem Fall ist es mir eine Ehre«, erwiderte ich lächelnd. »Großartig. Nun, bevor sie zurückkommt...« Sie klopfte mit der Hand auf das Kissen neben sich auf dem Sofa. Ich setzte mich gehorsam auf die angegebene Stelle. Sie senkte die Stimme zu einem leisen Murmeln. »Was redet man in England über den armen Fabian?«
    »Weniger, als Sie befürchten. Die Angelegenheit scheint ziemlich ruhig über die Bühne gegangen zu sein.« »Das ist eine Gnade. Und... Ihr Freund?« »Man hat ihn immer noch nicht gefunden.« Sie schnalzte mit der Zunge. »Was für eine schreckliche Angelegenheit. Aber wir müssen sie ertragen.« Ihr Busen schwoll alarmierend an, als sie die Schultern gegen die Unbilden der Welt straffte. »Ich erwarte von Ihnen, dass Sie uns beide aus unseren melancholischen Stimmungen reißen, solange Sie hier sind. Glauben Sie, dass Sie dieser Herausforderung gewachsen sein werden?« »Das weiß ich nicht, werde es aber mit Vergnügen herausfinden.«
    Während der nächsten vier Tage wuchs meine Verzauberung immer mehr. Jeden Tag schien die Sonne von einem strahlend blauen Himmel herab. In den luftigen barocken Räumen der Villa Primavera und der subtropischen Gartenanlage schien die Ruhe fast greifbar zu sein. Die Sinne wurden von Behagen und Wärme eingelullt, und nur noch das Vergnügen von Dianas Gegenwart zählte - ihr Vertrauen, ihre Aufrichtigkeit und ihre körperliche Nähe. Wir machten einen Bootsausflug in die Lagune, spielten Tennis, lunchten in einem der luxuriösen Hotels am Lido,

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