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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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dampfend von seinem Ponton ab und fuhr in die funkelnde Lagune hinaus, zum Lido - und zu Diana. Venedig zeigte sich von seiner liebenswürdigsten Seite. Und ich für meinen Teil war nur zu gern bereit, das zuzulassen. Jetzt war ich hier, weit weg von England, von meiner bewegten Vergangenheit und meiner sorgenvollen Gegenwart. Ich fühlte mich von allen Zweifeln und Ängsten befreit, mit denen ich so lange zu kämpfen gehabt hatte. Selbstverständlich gab es sie noch, das war mir klar. Aber eine kurze Zeit konnte ich mich der Illusion überlassen, es gäbe sie nicht.
    Als ich eine Stunde später in der Sonne an einem Tisch draußen vor dem Quadri saß und die Tauben und Passanten beobachtete, die über die Piazza San Marco flanierten, funktionierte die Illusion immer noch. Ich streckte die Beine aus, zog an meiner Zigarette und fragte mich, warum Kaffee und Tabak hier so viel besser als in London schmeckten und warum ich mich hier so wunderbar leichtsinnig fühlte. Basiliken, Campanili und verwandte Wunder der Architektur ließen mich gewöhnlich ebenso kalt wie die Reste des Eintopfes vom Tage zuvor, aber es gab keinen Zweifel, dass die venezianische Fröhlichkeit mich beschwingte, seit ich gestern Nachmittag vor den Bahnhof getreten war und das alle Zeiten überdauernde Wunder des Canale Grande erblickt hatte.
    Ich war natürlich schon früher in Venedig gewesen. Von den Orten, wo sich die müßigen Reichen versammelten, waren Max und ich früher nie weit weg gewesen. Aber in dieser Stadt warteten keine Geister auf mich, keine vorwurfsvollen Erinnerungen an frühere Missetaten. Die Vergangenheit der Stadt dagegen war überall zu spüren. Und angesichts ihrer versanken meine Erinnerungen und mein Gewissen im Vergessen.
    »Hallo, Guy.«
    Ich hatte erwartet, dass Diana von der Piazza her kommen würde, und meinen Stuhl so aufgestellt, dass ich in diese Richtung blicken konnte. Ihre Stimme erklang so dicht an meinem Ohr, dass sie hätte flüstern können. Ich zuckte zusammen und wirbelte herum. Sie stand da und lächelte mich amüsiert über meine Verwirrung an. Das Lächeln, das Sonnenlicht, das entzückende rosa Kleid und der breitkrempige Hut umrahmten den unvermittelten Anblick ihrer Schönheit.
    »Ich wähle nicht immer den kürzesten Weg«, sagte sie lachend. »Betrachten Sie das als Warnung.«
    Ich stimmte in ihr Lachen ein und stand auf, um sie zu küssen. »Ich beschwere mich ja gar nicht. Eine Überraschung verdient eine andere.«
    »Sie meinen Ihren Anruf?« Sie setzte sich neben mich. »Es war tatsächlich eine Überraschung, aber eine sehr willkommene.« Sie sah sich auf der Piazza um, während ich das Spiel von Licht und Schatten auf ihrem Hals studierte. »Ich hätte nicht gedacht, dass Sie kommen, weil ich glaubte, Sie würden es als... nun, als unschicklich betrachten.« Sie schaute mich wieder an. Ihr Blick war klar und fast schon beunruhigend einfühlsam. »Ich bin jedoch sehr froh, dass Sie dennoch gekommen sind.«
    »Es bedurfte nur ein paar winterlicher Tage in London, um mich zu überreden. Ich hätte geschrieben, aber... ich dachte Sie hätten vielleicht Ihre Meinung geändert.«
    »Das ist albern.«
    »Wir Männer sind oft albern.« Ein Kellner tauchte neben uns auf. Diana bestellte eine Schokolade und ich noch einen Kaffee. Nachdem er gegangen war, zündete ich ihr eine Zigarette an, wartete einen Moment und sagte dann: »Um ehrlich zu sein, das Wetter war nicht das einzige, was mich bedrückt hat.«
    »Max?«
    Ich nickte. »Und alles, was er ruiniert hat. Unsere Freundschaft. Ihre Familie. Das Leben vieler Menschen.«
    Sie schaute auf ihren Schoß. »Er hat mir das Herz gebrochen, Guy. Aber ich will nicht, dass es heilt, indem es verhärtet. Tante Vita ist ein Schatz, natürlich, aber ich habe mich so...« Sie hob den Kopf. »Ich kann nicht länger trauern. Papa hätte das nicht gewollt. Ich bin nicht hergekommen, um zu vergessen. Ich kam her, um mich zu befreien. Von allem.«
    »Ich vermute, ich bin aus demselben Grund hier.«
    »Gut.« Sie zeigte wieder ihr strahlendes Lächeln. »Bis ich heute Morgen Ihre Stimme am Telefon hörte, glaubte ich nicht, dass es funktionieren könnte.«
    »Und nun?«
    »Jetzt denke ich schon eher, dass es klappen wird.«
    Wir ließen uns Zeit, zum Lido zu fahren. Diana schlug vor, durch die Gassen und über die Plätze zum Rialto zu gehen, und ich stimmte ihr nur zu gern zu. Auf dem Weg gestattete sie mir, ihr einen Seidenschal zu kaufen, der uns beiden sofort

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