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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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möglich gemacht hatte? Ich schlief ein, beinah überzeugt, das Richtige zu tun.
    Aber ich träumte von Max, und zwar lebhafter als je zuvor. Ich träumte, dass er mich aus dem Schatten beobachtete, während Diana und ich uns in wilder Lust wanden, die alles bisher Erlebte übertraf- dass er dann vortrat, als ich heftig in sie eindrang, sogar schrie, als ich schrie. Ich erwachte. Mein Herz raste, und meine Lungen schmerzten, mein Verstand versuchte krampfhaft, Angst von Begehren zu trennen. Und dann wusste ich es. Selbst mein Gewissen konnte diesen Ruf nicht ignorieren. Er musste beantwortet werden.
    Ich verließ das Hotel vor dem Frühstück und hinterließ beim Pförtner eine Notiz für Quincy. Dann holte ich den Wagen aus der Garage neben dem Eccleston, wo ich ihn abgegeben hatte, bevor ich nach Venedig abgereist war, und fuhr nach Norden. Ich wollte nicht nach Letchworth. Mein Ziel war weiter weg -und ich fuhr mit einer ganz anderen Absicht dorthin.

10
    Ich fuhr an diesem grauen Herbsttag nach Norden, durch die trägen Ausläufer des Moorlandes und das müde Herz der Kohlenhalden Yorkshires in einen Teil Englands, den ich nach Möglichkeit bisher immer vermieden hatte: eine raue und nicht besonders einnehmende Gegend mit rauchenden Schornsteinen und verkniffenen Gesichtern, wo die Not und die Androhung der Not wie eine unsichtbare Wolke über den Städten lag. Das Licht ließ früh nach, und ich verzichtete darauf, meine Reise noch an diesem Abend zu Ende zu bringen. Stattdessen suchte ich Schutz in einem Hotel in Durham. Es war ein später Samstagvormittag, als ich mein Ziel erreichte, dreißig trübselige, öde Meilen hinter Newcastle: die raue Marktstadt Alnwick, Schlupfwinkel des ehemaligen Fleet-Street-Korrespondenten George Duggan. Ich hatte lange gewartet und einen weiten Weg zurückgelegt, um mir anzuhören, was er zu sagen hatte. Obwohl ich erwartete - und auch fast hoffte -, es würde dabei nichts herauskommen, war ich jetzt, wo der Moment der Enthüllung nah war, seltsam nervös.
    Auf den Straßen herrschte geschäftiges Treiben; ohne Schwierigkeiten fand ich die Büros des Alnwick Advertiser: enge Räumlichkeiten im ersten Stock, die nach dem Schild an der Tür auch noch der Sitz des Morpeth Mercury und des Coquetdale Clarion waren. Wer hier arbeitete, hatte den Tiefpunkt seiner journalistischen Karriere erreicht. Die beiden Angestellten, die sich gähnend hinter einer schiefen Barrikade aus alten Zeitungsstapeln und überquellenden Schreibtischen versteckten, schienen sich nicht verpflichtet zu fühlen, mir Auskunft zu geben. Der Name George Duggan löste bei ihnen beträchtliche Heiterkeit aus.
    »Er war früher am Morgen hier, aber gegen elf Uhr ist irgendetwas Dringendes plötzlich aufgetaucht.«
    »Ja. Die Pubs wurden geöffnet.«
    »Also«, sagte ich, nachdem ihr schallendes Gelächter abgeklungen war. »Wo könnte ich ihn finden?«
    »Nun, Sie könnten ihn im Black Swan finden.«
    »Oder im Dirty Bottles.«
    »Obwohl, ich würde mein Geld...«, der eine schaute auf die Uhr, »auf das Queen 's Head setzen.«
    Ihre Angaben führten mich über den Marktplatz, der unter der Fuchtel von schreienden Marktbudenbesitzern und ihren Kunden stand. Ganz Northumberland schien mit Kind und Kegel in die Stadt eingefallen zu sein. Die Bar des Queen's Head war von dichten Rauchschwaden und einer Phalanx breitschultriger Trinker verdeckt. Ich zwängte mich langsam zwischen ihnen hindurch und hörte plötzlich ein vertrautes Husten. Ich folgte ihm um eine kopfhohe Trennwand herum, hinter der George Duggan auf einem Barhocker saß, Rum in sich hineinschüttete und zwischendurch an einer selbstgedrehten Zigarette zog.
    »Duggan!« Ich musste schreien, um seine Aufmerksamkeit zu erregen. Selbst dann musterte er mich einige Sekunden verständnislos mit dem Blick seiner wässrigen Augen, bis in ihnen Wiedererkennen aufschimmerte. »Guy Horton. Erinnern Sie sich?«
    »Mr. Horton«, erwiderte er. »Sieh an, sieh an. Ich hätte nie erwartet, Sie hier in Alnwick zu sehen.«
    »Und ich hätte nie erwartet, dass ich einmal herkommen würde. Nun, können wir reden?«
    »Worüber?« »Fabian Charnwood.«
    »Bin nicht sicher, ob ich das will.« Er schüttelte übellaunig den Kopf.
    »Warum haben Sie mir dann Ihre Karte gegeben? Warum haben Sie mich gedrängt, Kontakt mit Ihnen aufzunehmen, als hätten Sie neue Informationen aufgespürt?«
    »Weil ich dachte, Sie würden Wingate helfen. Und weil ich dachte, Wingate könnte mir

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