Geschmacksverwirrung - Angermüllers siebter Fall
Lina auch an ihrem eigenen, kleinen Café.
»Okay, ich muss los! Denk nach, über uns und unser Bio-Hotel!«
Bevor Lina etwas entgegnen konnte, gab Olaf ihr einen Kuss.
»Wir reden heute Abend weiter. Tschüss, Lina, tschüss, Hunde!«
»Also«, begann Anja-Lena, »neben einigen Werbezetteln, Bankbriefen und Rechnungen, die sich im Briefkasten des Opfers fanden, sind vor allem diese beiden Papiere interessant. Ich habe Kopien gemacht. Die Originale sind schon in der KT für Fingerabdrücke und DNA-Spuren. Diese Nachricht stammt wahrscheinlich von vorgestern Abend.«
Sie hielt die Kopie eines handgeschriebenen Zettels hoch und las vor:
»›Hallo Victor, leider warst du nicht da. Muss dich unbedingt sprechen.‹ Unbedingt ist dreimal unterstrichen. ›Ruf mich an!‹ Dann steht da Lina und eine Handynummer.«
»Das heißt ja wohl eindeutig, dass Lina Stucki nicht wusste, dass ihr Stiefvater nicht mehr am Leben war, als sie ihn vorgestern Abend besuchen wollte. Zum anderen war es aber keinesfalls ein spontaner Besuch, wie sie uns gegenüber behauptet hat«, stellte Angermüller fest, während sie die Nachricht reihum gehen ließen.
»Und was hast du noch?«
»Dieses DIN-A4-Blatt steckte ebenfalls ohne Umschlag im Briefkasten. Ihr werdet nicht erraten, was da drauf steht!«
Anja-Lena schaute triumphierend in die Runde.
»Nu machs man nich so spannend, Mädel!«, forderte Jansen seine Kollegin ungeduldig auf.
»Da steht nur in Großbuchstaben: ›Pass auf, Fleischfresser – wir kriegen dich!‹ Mit einem dicken Ausrufezeichen. Statt einer Unterschrift hat jemand eine Kuh, ein Schwein und ein Huhn darauf gemalt.«
Anja-Lena reichte die Kopien an ihre versammelten Kollegen weiter. Einen Moment schwiegen sie beeindruckt.
»Wie sieht’s denn aus mit Fingerabdrücken?«, fragte der Kriminalhauptkommissar hoffnungsvoll.
»Lassen sich mehreren Personen zuordnen. Müssen wir gleich bei INPOL abfragen, ob da schon was vorliegt. DNA kriegen wir morgen.«
Leider fand sich niemand, dessen Fingerabdrücke mit den auf dem Drohbrief gefundenen identisch waren, unter den gespeicherten Straftätern im Informationssystem der Polizei.
»Hast du eigentlich schon die Freunde von Lina Stucki durchlaufen lassen, Thomas, bei denen sie am Tatabend in Lübeck zu Besuch war?«
»Natürlich. Wenn’s da was Wichtiges gegeben hätte, dann hätte ich euch das längst mitgeteilt.«
Sie diskutierten das weitere Vorgehen. Anja-Lena schrieb alle wichtigen Punkte mit dickem Filzer auf das Flipchart. Sollten sie noch einmal Fabian Köppe aufsuchen, der angeblich in der Szene nicht aktiv war zurzeit? Seine Fingerabdrücke waren noch gespeichert, aber nicht mit denen auf dem Drohbrief identisch. Angesichts dieses Briefes wiederum trat zwar die Wichtigkeit des ehemaligen Betreibers der Ulmenschenke in den Hintergrund, von dessen Auskünften über Hagebusch sich Angermüller auch neue Erkenntnisse erhofft hatte. Doch er veranlasste trotzdem, dass sich Anja-Lena um seinen Verbleib kümmern sollte. Auch mit Lina Stucki wollten sie noch einmal sprechen, um zu hören, warum sie eigentlich so dringend den Kontakt mit Victor Hagebusch gesucht hatte. Jansen hielt weiterhin einen Besuch in der Feinkostmanufaktur Landglück für wichtig. Zum einen, um den aktuellen Stand von deren Zusammenarbeit mit Hagebusch zu klären. Zum anderen wegen der Verbindung, die sich zwischen der Feinkostmanufaktur, den Einbrüchen auf dem Geflügelhof Oswald, den Tierrechtsaktivisten und Victor Hagebusch herstellen ließ, wie er mit einer roten Linie auf der Tafel eindrucksvoll demonstrierte.
»Ich weiß noch nich genau, wie die mit Hagebusch zusammenhängen. Aber dat da wat is mit den Tierschützern, spür ich hier«, bekräftigte er und tippte an seine Nase. Die anderen mussten grinsen, denn Jansen brachte sein Riechorgan häufig ins Spiel. Seine Trefferquote lag bisher bei 50 Prozent, was eher auf schlichtes Zufallsglück schließen ließ. Trotzdem gaben sie seinem Ansatz schließlich den Vorrang.
Wenig später waren Angermüller und Jansen durch den lichtlosen Vormittag unterwegs in Richtung Mecklenburg. Die A 20 war leer, wirkte stellenweise wie eine Geisterautobahn, ein exaktes, sauberes Asphaltband, keine Ortschaften in Sicht, keine Raststätte, keine Tankstelle. Auf dem Parkplatz der Feinkostmanufaktur parkten zwei große Busse, der eine mit Rostocker, der andere mit Kieler Kennzeichen, sowie an die acht Privatwagen. Im Restaurant im Reetdachhaus
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