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Geschmacksverwirrung - Angermüllers siebter Fall

Geschmacksverwirrung - Angermüllers siebter Fall

Titel: Geschmacksverwirrung - Angermüllers siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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mehr in sich zusammenzusinken. Dann endlich begann er zu reden, ohne Überleitung.
    »Am Wochenende bin aus Italien gekommen. Meine Mutter – Sie haben sie ja erlebt. Die ganzen Tage mit ihr allein in Kellenhusen … Alles ist wieder hochgekommen, was ich früher dort von meinem Stiefvater ertragen musste. Ich bin so wütend geworden bei dem Gedanken, wie Victor seine Macht mir gegenüber, einem wehrlosen Kind, ausgenutzt hat. Wie er mich mit seinem Fleischwahn, mit seiner Fleischfresserei traktiert hat, nur um seinen Willen durchzusetzen. Hatte er’s dann wieder geschafft, mich kleinzukriegen, war ich ihm völlig egal. Er hat mich gar nicht mehr gesehen.«
    Er hielt inne und schien tief in die Vergangenheit eingetaucht.
    »Als ich Fabian in Lübeck getroffen habe, war ich noch so mit den Gedanken an Victor beschäftigt, dass ich Fabian davon erzählt habe. Mal wieder. Der kannte die Geschichten ja alle noch von früher. Erst war der ziemlich genervt. Ich müsste das aber endlich mal abstreifen, hat er gemeint. Ja, und dann hatte er die Idee mit dem Drohbrief. Ich war sofort begeistert! Ich hab mir vorgestellt, wie Hagebusch es mit der Angst bekommt – und dieser Gedanke war einfach nur geil!«
    »Und weiter?«, fragte Jansen, der seine Unrast kaum noch verbergen konnte, so kurz vor dem erwarteten Geständnis.
    »Ich habe mir von der Kellnerin ein Papier geben lassen. Den Text hat sich Fabian ausgedacht. ›Pass auf, Fleischfresser – wir kriegen dich!‹ Ich hab ihn aufgeschrieben und die Tiere als Unterschrift dazu gemalt. Wir haben so gelacht, das können Sie sich gar nicht vorstellen. Ich kriegte schon keine Luft mehr.«
    »Ja, und dann?«
    Ohne einen Ton zu erzeugen trommelte Jansen mit den Fingern auf die Tischplatte. Angermüller war bemüht, sich seine ebenfalls wachsende Anspannung nicht anmerken zu lassen.
    »Wir sind zu seiner Wohnung gefahren. Ach nein, stimmt ja gar nicht«, unterbrach sich Calese, »wir sind erst noch einmal zur Beckergrube. Fabian hat zwei solche Skimützen aus seiner Wohnung geholt, dann sind wir zu Hagebusch. Draußen haben wir uns die Mützen aufgesetzt.«
    »Solche Sturmhauben meinen Sie, wo nur die Augen zu sehen sind?«
    »Ja, genau. Dann sind wir rein und haben bei ihm an der Wohnungstür geklingelt.«
    »Ich denke, Sie wollten nur den Drohbrief in den Kasten stecken?«
    »Jaa«, machte der junge Mann zögernd, »schon. Aber wo wir schon mal da waren, meinte Fabian, dann könnten wir ihn auch gleich selbst besuchen.«
    »Sie haben zu dem Zeitpunkt also gemeinsam beschlossen, Victor Hagebusch zu überfallen?«, fragte Angermüller nach.
    »Überfallen, na ja. Eigentlich wussten wir gar nicht so genau, was wir dort von ihm wollten. Das war einfach so ’n spontaner Flitz, verstehen Sie?«, erklärte der Junge, dem plötzlich klar zu werden schien, dass er sich um Kopf und Kragen redete.
    »Nee, versteh ich nich«, erwiderte Jansen und sah Calese herausfordernd an.
    »Oh Mann, wir wollten dem doch nicht ernsthaft was antun!«, schrie der fast.
    »Haben Sie sich dann aber anders überlegt, was?«
    Angermüller gab Jansen unauffällig ein Zeichen, sich zurückzunehmen. Diese Phase der Vernehmung war äußerst heikel, und man durfte einen so sensiblen Typen wie Calese nicht zu sehr verunsichern. Womöglich machte der dann dicht und sagte gar nichts mehr.
    »Immer der Reihe nach«, sagte Angermüller so ruhig wie möglich. »Erzählen Sie bitte weiter.«
    »Es hat ja niemand aufgemacht! Da ist niemand an die Tür gekommen!«, berichtete Lorenzo Calese mit Nachdruck.
    »Um welche Uhrzeit war das?
    »So nach zehn irgendwie.«
    Die Kommissare warfen sich einen kurzen Blick zu.
    »Ich weiß, das hört sich alles total verrückt an. Deshalb wollte ich Ihnen das ja auch gar nicht sagen. Ich wusste, Sie denken dann, dass ich es gewesen bin. So ein astreines Motiv wie ich hat schließlich nicht jeder.«
    Der Zeuge klang hoffnungslos. Mit hängenden Schultern saß er da und starrte unglücklich vor sich hin.
    »Könnten Sie bitte erzählen, was dann geschah.«
    »Dann hab ich nur noch den Zettel in den Briefkasten gesteckt, und wir sind zurück in die Kneipe.«
    Die Beamten sagten nichts und warteten ab.
    »Warum sagen Sie nichts? Das war wirklich alles!«, versicherte Calese mit wachsender Verzweiflung.
    Jansen legte einen Klarsichtbeutel der Spurensicherung auf den Tisch.
    »Was ist das?«, fragte der junge Mann irritiert, nach einem kurzen Blick auf das darin sichergestellte

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