Geschmiedet im Feuer
Taktik vielleicht funktioniert. Heute nahm sie es jedoch kaum zur Kenntnis. Sie konnte an nichts anderes denken, als dass sie die Seelengefährtin dieses wunderbaren, heißen Fremden sein sollte. Eines Mannes, den sie gerade mal seit drei Stunden kannte und mit dem sie absolut nichts gemeinsam hatte.
Allein die Tatsache, dass er an derartige Märchen glaubte, bewies doch schon, dass sie nicht zueinanderpassten. Seelengefährten waren nichts als vorpubertäre Fantasien. Echte Beziehungen entstanden, indem man einander kennenlernte, herausfand, wann und wie man Kompromisse eingehen musste, die Launen und Gewohnheiten des Partners entdeckte, seinen Geschmack akzeptierte und die Eigenarten ignorierte, die sich ein Mensch im Laufe der Jahre angewöhnte.
In echte Beziehungen musste man Arbeit investieren.
Sie hingen nicht von einer bequemen mystischen Verbindung ab, die ein Paar zusammenhielt. An die Theorie von Seelengefährten zu glauben, war der sicherste Weg in Richtung Scheidung, der sicherste Weg, um am Ende doch alleine dazustehen.
Sie konnte es nicht glauben, einfach nicht fassen, dass Zane einen solchen Unsinn glaubte. Seelengefährten? Er war ein SEAL, um Himmels willen! Wer lebensgefährliche Missionen überstehen wollte, musste doch zumindest ein bisschen gesunden Menschenverstand besitzen.
Doch wo war dieser gesunde Menschenverstand jetzt?
Sie holte tief Luft, um sich zu beruhigen, und war sich vage bewusst, dass dieser neue Agent – Chastain – sie verwirrt anstarrte. Vielleicht hatte er längst mit einem Geständnis gerechnet, aber er wusste ja auch nichts von dieser zentnerschweren Bombe, die Zanehatte platzen lassen. Doch wenn sie fair sein wollte, war es gar nicht Zane gewesen, sondern sein dämlicher Boss. Dann stimmte es vielleicht gar nicht. Möglicherweise hatte Mackenzie nur einen Haufen Mist erzählt.
Inzwischen atmete sie etwas ruhiger. Okay, ja, das ergab Sinn. Zane war zu clever, um an etwas derart Dummes zu glauben.
»Miss Brown«, sagte Chastain, der es offenbar leid war, schweigend dazusitzen und auf ihr Geständnis zu warten. »Uns ist zu Ohren gekommen, dass Sie für PacAtlantic arbeiten.«
Beth nickte und lehnte sich auf ihrem Stuhl zurück. »Das ist richtig, ich arbeite jetzt seit sieben Jahren für sie.«
Ihre entspannte Antwort brachte ihr skeptische Blicke von den Agenten ein. Offensichtlich sollten Verdächtige bei Verhörbeginn nicht so locker sein.
»In der Ingenieursabteilung.« Er schlug einen Aktenordner auf und schien etwas zu lesen.
»Ja«, bestätigte sie.
Chastain runzelte die Stirn und rieb sich das Kinn. Der arme Mann sah furchtbar aus. Er hatte riesige dunkle Ringe unter den Augen. Auf der Stirn und am Mund zeichneten sich tiefe Falten ab. Seine Haut sah fast schon grau aus. An der Art, wie ihm das Sakko von den Schultern hing, war deutlich zu erkennen, dass er stark abgenommen hatte. Vielleicht war er krank.
»Sie haben sich eine Stunde vor Boarding-Beginn auf die Warteliste von Flug 2077 setzen lassen, aber es ist nirgendwo vermerkt, dass Sie Gepäck aufgegeben oder Urlaub genommen hätten«, sagte er auf einmal mit anschuldigendem Tonfall.
Dann hatte Zane also recht behalten und ihr Benehmen war verdächtig erschienen.
»Ich hatte nicht vor, mitzufliegen. Ich habe mich nur auf die Warteliste setzen lassen, damit ich zum Gate gehen und mich von Zane verabschieden konnte.«
Bevor sie ihre Geschichte zu Ende erzählen konnte, nickte der Agent. Offensichtlich überzeugte ihn ihre Erklärung. Warum hatten sie sich nicht von Anfang an entschieden, dabei zu bleiben?
Chastain lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und griff gedankenverloren in seine Jackentasche. Auf einmal runzelte er die Stirn und zog seine Finger wieder heraus. Mit beiläufig interessiertem Blick faltete er ein Stück Papier auseinander, sah es an und erstarrte, während sich die Muskeln in seiner Brust, seinen Schultern und seinen Armen sichtbar zusammenzogen. Er verengte die Lippen, bis sie nur noch eine schmale weiße Linie bildeten. So saß er eine gefühlte Ewigkeit da, verkrampft und das Stück Papier anstarrend.
»John?« Der andere Agent, ein schlanker, fast schon verweichlicht wirkender Mann mit nach hinten gekämmtem roten Haar und präzise getrimmtem Ziegenbart, beugte sich mit finsterer Miene vor, um einen Blick auf die Nachricht zu werfen.
Die Bewegung riss Chastain aus seiner Trance. Er knüllte das Stück Papier zusammen und steckte es wieder in seine
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