Geschmiedet in Feuer und Magie - Fox, D: Geschmiedet in Feuer und Magie - Dragon in Chains
sondern einfach Dunkelheit, wie die feinste, durchsichtige Seide,
die zwar die Sonne noch durchscheinen ließ, ihr aber alles Feuer raubte, um sie mondgleich und fahl wirken zu lassen; den Wind so plötzlich zum Erliegen bringen, wie er aufgekommen war, um diese ganze Schattenwelt atemlos, gespannt, in Furcht zurückzulassen; das Meer auf ihn schleudern, von nirgendwoher, das ganze Meer.
Eine Wand, ein roher Hammer von einer Wand.
Eine Wand aus Wasser, schwarz und fürchterlich, als sei es von tief, tief unten heraufgepumpt worden, voll fester Bestandteile des Meeresgrunds; eine Wand, die zu nahe aufstieg, noch nicht einmal vom fernen Horizont herankam, und ihnen überhaupt keine Zeit ließ.
Der alte Yen schrie etwas, das vielleicht eine Warnung war. Vielleicht war es auch nur ein animalischer Schrei, Angst, Zorn oder schiere Fassungslosigkeit. Es hätte eine Absage an alle Götter, sogar seine Li-Göttin sein können, wenn genug Zeit gewesen wäre, solch eine wütende Blasphemie zu formulieren.
Die hatte er nicht. Er hatte noch nicht einmal genug Zeit, sich selbst zu verstehen. Er schrie, schlang Arme und Beine um den Achtersteven und verbarg sein Gesicht, konnte noch nicht einmal seine Mannschaft sehen, schon bevor die Wand sie traf.
Er spürte, wie das Boot erzitterte, wie es plötzlich und kräftig im aufwallenden Wasser festgehalten wurde.
Er spürte und hörte, wie Taue und Planken im selben Augenblick barsten, und glaubte, das Boot selbst würde zerbrechen, vom Vorder- bis zum Achtersteven.
Dann traf die Wand ihn, und er dachte, er würde selbst
zerbrechen; er konnte nicht glauben, dass er noch am Leben war.
Es war eine Wand voller Bewegung, massiv und doch eilig: Sie traf ihn wie Eisen und umhüllte ihn vollständig, riss ihm den Atem aus den Lungen und die Gedanken aus dem Kopf. Er war ein Stofffetzen, um einen Pfahl gebunden; nichts von ihm war übrig bis auf den Willen durchzuhalten. Ein alter Mann in einer harten Welt – was sollte er anderes tun als durchhalten?
Und dann war die Wand verschwunden, und es gab nur noch Wind, Wasser und Bewegung, ein langes Rutschen über eine spiegelglatte, schwarzgrüne Wölbung nach unten. Sein Boot, sein Bastardboot, war auf die Wand getroffen und hatte sie überlebt. Sie hatte das Boot verschlungen, sie alle verschlungen: Und es hatte sich irgendwie gerettet, war nach oben gedrängt, hochgeklettert, über den Wellenkamm, und rutschte nun die unheimliche Rückseite hinunter …
… in ein blasses Sonnenlicht, das von Augenblick zu Augenblick stärker wurde. Der Wind ließ nach, als wäre der Sturm nur ein düsteres Stirnrunzeln, ein Temperamentsausbruch seiner Li-Göttin gewesen …
So aber verhielt seine Göttin sich nicht – und auch das Meer, der Wind, der Himmel verhielten sich nicht so.
Und doch war es geschehen: Es hatte eine Flutwelle gegeben, einen Tsunami, irgendetwas. Eine Laune des Wetters und eine Monsterwelle, und sein Boot hatte sie durchgebracht, sie alle gerettet …
Alle?
Er hob zum ersten Mal den Kopf, sah zerfetzte Takelage, fehlende Segel, den Stumpf eines abgebrochenen Masts. Nicht so schlimm. Das Boot war beschädigt, aber es schwamm; es hatte überlebt. Er auch.
Er sah den Jungen, Pao, mit dem Gesicht nach unten und durchnässt auf dem triefenden Vorderdeck liegen; seine Arme waren um ein feuchtes, dunkles Seil gewunden. Schlauer Junge. Er hatte sich ans Ankertau geklammert, überzeugt davon, dass es das Einzige war, das auf diesem Boot nicht reißen würde, wenn überhaupt irgendetwas hielt.
Er brauchte einen Moment länger, um zu sehen, dass der Junge nackt war, dass all seine Kleider vom Aufprall des Wassers weggeschwemmt worden waren.
Nicht so schlimm. Es waren Kleider unter Deck, auch Bambus und Holz, Taue und Segeltuch, alles, was sie brauchten, um behelfsmäßige Reparaturen vorzunehmen und nach Taishu zurückzukehren. Mei Feng machte sich über ihn lustig, weil er so viel unnützes Zeug im Frachtraum mitschleppte; jetzt hätte sie nicht über ihn gespottet. Genauso wenig, wie er über ihren Kasten mit Kleidern zum Wechseln in der Kajüte gespottet hätte. Wenn sie hier gewesen wäre …
Mei Feng war für ihn verloren, für sich selbst verloren; wahrscheinlich hatte der Kaiser ihr mittlerweile einen anderen Namen gegeben. Yen wünschte, er hätte sie loslassen können, so leicht, wie sie ihm genommen worden war.
Er sah …
Er sah Kang nicht.
Pao war ein Junge vom Fluss gewesen, bevor er Küchenjunge und dann
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