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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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nicht nur Affen waren, eine Katze, die irgendwie mehr war als nur eine Katze, war ich durch Geheimnisse gewatet, die wie Bäche durch die Straßen von Moonlight Bay flossen, und hatte gelernt, im anscheinend Unbedeutenden Bedeutung zu sehen.
    Seine Augen waren wieder tintenschwarz und glanzlos. Der Zorn in seiner Stimme war nun nur noch eine Unterströmung, während die Oberfläche aus grauer Verzweiflung und Trauer bestand. »Alles hat sich verändert, alles, und es wird nie wieder so sein wie früher.«
    »Was hat sich verändert?«
    »Ich bin nicht mehr der, der ich mal war. Ich kann mich kaum noch daran erinnern, was ich mal war, was für ein Mensch. Das ist alles vorbei.«
    Ich hatte den Eindruck, daß er genauso zu sich selbst wie zur mir sprach, laut um diesen Verlust seines Ichs trauerte, den er sich einbildete.
    »Ich habe nichts mehr zu verlieren. Man hat mir alles genommen, was mir wichtig war. Ich bin so gut wie tot, Snow. Ein wandelnder Leichnam. Mehr bin ich nicht mehr. Kannst du dir vorstellen, wie man sich dabei fühlt?«
    »Nein.«
    »Denn selbst dein Leben, dein beschissenen Leben, der du dich vor dem Tag versteckst und nur in der Nacht hervorkommst wie eine Nacktschnecke, die unter einem Felsen hervorkriecht… selbst dein Leben hat einen Sinn.«
    Obwohl sich in unserer Stadt der Polizeichef regelmäßig einer Wahl stellen mußte, schien Lewis Stevenson keinen besonderen Wert darauf zu legen, auch meine Stimme zu bekommen.
    Ich wollte ihm sagen, daß er mich mal am Arsch lecken könne. Aber es ist eine Sache, keine Furcht zu zeigen, und eine ganz andere, um eine Kugel mitten in die Stirn zu betteln.
    Als er das Gesicht von mir abwandte, um den weißen Nebelmatsch zu betrachten, der dicht über die Windschutzscheibe glitt, pochte in seinen Augen wieder dieses kalte Feuer, ein kürzeres und schwächeres Aufflackern als zuvor, aber auch ein beunruhigenderes, weil ich es nicht mehr als Ausgeburt meiner Phantasie abtun konnte.
    Er sprach nun leiser, als fürchtete er, belauscht zu werden. »Ich habe schreckliche Alpträume«, sagte er, »schreckliche Träume, voller Sex und Blut.«
    Ich hatte mir nicht genau vorstellen können, was ich von diesem Gespräch zu erwarten hatte; aber Enthüllungen persönlicher Qualen hatten auf meiner Liste der möglichen Themen keineswegs ganz oben gestanden.
    »Sie haben vor gut einem Jahr angefangen«, fuhr er fort. »Zuerst kamen sie nur einmal in der Woche, aber dann immer häufiger. Und am Anfang sah ich in diesem Alptraum nur Frauen, die ich nicht kannte, die ich noch nie gesehen hatte. Es waren reine Phantasiegestalten, wie in diesen Träumen, die man in der Pubertät hat, prächtige Frauen, üppig und hingebungsvoll… aber in diesen Träumen hatte ich nicht nur Sex mit ihnen…«
    Seine Gedanken schienen mit dem unappetitlichen Nebel in dunklere Gefilde zu treiben.
    Ich konnte nur sein Profil sehen, schwach erhellt und schimmernd vor saurem Schweiß, aber ich erahnte auf seinem Gesicht eine Brutalität, die mich hoffen ließ, daß er sich nicht zu mir umdrehte.
    »In diesen Träumen«, fuhr er noch leiser fort, »schlage ich sie auch, ich schlage sie ins Gesicht, schlage und schlage und schlage sie, bis von ihren Gesichtern nichts mehr übrig ist, ich würge sie, bis die Zungen aus ihren Mündern quellen…«
    Als er begonnen hatte, seine Alpträume zu beschreiben, war seine Stimme von Entsetzen durchdrungen gewesen. Nun stieg neben dieser Furcht eine unmißverständliche perverse Erregung in ihm empor, die nicht nur in seiner heiseren Stimme ersichtlich wurde, sondern auch in der plötzlichen Anspannung, die seinen Körper erfaßte.
    »… und wenn sie vor Schmerz schreien, finde ich Gefallen an ihrem Kreischen, an der Qual auf ihren Gesichtern, dem Anblick ihres Blutes. So köstlich. So erregend. Ich wache bebend vor Vergnügen auf, steif vor Verlangen. Und manchmal… um Gottes willen, obwohl ich zweiundfünfzig bin, komme ich im Schlaf manchmal zum Höhepunkt, oder wenn ich erwache.«
    Orson nahm die Pfoten vom Sicherheitsgitter und sprang auf den Rücksitz.
    Auch ich hätte liebend gern mehr Distanz zwischen mich und Lewis Stevenson gebracht. Der enge Streifenwagen schien sich um uns zusammenzuziehen, als würde er von einer dieser Hydraulikpressen auf einem Schrottplatz zusammengequetscht.
    »Dann tauchte Louisa, meine Frau, in den Träumen auf… und meine beiden… meine beiden Töchter. Janine. Kyra. Sie haben in diesen Träumen Angst vor mir, und ich

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