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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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war, und sah ihn an.
    »He, Kumpel«, sagte ich.
    Der Hund hielt den Kopf gesenkt, die Schnauze im Boden, und schnüffelte neugierig, während er grub.
    Die Brise hatte sich gelegt, und der Vollmond hing wie ein Luftballon, den ein Kind losgelassen hatte, in den höchsten Ästen der Melaleucas.
    Am Himmel glitten Nachtfalken dahin und tauchten hinab und setzten zu Loopings an und schrien Pient-pient-pient, während sie Flugameisen und die ersten Motten des Frühlings aus der Luft ernteten.
    »Hast du ein paar schöne Knochen gefunden?« sagte ich, während ich Orson bei der Arbeit zusah.
    Er hörte zu graben auf, nahm mich aber noch immer nicht zur Kenntnis. Dringlich schnüffelte er an der ausgehobenen Erde, deren Geruch sogar zu mir vordrang.
    »Wer hat dich hier rausgelassen?«
    Sasha hätte ihn vielleicht mit nach draußen genommen, damit er sein Geschäft erledigte, aber sie hätte ihn danach bestimmt wieder ins Haus gebracht.
    »Sasha?« fragte ich trotzdem.
    Falls Sasha ihn hinausgelassen hatte, damit er den Garten verschandelte, haute er sie jedenfalls nicht in die Pfanne. Er vermied es, mich anzusehen, damit ich seinen Augen nicht die Wahrheit entnehmen konnte.
    Er wandte sich von dem Loch ab, das er gerade ausgehoben hatte, kehrte zu einem zurück, das er zuvor gegraben hatte, schnüffelte daran und machte sich wieder an die Arbeit, als wollte er sich zu Hunden in China durchgraben.
    Vielleicht wußte er, daß Dad tot war. Tiere wissen so etwas, wie schon Sasha festgestellt hatte. Vielleicht war dieses emsige Graben Orsons Methode, die nervöse Energie der Trauer abzuarbeiten.
    Ich legte das Fahrrad auf den Rasen und kauerte mich vor das wühlende Tier. Ich packte sein Halsband und zwang ihn sanft, mir Beachtung zu schenken.
    »Was ist los mit dir?«
    In seinen Augen lag die Dunkelheit des aufgewühlten Bodens, nicht die hellere, funkelnde des Sternenhimmels. Sie waren tief und undeutbar.
    »Ich muß jetzt weg, Kumpel«, sagte ich zu ihm. »Ich möchte, daß du mit mir kommst.«
    Er jaulte und drehte den Kopf, um die Verwüstungen überall um ihn herum zu betrachten, als wollte er sagen, daß er es verabscheute, dieses große Werk unvollendet zu lassen.
    »Morgen werde ich tagsüber bei Sasha bleiben, und ich möchte dich nicht allein hier zurücklassen.«
    Er spitzte die Ohren, aber offenbar nicht, weil Sashas Name gefallen war, oder überhaupt wegen meiner Worte. Er zwang seinen starken Körper in meinem Griff herum und sah zum Haus.
    Als ich sein Halsband losließ, lief er über den Hof, hielt dann aber kurz vor der Veranda an. Er stand in Habachtstellung da, den Kopf hoch gehoben, völlig reglos, wachsam.
    »Was ist los, Kumpel?« flüsterte ich.
    Obwohl die Brise sich gelegt hatte und die Nacht völlig still war, konnte ich aus fünf oder sechs Metern Entfernung kaum sein leises Knurren hören.
    Als ich aus dem Haus gekommen war, hatte ich überall das Licht ausgeschaltet, dunkle Räume hinter mir zurückgelassen. Noch immer erfüllte Schwärze das Haus, und ich konnte kein geisterhaftes Gesicht hinter irgendeiner Fensterscheibe entdekken.
    Orson schien jedoch jemanden zu spüren, denn er wich vom Haus zurück. Plötzlich wirbelte er mit der Behendigkeit einer Katze herum und lief auf mich zu.
    Ich hob das Fahrrad hoch und stellte es auf die Räder.
    Den Schwanz gesenkt, aber nicht zwischen die Beine eingezogen, die Ohren flach an den Kopf gelegt, schoß Orson an mir vorbei zum Hintertor.
    Ich vertraute der Zuverlässigkeit seiner Hundesinne und gesellte mich ohne Umschweife zu ihm. Das Grundstück wird von einem mannshohen, silbern gestrichenen Zedernzaun umgeben; auch das Tor besteht aus diesem Holz. Der einfache Schnappriegel fühlte sich unter meinen Fingern kalt an. Ich zog das Tor auf und verfluchte stumm die quietschenden Scharniere.
    Hinter dem Tor befindet sich ein Trampelpfad, der auf der einen Seite von Häusern und auf der anderen von einem schmalen Wäldchen aus roten Eukalyptusbäumen flankiert wird. Als wir uns durch das Tor drängten, rechnete ich halbwegs damit, jemand würde dort auf uns warten, aber der Weg war verlassen.
    Im Süden, hinter dem Eukalyptuswäldchen, liegt ein Golfplatz und dahinter wiederum der Moonlight Bay Inn and Country Club. Zu dieser Stunde, an diesem Freitagabend lag der Teil des Golfplatzes, den ich zwischen den Stämmen der hohen Bäume sehen konnte, schwarz und aufgewühlt wie das Meer da, und die leuchtenden, bernsteinfarbenen Fenster des fernen Restaurants

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