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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Affe genau hier auf diesem Tisch.«
    »Gott im Himmel.«
    »Ein Rhesusaffe mit diesen schrecklichen dunkelgelben Augen. Nicht, wie ihre Augen normalerweise sind. Irgendwie seltsam.«
    »Ein Rhesusaffe? Sie haben die Art erkannt?«
    »Ich habe meine Ausbildung zur Krankenschwester finanziert, indem ich als Laborassistentin für einen Wissenschaftler an der UCLA arbeitete. Der Rhesusaffe gehört zu den Tieren, die am häufigsten zu Experimenten eingesetzt werden. Ich habe viele davon gesehen.«
    »Und plötzlich saß einer genau hier.«
    »Auf dem Tisch stand eine Schüssel mit Obst – Äpfel und Mandarinen. Der Affe schälte eine Mandarine und aß sie. Sehr ordentlich hat er sie geschält, muß ich sagen. Dieser große Affe legte die Schalenstücke auf einem kleinen Stapel aufeinander.«
    »Ein großer Affe?« sagte ich.
    »Du denkst wahrscheinlich an eines dieser Äffchen von irgendwelchen Drehorgelspielern, diese winzigen, niedlichen, kleinen Dinger. Rhesusaffen sind aber gar nicht so klein.«
    »Wie groß werden sie denn?«
    »Er war so um die siebzig Zentimeter groß. Vielleicht fünfundzwanzig Pfund schwer.«
    Ich konnte mir vorstellen, daß einem so ein Affe riesig vorkam, wenn er unerwartet mitten auf dem Küchentisch auftauchte.
    »Sie müssen ziemlich überrascht gewesen sein«, sagte ich.
    »Mehr als nur überrascht. Ich hatte ein wenig Angst. Ich weiß, wie stark diese Burschen sein können. Meistens sind sie friedlich, aber gelegentlich gerät man an einen mit einer bösen Ader, und so einer kann einen ganz schön auf Trab halten.«
    »So einen Affen würde man wohl kaum als Haustier halten?«
    »Du meine Güte, nein. Jedenfalls kein normaler Mensch – zumindest meiner Ansicht nach. Na ja, ich gestehe ein, daß Rhesusaffen manchmal ganz süß sein können, mit ihren bleichen kleinen Gesichtern und dieser Halskrause aus Fell. Aber der hier war nicht süß.« Sie sah ihn eindeutig vor ihrem geistigen Auge. »Nein, der hier nicht.«
    »Woher kam er also?«
    Statt zu antworten, versteifte Angela sich auf ihrem Stuhl und hielt den Kopf schief, lauschte eindringlich auf Geräusche im Haus.
    Ich hörte nichts Außergewöhnliches.
    Sie offensichtlich auch nicht. Als sie fortfuhr, ließ ihre Anspannung jedoch nicht nach. Ihre schmalen Hände schlossen sich wie Klauen um das Likörglas. »Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, wie das Ding ins Haus gekommen war. Der Dezember damals war nicht besonders warm, es standen also keine Fenster oder Türen offen.«
    »Sie haben nicht gehört, daß der Affe in die Küche gekommen ist?«
    »Nein. Ich habe mit den Backblechen und Schüsseln rumhantiert. Dazu die Musik im Radio. Aber das verdammte Ding mußte schon eine oder zwei Minuten auf dem Tisch gesessen haben, denn als ich merkte, daß es da war, hatte es die Mandarine schon halb aufgegessen.«
    Ihr Blick glitt durch die Küche, als hätte sie von der Seite eine verdächtige Bewegung im Schatten der Zimmerwinkel gesehen.
    »Widerlich«, sagte sie, nachdem sie ihre Nerven abermals mit Brandy beruhigt hatte, »ein Affe ausgerechnet mitten auf dem Küchentisch.«
    Sie verzog das Gesicht und fuhr mit einer zitternden Hand über das polierte Kiefernholz, als klebten vier Jahre nach dem Zwischenfall noch ein paar Haare des Tiers auf dem Tisch.
    »Was haben Sie unternommen?« fragte ich.
    »Ich schlich durch die Küche zur Hintertür und öffnete sie, hoffte, der Affe würde hinauslaufen.«
    »Aber ihm schmeckte die Mandarine, und er fühlte sich ziemlich wohl, wo er war«, sagte ich.
    »Ja. Er schaute zur offenen Tür, dann zu mir – und schien tatsächlich zu lachen. So ein leises, kicherndes Geräusch.«
    »Ich schwöre, ich habe dann und wann schon Hunde lachen sehen. Affen tun es wohl auch.«
    Angela schüttelte den Kopf. »Ich kann mich nicht entsinnen, daß im Labor je ein Affe gelacht hat. Wenn man allerdings bedenkt, was für ein Leben sie dort geführt haben… Sie hatten da wohl kaum Grund, guter Laune zu sein.«
    Sie schaute unbehaglich zur Decke hoch, an der drei kleine, sich überlappende Lichtkreise zitterten wie die schwelenden Augen einer Erscheinung: Abbilder der drei rubinroten Gläser auf dem Tisch.
    »Ich wäre an seiner Stelle nicht rausgegangen«, sagte ich, um sie zu ermutigen, mit ihrer Geschichte fortzufahren.
    Statt zu antworten, erhob sie sich von ihrem Stuhl, ging zur Hintertür und überzeugte sich, daß der Riegel noch vorgelegt war.
    »Angela?«
    Sie brachte mich mit einer Handbewegung zum

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