Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
Vom Netzwerk:
Moonlight Bay, er hat einen Schreibtischjob, er wälzt Akten und behauptet, er langweile sich, er wird einfach immer dicker und wartet auf die Pensionierung, aber plötzlich holt er eine Pistole hervor, von der ich nicht mal wußte, daß er sie besitzt, bis ich sie sah.«
    Colonel Roderick Ferryman, ein Offizier der United States Army, war in Fort Wyvern stationiert gewesen, das lange Zeit über einer der großen wirtschaftlichen Motoren gewesen war, der den gesamten Bezirk angetrieben hatte. Der Stützpunkt war vor anderthalb Jahren geschlossen worden und inzwischen verlassen, eine der vielen militärischen Einrichtungen, die nach dem Ende des kalten Krieges anscheinend überflüssig geworden und außer Dienst gestellt worden waren.
    Obwohl ich Angela – und in weit geringerem Ausmaß auch ihren Mann – schon seit meiner Kindheit kannte, hatte ich nie gewußt, was genau Colonel Ferryman in der Army getan hatte.
    Vielleicht hatte Angela es in Wirklichkeit auch nicht gewußt. Bis er an jenem Heiligabend nach Hause gekommen war.
    »Rod – er hält die Waffe in der rechten Hand, den Arm ausgestreckt und ganz steif, die Mündung genau auf den Affen gerichtet, und er schaut noch verängstigter drein als ich. Er wirkt grimmig. Die Lippen zusammengekniffen. Sämtliche Farbe ist aus seinem Gesicht gewichen, einfach verschwunden, er ist leichenblaß. Er blickt zu mir herüber, sieht, daß meine Lippe anschwillt und mein Kinn voller Blut ist, und er erkundigt sich nicht mal danach, schaut sofort wieder zu dem Affen, will den Blick nicht von ihm abwenden. Der Affe hält das letzte Mandarinenstück in der Hand, ißt aber nicht mehr. Er starrt eindringlich auf die Waffe. Angie, geh zum Telefon, sagt Rod. Ich nenne dir eine Nummer, und du rufst dort an.«
    »Haben Sie die Nummer noch im Kopf?« fragte ich.
    »Das ist unwichtig. Sie ist nicht mehr in Betrieb. Ich habe aber die Vorwahl erkannt, es waren dieselben drei Ziffern wie bei seinem Büroanschluß im Stützpunkt.«
    »Sie sollten also in Fort Wyvern anrufen.«
    »Ja. Aber der Typ, der das Gespräch annimmt – der nennt weder seinen Namen, noch sagt er, bei welcher Dienststelle er ist. Er sagt nur ›Ja?‹, und ich sage, daß Colonel Ferryman anrufe. Dann greift Rod mit der linken Hand nach dem Telefon, in der rechten hat er noch die Pistole. Er sagt dem Burschen: Ich habe den Rhesus gerade hier in meinem Haus gefunden, in der Küche. Er hört dem anderen zu, hält den Blick auf den Affen gerichtet, und sagt dann: Verdammt, wenn ich das wüßte, aber er ist hier, genau, und ich brauche Hilfe, um ihn einzubuchten.«
    »Und der Affe sieht einfach nur zu?«
    »Als Rod auflegt, nimmt der Affe die häßlichen kleinen Augen von der Pistole und sieht ihn an, ein herausfordernder und wütender Blick, und dann stößt er wieder diesen verdammten Laut aus, dieses schreckliche kurze Lachen, das einem eine Gänsehaut über den Rücken laufen läßt. Dann scheint er das Interesse an Rod und mir zu verlieren, und an der Pistole auch. Er ißt das letzte Stück Mandarine und schält eine neue.«
    Als ich den Apricot Brandy hob, den ich mir eingeschenkt, aber noch nicht angerührt hatte, kehrte Angela zum Tisch zurück und griff nach ihrem halbleeren Glas. Es überraschte mich, daß sie mit mir anstieß.
    »Worauf trinken wir?« fragte ich.
    »Auf das Ende der Welt.«
    »Durch Feuer oder Eis?«
    »Viel schlimmer«, sagte sie.
    Sie meinte es todernst.
    Ihre Augen schienen die Farbe der polierten rostfreien Stahlschubladen im Kühlraum des Mercy Hospital zu haben, und ihr Blick war unangenehm fixierend, bis sie ihn endlich wieder von mir auf das Likörglas in ihrer Hand richtete.
    »Nachdem Rod aufgelegt hat, bittet er mich, ihm zu sagen, was passiert sei, und ich erkläre es ihm. Er hat hundert Fragen und erkundigt sich immer wieder nach meiner blutenden Lippe, ob der Affe mich berührt, mich gebissen habe, als würde er das mit dem Apfel einfach nicht glauben. Aber er beantwortet keine einzige meiner Fragen. Er sagt immer nur: Angie, du willst es gar nicht wissen. Natürlich will ich es wissen, aber mir ist klar, was er meint.«
    »Geheime Informationen, militärische Geheimnisse.«
    »Mein Mann hatte auch schon vorher mit heiklen Projekten zu tun, Angelegenheiten, die die nationale Sicherheit betrafen, aber ich dachte, das läge schon längst hinter ihm. Er sagte, er könne nicht darüber sprechen. Nicht mit mir. Mit keinem Uneingeweihten. Kein einziges Wort.«
    Angela starrte weiterhin

Weitere Kostenlose Bücher