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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Schweigen, zog den Vorhang zur Seite und spähte auf den Patio und den mondhellen Hof hinaus, zog ihn mit zitternder Vorsicht und nur einen Zentimeter beiseite, als rechnete sie damit, daß sich auf der anderen Seite ein scheußliches Gesicht gegen die Scheibe drückte und zu ihr hineinschaute.
    Mein Likörglas war leer. Ich griff nach der Flasche, zögerte und setzte sie dann wieder ab, ohne mir nachgeschenkt zu haben.
    »Es war nicht nur ein Gelächter, Chris«, sagte Angela, als sie sich von der Tür abwandte. »Es war ein furchterregender Laut, den ich dir niemals richtig beschreiben könnte. Es war ein böses… ein böses leises Gackern, mit einem boshaften Klang darin. O ja, ich weiß, was du denkst – das war nur ein Tier, nur ein Affe, also konnte es weder gut noch böse sein. Vielleicht heimtückisch, aber nicht bösartig, denn Tiere können zwar schlechte Laune haben, klar, aber nicht bewußt boshaft sein. Das denkst du jetzt sicher. Na ja, ich sage dir jedenfalls, dieser Affe war nicht einfach nur schlecht gelaunt. Dieses Lachen war der kälteste Laut, den ich je gehört habe, der kälteste und der häßlichste – und böse.«
    »Ich glaube Ihnen«, versicherte ich ihr.
    Statt von der Tür zu ihrem Stuhl zurückzukehren, ging sie zur Spüle. Jeder Quadratzentimeter Glas in den Fenstern über dem Abfluß war von Vorhängen bedeckt, aber sie zupfte an diesen Vierecken aus gelbem Stoff, um sich doppelt zu vergewissern, daß wir vor neugierigen Blicken völlig abgeschirmt waren.
    Angela drehte sich um und starrte den Tisch an, als säße der Affe jetzt noch darauf. »Ich habe den Besen geholt«, sagte sie, »und wollte das Tier auf den Boden und dann zur Tür rausscheuchen. Ich meine, ich habe nicht darauf eingeschlagen oder so, nur in seine Richtung gestoßen. Du verstehst?«
    »Klar.«
    »Aber es ließ sich nicht einschüchtern«, sagte sie. »Im Gegenteil, es explodierte geradezu vor Wut. Ließ die halb verzehrte Mandarine fallen, packte den Besen und versuchte, ihn mir zu entreißen. Als ich nicht losließ, kletterte es den Besenstiel direkt zu meinen Händen hinauf.«
    »O Gott.«
    »Unglaublich behende. Flink wie nur irgendwas. Mit gebleckten Zähnen kam es kreischend und spuckend auf mich zu, also ließ ich den Besen los, und der Affe fiel mit ihm zu Boden, und ich wich zurück, bis ich gegen den Kühlschrank prallte.«
    Auch jetzt prallte sie gegen den Kühlschrank. Aus den Fächern darin erklang das gedämpfte Scheppern von Flaschen.
    »Er war auf dem Boden, direkt vor mir. Er stieß den Besen beiseite. Chris, er war so wütend. Sein Zornesausbruch stand in keinerlei Verhältnis zu dem, was ich getan hatte. Ich hatte ihn nicht verletzt, hatte ihn nicht mal mit dem Besen berührt, aber er wollte sich von mir anscheinend gar nichts gefallen lassen.« »Sie haben gesagt, Rhesusaffen wären im Prinzip friedlich.«
    »Der bestimmt nicht. Er bleckte die Zähne, kreischte, lief auf mich zu, wieder zurück, wieder auf mich zu, hüpfte auf und ab, schlug wild um sich, sah mich dermaßen haßerfüllt an, trommelte mit den Fäusten auf den Boden…«
    Angelas Jackenärmel waren von selbst etwas heruntergerollt, und sie schob die Hände hinein. Die Erinnerung an den Affen war wohl so lebhaft, daß sie offensichtlich halbwegs damit rechnete, er würde sich hier und jetzt auf sie stürzen und ihre Fingerkuppen abbeißen.
    »Er war wie ein Troll«, sagte sie, »ein Kobold, ein böses Geschöpf aus einem Märchenbuch. Mit diesen dunkelgelben Augen.«
    Ich konnte sie fast selbst sehen. Wie sie glühten.
    »Und dann sprang er plötzlich auf den Schrank, dann auf die Arbeitsfläche neben mir, blitzschnell. Er hockt genau hier« – sie zeigte auf die Stelle – »neben dem Kühlschrank, nur ein paar Zentimeter von mir entfernt, auf Augenhöhe, als ich den Kopf drehe. Er zischt mich an, ein fieses Zischen, und sein Atem riecht nach Mandarinen. So nah war er mir. Ich wußte…«
    Sie hielt inne und lauschte wieder auf vermeintliche Geräusche im Haus. Sie drehte den Kopf nach links und sah zur offenen Tür des unbeleuchteten Eßzimmers.
    Ihr Verfolgungswahn war ansteckend. Und wegen meiner Erlebnisse seit Sonnenuntergang war ich anfällig dafür.
    Ich verkrampfte mich auf dem Stuhl und neigte den Kopf, um allen unheilverkündenden Geräuschen zu ermöglichen, in meine nach oben gerichtete Ohrmuschel zu fallen.
    Die drei Ringe aus reflektiertem Licht schimmerten lautlos auf der Decke. Die Vorhänge hingen stumm vor den

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