Geschöpfe der Nacht
dahinter.
»Lukas!« brüllte er heiser in diese Nacht hinter dem zerbrochenen Fenster und fiel auf das Bett zurück, und die Schatten umschlossen ihn, Schatten, die sich zu Felsgestein verfestigten. Und wieder war er verloren in …
Lukas’ Fänge faßten und hielten ihn wieder. Lukas sprang aufwärts. Höher und höher hinauf durch den Fels, bis sie schließlich Meeresgrund durchstießen und in die Tiefen eines Ozeans kamen, und die Nässe ergoß sich über Rafe, füllte Mund, Nase, Ohren und Augen und brannte wie flüssiges Feuer …
Er zog sich hustend hoch und wischte seine Augen. Er war durchnäßt bis zu den Schultern. Nach einem Moment sahen seine wässernden Augen den zottigen Wolfskopf neben dem Bett, auf dem er lag, und eine dunkle Whisky-Flasche lag entleert auf der Decke.
Unbeholfen griff er nach der Flasche und hob sie. Ein Viertel des Inhalts war noch drin.
»Gute Arbeit, Lukas«, lallte er mit schwerer Zunge. »Aber das ist für später. Ich habe schon so viel in mir, wie ich vertragen kann.«
Er stieg aus dem Bett, bleierne Schwere in den Gliedern, aber erfüllt von einem flammenden Triumphgefühl.
»Vierundzwanzig Stunden, sagte er«, murmelte er. »Wußte nicht, was ich vertragen kann … Hörtest du mich rufen, Lukas?«
»Ich hörte dich«, sagte Lukas. »Jetzt – Gabrielle.«
Ungeduldig tappte der Wolf zur Tür, und Rafe wankte ihm nach. Sie war nicht einmal abgeschlossen. Mann und Wolf traten hinaus in einen stockfinsteren Korridor.
Rafe streckte tastend seine Hand aus und bekam Lukas’ dichten Nackenpelz in die Finger.
»Kein Lichtschalter hier«, sagte er. »Du mußt mich führen, Lukas. Immer die Wand entlang.«
Vorwärts gezogen von seinem vierbeinigen Führer, stolperte Rafe in der Dunkelheit die Wand entlang, Hand und Unterarm in Schalterhöhe über die glatten Flächen streifend, bis sein Handgelenk von einer harten Unebenheit getroffen wurde.
»Halt. Warte«, sagte er zu Lukas. Er blieb stehen, tastete an der Wand zurück und fand den Lichtschalter. Seine Finger drückten den Kipphebel – und Licht war überall um sie.
Sie standen in einem langen Korridor, der an einer Verbindungstür dieses Gebäudeflügels endete. Sie gingen weiter, öffneten die Tür und fanden einen weiteren Lichtschalter. Sie sahen sich in einem Treppenhaus, und gegenüber war eine zweite Verbindungstür, die sich in den Korridor eines anderen Gebäudeflügels öffnete.
»Wo werden sie Gabrielle haben?« murmelte Rafe.
»Ich finde sie«, sagte Lukas.
Er tappte durch den Korridor, beschnüffelte die Türen, und bei der vierten oder fünften Tür richtete er sich auf die Hinterbeine auf und drückte die Klinke nieder. Als Rafe nachgekommen war und den Lichtschalter gefunden hatte, war Lukas bereits mit seinen Vorderbeinen auf dem Bett und leckte das Gesicht der bewußtlosen Gabrielle. Er winselte leise. Ihr zylindrisches Vehikel stand am Fuß des Bettes.
»Sie haben ihr auch eine Spritze gegeben«, sagte Rafe, dessen Zunge sich dem Formen von Worten weiterhin widersetzte. »Wir müssen sie hier herausholen und fortbringen, Lukas.«
Es war eine fast unmögliche Aufgabe für ihn, Gabrielle in den Zylinder zu heben; die doppelte Wirkung der Spritze und der drahtlosen Energie hielt ihn in einem Zustand benommener Schwäche, sosehr er dagegen kämpfte. Aber schließlich brachte er sie hinein, stopfte ihre Reisetasche dazu, aktivierte das Vehikel und steuerte sie in den Korridor und zum Treppenhaus.
»Moment«, sagte er und blieb stehen. »Wir müssen irgendwo einen Wagen finden.«
»Unten«, sagte Lukas. »Viele Wagen. Ich kann sie riechen.«
Sie fanden einen Aufzug, der sie in eine Tiefgarage unter dem Gebäude brachte. Viele Polizeifahrzeuge standen dort, aber auch einige Privatwagen. Keiner von diesen hatte Zündschlüssel. Aber Lukas, seiner feinen Nase folgend, fand ein Schlüsselbrett in einem kleinen Büro im Hintergrund der Garage, und dort identifizierte er den passenden Schlüssel zu dem Wagen, den Rafe ausgewählt hatte. Neben dem Büro war eine Reihe von Metallspinden; der fünfte enthielt Zivilkleider, die ungefähr seine Größe hatten. Er zog sein Nachthemd aus, legte die Kleider an und kehrte mit dem Schlüssel zum Wagen zurück. Das automatische Tor der Garage öffnete sich, als sie heranfuhren, und zehn Minuten später waren sie auf der Norduferstraße und unterwegs zur kanadischen Grenze.
Die Grenze bestand aus zwei dunklen, verschlossenen Zollstationen, an denen sie mit
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