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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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werde ich auf den Beinen sein und herumlaufen, ob es Ihnen gefällt oder nicht.«
    Aber er hatte sich überschätzt.
    Später wachte er fiebernd und mit Schmerzen auf, und als er von neuem eindämmerte, wurde er von Alpträumen und Halluzinationen heimgesucht. Wieder durchwanderte er die endlosen Kavernen, wo die hohlen und nutzlosen Dinge lebten und das papierene Ungeheuer regierte. Er war auch anderswo, an Orten der realen Welt, die er erinnerte. Aber überall, wo seine Fieberträume ihn hinführten, gab es Kämpfe und Schmerzen, Flucht und neue Schwierigkeiten.
    Als er endlich in die reale Welt zurückkehrte, fühlte er sich schwach und ausgelaugt. Er war sich seiner Sterblichkeit bewußt, die wie eine tickende Uhr in ihm war und eines Tages ablaufen mußte, und die Schwäche seines Körpers lag wie ein Fluch auf ihm. Aber er war noch nicht bereit, zu sterben …
    »Wie lange?« fragte er matt.
    »Fünf Tage«, antwortete Gabrielle.
    Er schüttelte schwächlich den Kopf.
    »Aber Ihre Heilung macht phantastische Fortschritte«, sagte sie, um ihn zu ermutigen. Draußen war ein schöner kanadischer Sommertag. Eine nach Wasser und Fichtenharz duftende Brise wehte von See in die offene Tür des Flugzeugs.
    Rafe lächelte. »Im Körper«, sagte er.
    »Sie fühlen sich nur deprimiert, weil Sie schwach sind«, sagte Gabrielle. Martin und Lukas, die auch an sein Krankenlager gekommen waren, blieben stumm.
    »Nein«, murmelte Rafe. »Ich bin zurechtgestutzt worden. Die alte Sterblichkeit. Wissen Sie, es gab eine Zeit, da ich wirklich glaubte, ich könne nicht getötet werden. Jetzt wurde ich eines anderen belehrt. Sagte ich etwas, als ich ohne Besinnung war?«
    »Sie kämpften die meiste Zeit gegen irgend etwas«, sagte Gabrielle. »Und Sie redeten ziemlich wirres Zeug. ›Götter fühlen keinen Schmerz‹ sagten Sie, und ›Götter sterben nicht‹ und ähnliche Sachen.« Sie beobachtete ihn aufmerksam, dann legte sie ihre Hand auf seine Stirn.
    »Kein Fieber. Wie fühlen Sie sich?«
    »Ich habe das Gröbste hinter mir, glaube ich«, sagte er, »aber gut fühle ich mich nicht. Mir ist, als hätte ich einen Tritt in den Magen gekriegt Ich werde meines Menschseins und seiner Grenzen erinnert. Ich bin nur ein Mensch – wir alle sind nur Menschen, aber wir müssen gegen Götter kämpfen. So war es immer; darum brauchen wir neue Generationen, um diejenigen zu ersetzen, die von den Göttern aufgefressen werden. Eines Tages, wenn wir stark genug sind, werden wir nicht so früh sterben müssen.«
    Martin räusperte sich. »Er ist immer noch ein bißchen wirr im Kopf, Gabrielle.«
    »Mein Kopf ist jetzt ganz klar«, erwiderte Rafe. »Es ist nur, daß ich inzwischen gelernt habe, an Thebom Shankar zu glauben, oder an den Alten Mann vom Berg oder wie Sie ihn nennen wollen. Das ist alles. Aber er ist nicht Abner Leesing, Martin.«
    »Das können Sie nicht mit Sicherheit behaupten«, sagte Martin.
    Rafe ächzte. »Helfen Sie mir ins Freie. Ich brauche Sonne und Luft. Solange ich hier liege, bin ich wie in einem Kokon von Krankheit.«
    Martin hob ihn von seinem Lager, und zu zweit halfen sie Rafe zum Eingang hinaus. Gabrielle ging jetzt so leicht, als sei sie nie gelähmt gewesen. Rafe stand, gestützt von Martin, und atmete langsam und tief die frische Luft, genoß die kühle Brise auf seiner Haut. Nahe am Ufer brannte ein kleines, fast rauchloses Feuer aus weißer Holzasche, und über der Glut steckten vier etwa handlange Fische auf frischen Zweigen. Unter den Bäumen des Waldrands standen zwei behelfsmäßige Zelte aus Decken.
    Rafe blickte umher. »Ich bin hungrig«, sagte er lächelnd, aber Gabrielle zeigte sich bestürzt.
    »Außer den paar Fischen haben wir nur harten Zwieback und Wasser«, sagte sie. »Ich kann Ihnen Kaffee oder Tee machen.«
    Er starrte sie an.
    »Ist das alles, was Sie seit fünf Tagen essen?« fragte er, aber er wußte, daß die Frage überflüssig war. In seinen Fieberträumen hatte er keine Mahlzeit vermißt. Aber wenn er jetzt einen gesunden Appetit verspürte, dann mußten Gabrielle und Martin ausgehungert sein. Er blickte zu Lukas, der auf den Hinterkeulen saß und ihn angähnte.
    »Was ist los, Lukas?« fragte er. »Konntest du ihnen nicht ein Kaninchen oder eine Wildgans fangen?«
    »In der Nähe ist kein Wild«, sagte Lukas. »Ich wollte Gabrielle nicht verlassen.«
    »Natürlich«, sagte Rafe, ärgerlich über sich selbst. Jagen bedeutete in diesen Wäldern das Zurücklegen weiter Strecken. Ein

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